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1721 - Utiekks Gesandte

Titel: 1721 - Utiekks Gesandte
Autoren: Unbekannt
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ebene Hautfläche in der Mitte des Gesichtes zeigte keinerlei Musterung, sondern war weiß.
    Kein Muster, keine Persönlichkeit. Alte Weisheit.
    Der Halbwüchsige trug einen blauen, von den Gliedern hängenden Stoff, der ihm die Erscheinung eines Raubvogels verlieh. Die zweigeteilten Arme und Beine wurden zur Hälfte davon verdeckt.
    „Ah, Cewastol", sagte der Alte freundlich. „Wie viele Geburten gab es in dieser Nacht?"
    „Ich weiß nicht genau. Zwanzig oder fünfundzwanzig."
    Seine Haltung ließ nicht gerade auf Respekt schließen.
    Moád beherrschte sich, um ruhig zu bleiben. Für einen, der sein Leben lang Achtung genossen hatte, war das Alter nicht leicht.
    „Komm, wir sehen sie uns an. Der Reihe nach."
    Er ließ sich nicht anmerken, wie verzweifelt er einen Erfolg herbeisehnte. Moád setzte eine gleichmütige Miene auf.
    Die Häuser der Siedlung standen so eng beisammen, daß der Platz in den Gassen nur für zwei Barrayd nebeneinander reichte. Wenn eine Familie einen Gleiter besaß, so stellte sie ihn auf dem Dach ihres Hauses ab. Unten war der Platz für Fußgänger reserviert. Um diese Zeit, am frühen Morgen, pulsierte besonders viel Verkehr. Einem Sucher stand kein eigener Gleiter zu; von Leuten wie Moád erwartete man eine besondere Verbundenheit zu Utiekks Schöpfung. Und das hieß, zu Fuß gehen, wann immer es möglich war.
    Schon von weitem erkannten die Leute sein Suchergewand und wichen respektvoll beiseite. So ist es besser. Viele murmelten Beschwörungsformeln, oft nur Wortfetzen, deren Sinn sie nicht mehr kannten. Die Zivilisation beruhte auf Leuten wie ihm, auf Suchern und auf Immunen, und auf den Weisen in ihren Horchtürmen, deren Kenntnis von Abrutian einzigartig war.
    Weil es gestern geregnet hatte, versanken seine Stiefel ab und zu im Schlamm. Für einen Barrayd seines Alters war es ein anstrengender Fußmarsch.
    Moád hielt kurz inne, keuchend, und fragte mit hoher Stimme: „Wie weit noch, Cewastol?"
    „Ein paar Minuten. Nicht mehr weit."
    Der Halbwüchsige registrierte sehr genau jede Schwäche.
    Wenn er in Erinnerung bleiben wollte, brauchte Moád seinen Immunen sehr schnell.
    Sie betraten eines der flachen Häuser mitten in der Siedlung. Zwei Männer und zwei Frauen begrüßten sie.
    Moád setzte sich. Der Alte nahm etwas Nahrung in Empfang: ausgesucht köstliche Happen, mit einem leichten Getränk gereicht. Er hatte seit vielen Jahren nicht mehr im eigenen Haus gegessen. Man bot ihm doppelt so viel an, wie er bewältigen konnte.
    „Möchtest du jetzt nach dem Neugeborenen sehen?" fragte der kleinere der zwei Männer in einer Mischung aus Respekt und Ungeduld.
    „Es wäre uns eine Ehre."
    „Selbstverständlich."
    Moád ließ sich ins abgedunkelte Hinterzimmer führen. Frauen, die soeben geboren hatten, und junge Kinder vertrugen das grelle Licht der Sonnen nicht. Ihr Heimatplanet, den sie vor zwei Millionen Jahren verlassen hatten, mußte eine dunklere Sonne besessen haben. Und die Barrayd hatten sich bis heute nicht genetisch umgestellt.
    Die Mutter blickte hoffnungsvoll auf, als der Alte den Raum betrat.
    „Ich grüße dich, Sucher", murmelte sie. Eine schwache Stimme. Sie wird die nächsten Tage nicht überleben. „Sieh dir meine Tochter an.
    Wenn sie diejenige ist, auf die Zhanth wartet, würde es mich glücklich machen."
    Moád schickte die anderen hinaus. Dann erst setzte er sich ans Bett der Mutter und wickelte ihr Kind aus den Laken. Es war ein sehr kräftiges, gesundes Kind.
    Die Zeichnung in der Mitte seines kleinen Gesichtes war noch unvollständig. Erst mit zwei oder drei Jahren würde sich die Pigmentierung vollständig entwickeln. Schon jetzt konnte man aber erkennen, daß es sich um ein sternförmiges, fein gezeichnetes Mal handelte.
    Die Lederhaut um den kleinen Körper war noch sehr faltig. Je mehr Falten, desto besser war es um die Beweglichkeit bestellt. Alte Barrayd wie Moád besaßen so wenige davon, daß sich die Haut nicht mehr ausreichend dehnen ließ. So konnte die volle Beweglichkeit des Beckens nicht mehr genutzt werden. Wer sein Gegenüber im hohen Alter gerade ansehen wollte, drehte nicht mehr das Becken um neunzig Grad, sondern den ganzen Körper.
    Eine so kleine Barrayd dagegen konnte anstellen, was sie wollte. Ihr Körper war biegsam wie ein Stück Gummi.
    „Wie heißt deine Tochter?"
    „Ouidane."
    „Ein wohlklingender Name."
    Aus dem Hüftbeutel holte er seine Gerätschaften. Die meisten davon hatten die Quesch entwickelt. Nicht die Barrayd
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