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1721 - Utiekks Gesandte

Titel: 1721 - Utiekks Gesandte
Autoren: Unbekannt
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rechnen, die er nicht beantworten konnte.
    Semiodd schätzte, daß sich um die 25.000 Barrayd im Stadion befanden. So still wie möglich suchte er sich in den schrägen Reihen einen leeren Sitzplatz. Daß die gelbe Kleidung, äußerliches Zeichen seiner Stellung, viele Leute aus der Versunkenheit schreckte, ließ sich nicht vermeiden. Aber kurze Zeit später ruhten alle Blicke wieder auf dem Mittelpunkt.
    Utiekk, Bewahrerin universeller Kräfte... Beschützerin der Barrayd, die dich verehren. Mutter allen Lebens, und sei es auch gering. Ich benötige deine Gnade an jedem Tag. Verberge mich vor den Boten Abrutians, und sei versichert, daß dein Diener dir ergeben ist.
    Der Mittelpunkt des Stadions war vollständig leer. Zwischen den besetzten Rängen spiegelte eine glasierte, ebene Fläche die gegenüberliegenden Ränge und die Himmelslichter wider.
    Und vor Semiodds geistigem Auge entstand ein Abbild der göttlichen Utiekk. Natürlich nicht ihre wahre Gestalt, denn ob ein göttliches, universelles Prinzip eine Gestalt hatte, wagte er zu bezweifeln. Das, was er jedoch sah, war für ihn der makelloseste Bestandteil der gesamten Schöpfung.
    Jeder Barrayd erblickte im Mittelpunkt des Stadions etwas anderes.
    Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte nicht jeder sein eigenes Bild im Kopf gehabt, ihre Religion würde kaum so reibungslos funktionieren. In den Gebetsstadien trafen sie sich, um die Gemeinsamkeit des Denkens auszukosten.
    Utiekk, schicke uns deine Gesandten!
    Damit der Kampf gegen deine und unsere Feinde beginnen kann.
    Semiodd beendete sein Gebet schneller als gewöhnlich, weil ein Auftrag ihn erwartete. Ein Sucher namens Moád hatte sich gemeldet: der berühmte Alte, von dem sie in der Schule oft gehört hatten.
     
    *
     
    Er entdeckte das Haus des Suchers mit Hilfe der Beschreibung, die ihm sein Computer am zweigeteilten Handgelenk lieferte.
    „Moád?" rief er laut. „Kannst du mich hören, Moád?"
    Keine Antwort. Es war sehr kalt für alle Barrayd, und der Sucher vermochte sich vielleicht kaum noch zu bewegen - geschweige denn auf einen Ruf von draußen zu antworten.
    Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, drang Semiodd ins Haus ein.
    Falls irgendwer ihn beobachtete, reichte die gelbe Kleidung aus, niemand fragte einen Lehrer aus der Schule Utiekks nach seiner Legitimation.
    Er fand den Alten im Innenhof, auf einer Liege, die geschlossenen Augen gen Himmel gerichtet. Moád atmete nicht mehr. Vorbei. Er war friedlich gestorben. So alte Barrayd verfielen sehr schnell, deshalb wirkte sein Brustkorb eingesunken und schmal. Die Maserung in der Mitte des Kugelschädels verblaßte bereits, nach wenigen Stunden Tod. Mit etwas Phantasie erkannte er in der Gesichtszeichnung der Leiche einen Sinka-Busch, eine wasserspeichernde Pflanze aus den wilden Hochebenen Yolmors.
    Semiodd ließ den Körper unberührt liegen. Moád hatte wahrscheinlich eine Familie, die sich um ihn kümmern würde. Statt dessen hielt er nach den technischen Utensilien Ausschau, wie sie jeder Sucher besaß, und entdeckte diese auf einem Regal an der Tür.
    Die Beschreibung des Kindes und seiner Geburtsstätte lag in der Schule vor; Moád hatte alles, was es zu regeln gab, vor seinem Tod ordnungsgemäß abgewickelt.
    Semiodd nahm die Utensilien an sich und verließ das Haus. Vom Gleiter aus bemerkte er ein Dutzend Barrayd, die scheu am Fuß des Hügels warteten. Wahrscheinlich Moáds Familie, vom hellen Gelb der Kleidung eingeschüchtert, die der fremde Besucher trug.
    Die Utensilien verstaute er in einem gesicherten Fach. Und wenn der Gleiter explodierte, so würde das Fach dennoch seinen Inhalt unversehrt preisgeben. Geräte, wie sie die Sucher benützten, stammten aus den Türmen der geheimnisvollen Quesch. Man konnte sie niemals ersetzen, wenn sie verlorengingen, höchstens durch einen Bittgang zum Geisteslenker. Und den unternahmen die hochgestellten Barrayd ganz sicher nicht, solange es sich vermeiden ließ.
    Über die halbe Stadt hinweg lenkte er den Gleiter zum äußeren Siedlungsring, durch pulsierenden Flugverkehr in eines der ärmsten Viertel von Zhanth. Die Häuser dieser Trabantenstadt bestanden aus einem Material, das, besonders nach dem gestrigen Regen, aufgequollenem Lehm ähnelte.
    Semiodd hatte die Wahl: Er konnte entweder den Jungen namens Cewastol suchen, der schon Moád als Führer gedient hatte, oder sich auf eigene Faust an die Arbeit machen.
    Immerhin hatte er Moáds Wegbeschreibung, deshalb versuchte er letzteres. Die
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