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1771 - Der Tempel der Mondgoettin

Titel: 1771 - Der Tempel der Mondgoettin
Autoren: Unbekannt
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gleiche Stelle, die sie in diesem Augenblick betraten. Und jeder von ihnen mochte den Hauch der vergangenen Zeiten spüren, mochte sich dessen bewußt werden, daß er ein Teil des Universums war, ein vergängliches Stäubchen nur, hilflos gegen die Macht der Zeit, die unaufhörlich weiterging.
    Die Szene hatte etwas Düsteres und Unheimliches; so friedlich sich die Menge auch verhielt, Thorga-Thze fühlte eine unbestimmte Bedrohung. Vielleicht lag es an den Darstellungen der Mondgöttin, die sich überall und in jeder Größe im Inneren des Tempels befanden. Sie alle hatten ein Auge, das ständig seine Farben zu wechseln und das zu leben schien. Thorga-Thze war, als könne er die Blicke der Mondgöttin spüren, obwohl er sich ständig sagte, daß eine bildliche Darstellung nicht wirklich sehen konnte.
    Seit mehr als einem Jahr war er - mit einigen Unterbrechungen - auf Taklott als Agent Coram-Tills tätig, doch bis zum Tempel war er noch nie vorgedrungen. Diesen Schritt wagte er erst jetzt, da sich abzeichnete, daß Coram-Till sich mehr mit Dan-Sandin auseinandersetzen mußte, als ihm lieb war. Das hatte er erst vor wenigen Tagen erfahren, als er mit einem Frachtschiff von Queeneroch nach Hirdobaan geflogen war, um schon nach zwei Tagen wieder zurückzukehren.
    Er war ein kleiner, unscheinbarer Mann, der niemandem auffiel. Gerade das war sein Vorteil.
    So hatte er lange Zeit völlig unbehelligt arbeiten können und war - wie er glaubte - unentdeckt geblieben.
    Er atmete tiefer und kräftiger ein. Die dünne, sauerstoffarme Luft machte ihm in zunehmendem Maße zu schaffen, und er blickte voller Sehnsucht und Ungeduld auf eine der Schleusen, der er sich nur langsam nähern konnte. Sobald er sie passiert hatte, gab es keine Probleme mehr, denn er hatte erfahren, daß die Luft im Inneren des Tempels sauerstoffhaltiger und dichter sein sollte. Er hoffte, daß diese Information zutreffend war, denn sonst war er gezwungen, seine letzte Sauerstoffreserve anzugehen, die er bei sich trug.
    Dazu waren einige Manipulationen notwendig, für die er seine Kleidung öffnen mußte, mit denen er augenblicklich die Aufmerksamkeit der Sandin-Crypers erregen mußte. Nur im äußersten Notfall wollte er deshalb auf diese Reserve zurückgreifen.
    Aus dem Inneren des Tempels wurden seltsame Geräusche hörbar. Es klang, als ob irgend jemand mit besonders dunkler Stimme sprach, doch eine fremde Macht schien die Stimme immer wieder abdrängen zu wollen, so daß sie sich in die Tiefe zurückzog oder von anderen, bedrohlich klingenden Geräuschen überlagert wurde.
    Thorga-Thze fühlte, wie es ihn kalt überlief. Nie zuvor hatte er sich einer derartigen Gefahr ausgesetzt wie in diesen Minuten. Er verspürte eine dumpfe Bedrohung, die von der Tempelanlage ausging; wenn er gekonnt hätte, wäre er umgekehrt und davongelaufen. Doch er konnte nicht. Er war eingekeilt in der Menge, und er konnte nur in die gleiche Richtung gehen wie die Pilger, von denen einige nun in einen monotonen Singsang verfielen.
    Doch es war nicht nur der physische Zwang, der ihn in den Tempel führte. Er hatte einen Auftrag, und dem konnte und wollte er sich nicht entziehen. Coram-Till wollte wissen, wo die Ursprünge der dämonischen Macht von Dan-Sandin waren und welches Geheimnis der Tempel in sich barg.
    Wie war es möglich, daß die Sandin-Crypers sich in so umfassender Weise beeinflussen ließen, daß sie buchstäblich ihr ganzes Leben nach den Forderungen des Dan-Sandin ausrichteten?
    Thorga-Thze preßte die Lippen zusammen und atmete nur noch durch die Nase. Der Gesang hatte eine fast hypnotische Wirkung auf ihn, und er wehrte sich mit allen Kräften dagegen. Dennoch ging er wie in Trance weiter, bis sich endlich die Flügel der Schleuse hinter ihm schlössen und er das Atemgerät abschalten konnte. Die Atmosphäre wies eine höhere Luftdichte und einen größeren Sauerstoffgehalt auf.
    Überall an den Wänden sah er die symbolhaften Darstellungen der Mondgöttin, an zahlreichen Stellen standen Statuen Na-Ethyns. In gläsernen Vitrinen lagerten mannshohe, prachtvoll gekleidete Puppen. Sie stellten Sandin-Helden aus den vergangenen Jahrhunderten dar. Einige waren mit den Waffen ausgestattet, die man in ihrer Zeit benutzt hatte.
    Aus einer Nische trat einer der Priester, legte Thorga-Thze die Hand an die Schulter und zog ihn zur Seite. Es war eine große, düstere Gestalt, die ein eigenartig leuchtendes Symbol auf der Stirn trug.
    Der Agent Coram-Tills blickte sie
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