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1771 - Der Tempel der Mondgoettin

Titel: 1771 - Der Tempel der Mondgoettin
Autoren: Unbekannt
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werde er ständig von Furcht und von den erdrückenden Gefühlen seiner Minderwertigkeit geplagt. Doch das täuscht. Er ist ein intelligenter, starker und entschlossener Mann, der über mehr Selbstbewußtsein verfügt als diejenigen, die sich ihm überlegen wähnen. Zur Zeit ist er wieder auf Taklott. Der fünfte Planet der roten Riesensonne Maccha ist so eine Art Orakelwelt für die Sandin-Crypers. Im Tempel der Mondgöttin Na-Ethyn werden Voraussagen für die Zukunft getroffen, die die Politik der Sandin bestimmen. Zu diesem Tempel pilgert der große Dan-Sandin mehrmals im Jahre. Er gibt vor, sich von Na-Ethyn Eingebungen holen zu wollen."
    Coram-Till stieß ein wütendes Lachen aus.
    „Aber es ist wohl eher umgekehrt. Der hochmütige Gott erteilt dem Orakel Weisungen, damit es dem Volk die ihm genehmen Voraussagen macht und nicht vergißt, Dan-Sandin in den höchsten Tönen zu preisen."
    „Dann lebt Dan-Sandin also noch?" fragte Michael.
    Coram-Till antwortete nicht sofort. Er atmete tief ein, und dann schüttelte er ärgerlich den Kopf.
    „Ich gehe davon aus", versetzte er. „Die Priester behaupten es, aber gesehen hat ihn schon lange keiner mehr. Wenn er zum Orakel kommt, wird der Tempel für die Öffentlichkeit gesperrt.
    Also weiß niemand außer den Priestern, ob er tatsächlich dort war."
     
    2.
     
    Thorga-Thze griff sich an den Hals und massierte ihn behutsam. Er spürte das Atemgerät, das am Eingang seiner Luftröhre versteckt war. Winzige Schläuche führten von dort durch das Gewebe am Nacken zu einem kleinen Tornister, den er unter der Kleidung auf dem Rücken trug und der ihn mit dem nötigen Sauerstoff versorgte. Es war ein Gerät galaktischer High-Tech, und er war stolz darauf, daß er es besaß.
    Er blickte zum Tempel der Mondgöttin Na-Ethyn hinauf, der sich an der östlichen Küste des Kontinents Kuntpa erhob. Die Anlage hob sich dunkel und mit scharfen Konturen vor dem Hintergrund des von der Sonne tiefrot gefärbten Himmels ab. Der Tempel war stufenförmig angelegt und paßte sich in seiner Hufeisenform den natürlichen Gegebenheiten einer Landzunge an, wobei die offene Seite des Hufeisens zum Landesinneren hin gerichtet war. In zehn Stufen erhoben sich die verschiedenen Abschnitte des Tempels, der an seiner Basis einen Durchmesser von etwa vierhundert Metern hatte. Das Bauwerk verjüngte sich nach oben hin und hatte an der Spitze nur noch einen Durchmesser von etwa 30 Metern.
    Überall auf den Stufen und im inneren Bogen des Tempels herrschte lebhaftes Treiben. Nicht nur annähernd 10.000 Tempeldiener und Priester bevölkerten die Anlage, sondern auch noch an die 100.000 Pilger, von denen viele Kerzen oder Fackelfi trugen.
    Schulter an Schulter schoben sich die Sandin-Crypers voran. Sie waren geduldig und friedlich.
    Niemand versuchte, sich an anderen vorbeizudrängen, um früher in der zentralen Halle mit dem Orakel der Na-Ethyn zu sein oder das Gelände vor den anderen verlassen zu können! Zeit schien für niemanden eine Rolle zu spielen.
    Thorga-Thze spürte, daß sein Sauerstoffvorrat langsam zu Ende ging. Er mußte sich beeilen, um in eines der Gebäude zu kommen.
    Taklott war ein kleiner Planet. Er hatte einen Durchmesser von nicht mehr als 6900 Kilometern, und eine entsprechend geringe Schwerkraft. Die Bedingungen waren für Thorga-Thze, den Ambraux-Cryper, ungewohnt. Es war nicht leicht, sich bei nur 0,89 gso ganz natürlich zu bewegen, wie es die Sandin-Crypers taten, die auf diesem Planeten geboren und aufgewachsen waren. Coram-Tills Agent war andere Verhältnisse gewohnt, doch er war so geschickt, daß keiner der Sandins Verdacht schöpfte.
    Ruhig und gemessenen Schrittes betrat er die Tempelanlage, und während er bisher noch abseits der Menge gewesen war, so tauchte er nun in sie ein, wurde eins mit ihr. Langsam schoben sich die Männer, Frauen und Kinder voran. Die meisten schwiegen und bereiteten sich innerlich auf die Begegnung mit Na-Ethyn vor, die eine jahrhundertealte Tradition hatte. Thorga-Thze hatte herausgefunden, daß an dieser Stelle des Planeten ein Tempel gestanden hatte, seit die ersten Crypers hierhergekommen waren. Im Verlauf der Jahrtausende war er umgebaut oder erneuert, aber in seiner Architektur nicht wesentlich geändert wprden.
    Daher näherten sich die Pilger der Mondgöttin in dem Bewußtsein, daß alle ihre Vorfahren irgendwann in ihrem Leben über diese Steinplatten geschritten waren, die niemals erneuert worden waren, vielleicht gar über die
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