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1721 - Utiekks Gesandte

Titel: 1721 - Utiekks Gesandte
Autoren: Unbekannt
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Sternennebel hatten sich die Raumschiffe der Barrayd ausgebreitet, in aller Stille und unter sämtlichen erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen. Im aufkommenden Zeitalter Thirne, so lautete die Prophezeiung, würde sich das Volk erheben, sein Gefängnis verlassen und im alten Glanz erstrahlen.
    Moád hoffte, dieses Zeitalter noch zu erleben. Oder zumindest den Auftakt dazu. Thirne stand für Sieg und Glück, aber auch für schreckliche Kämpfe. Dann nämlich würde in den Städtekreisen von Zhanth ein Immuner geboren, der erste seit langer Zeit. Er mußte das Kind nur finden.
     
    *
     
    Die folgenden Jahre vergingen ohne Erfolg. Zwar hielt die Verwunderung über Moáds Alter an, doch den echten Respekt derer, die ihn kannten, verlor er immer mehr; nur nicht den der Fremden, denen er zum erstenmal begegnete. Allgemein hieß es, seine Spanne sei bald abgelaufen. Moád werde wunderlich, sagte man, und habe seinen Platz für Jüngere zu räumen.
    Das neue Zeitalter brach tatsächlich an - ohne Katastrophe und ohne Kampf. Hin und wieder hörte der Alte von Immunen, die irgendwo in den Kolonien geboren wurden oder in den restlichen Städten des Planeten.
    Nur Zhant selber, der Verfluchten, blieb der Segen einer solchen Geburt versagt.
    Er hatte nur noch wenig Zeit. Einige Monate bis zum Tod.
    Moád schwankte täglich zwischen der heiteren Gelassenheit, die man von einem Sucher erwartete, und der wachsenden Verzweiflung eines Barrayd am Lebensende. Die tägliche Arbeit erledigte er mit Mühe, er ließ sich jedoch keine Schwäche anmerken.
    Am Morgen trat er in dicke Tücher gehüllt aus seinem Haus. Die Lederhaut, bei jungen Barrayd weiß, fest und faltig, wurde im Alter leicht porös. Man mußte aufpassen, daß man nicht zu sehr abkühlte und sich keine blutigen Wunden riß. Es wurde Winter, bitterkalt. Die Temperatur lag sieben Striche unter dem Gefrierpunkt von Wasser. Bei zehn Strichen, so wußte er, wäre er aufgrund seines Alters nicht mehr bewegungsfähig.
    Dann mußte er die Ausübung seines Berufes aufgeben; gleichbedeutend mit dem Zeitpunkt seines Todes, weil er dann nichts mehr hatte, wofür er lebte. Ein solcher Temperatursturz konnte jeden Augenblick erfolgen. Die Wetterforscher erwarteten ihn spätestens für die nächste Woche.
    Moád starrte lange zum Himmel hoch. Je nach Jahreszeit standen zwischen elf und fünfzehn Gestirne am Firmament; manchmal einer der hell strahlenden Nachbarplaneten, meistens zwei der drei Sonnen, die das Dolphor-System besaß. Manche Barrayd behaupteten, daß man am Lauf der Sterne die Zukunft ablesen könne. Für ihn war das jedoch Unsinn.
    Und wäre es doch die Wahrheit gewesen: Was hätten die Sterne über einen Immunen in Zhanth berichtet?
    Er legte den abschüssigen Weg vom Hügel zur Ebene zurück und fuhr mit der Rohrbahn in den äußeren Städtekreis. Die Gespräche der Leute drehten sich um so alltägliche Dinge, daß er müde wurde, ihnen zuzuhören.
    Und hätte ihn nicht das Geschrei zweier Kinder geweckt, die in Streit geraten waren, er hätte bis zur Endstation vor sich hingeträumt.
    Moád nahm seine Instrumententasche und verließ die Bahn. Rund um das Stadtzentrum ordneten sich die Trabantensiedlungen, jede in einem anderen Baustil gehalten, weil sie zu verschiedenen Zeiten der Besiedlung entstanden waren.
    Vor zwei Millionen Jahren. Das Volk verläßt seine Heimat, entflieht dem Einfluß des Abrutian. Die Barrayd erreichen den Nebel zwischen den Galaxien, und sie finden eine neue Heimat. Diese Heimat nennen sie Dolphor-System, im Herzen des ASYLS: Und eines Tages, so sagen die Prophezeiungen, werden Utiekks Gesandte kommen und das Zeitalter des Todes beenden.
    Die Trabantensiedlung bestand aus einer Unzahl niedriger Häuser, in denen sich nur jemand zurechtfand, der schon hier geboren war. Bei Moád war das nicht der Fall. Die Wände sahen aus, als bestünden sie aus feuchtem Lehm. Wenn es über Zhanth regnete, quollen sie zur doppelten Stärke auf, ohne aber ihre Form zu verlieren. Gleiterverkehr erfüllte stoßweise den Luftraum in zwanzig Metern Höhe. Wer genau hinhörte, bemerkte einen dichten Teppich aus Geräuschen. Zehntausende von Stimmen, viele hektisch, manche noch verschlafen.
    „Moád!"
    Ein halbwüchsiger Barrayd winkte dem Alten. Sein Kugelkopf war von gesunder, faltiger Lederhaut umgeben. Sein kleiner Mund mahlte unablässig an etwas, das Moád nicht erkennen konnte. Die schwarzen Augen waren auf den Besucher gerichtet. Und die straff gespannte, völlig
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