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1660 - Geistersturm über London

1660 - Geistersturm über London

Titel: 1660 - Geistersturm über London
Autoren: Jason Dark
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dass er sich wieder bewegen konnte. Er schüttelte sich, stöhnte leise auf und fing an zu zittern.
    Jane Collins aber schaute der Totengöttin hinterher. Sie blieb nicht mehr am Grab stehen, denn ihre Aufgabe war erfüllt. Mit wenigen Schritten hatte sie eine gewisse Distanz zwischen dem Ort des Geschehens und sich gebracht. Dann legte sie zwei schnelle Schritte zurück, und zugleich blähte sich an ihrem Rücken etwas auf.
    Es waren keine Flügel, sondern nur Flughäute, die stark genug waren, dass sich ihr Körper in die Lüfte schwingen konnte. So lässig, als wäre nichts geschehen, stieg sie dem grau gewordenen Himmel entgegen, aus dem jetzt die ersten Schneeflocken fielen.
    Der Weg war für sie frei, wo immer er sie auch hinführte. Sie hatte ihre Saat hinterlegt, jetzt musste sie nur noch aufgehen…
    ***
    Auch wir merkten, dass es zu schneien begann. Es waren mehr Kristalle als Flocken, die gegen unsere Haut oder die Kleidung peitschten. Wir hatten den dicht bewachsenen Teil des Friedhofs erreicht und waren auf Sukos Wunsch hin stehen geblieben, weil er etwas gehört hatte und sich konzentrieren musste. Ich war etwas nervös und fragte: »Hast du was herausgefunden?«
    »Bleib ruhig, John. Gib mir noch ein paar Sekunden.«
    »Okay.«
    Die Zeit verstrich. In unserer unmittelbaren Umgebung regte und bewegte sich nichts. Kein Vogel flog über unsere Köpfe hinweg. Kein Flügelschlag störte die Ruhe, nur das Knistern der Schneekristalle war zu hören, wenn sie die leicht angefrorene Oberfläche der weißen Masse erreichten. Suko nickte plötzlich und sagte: »Ja, da ist was gewesen.«
    »Was und wo?«
    »Wir brauchen nur weiterzugehen!«, gab er scharf flüsternd zurück. »Nimm mich bitte nicht beim Wort. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich Stimmen gehört.«
    Meine Überraschung hielt sich in Grenzen. »Aber sicher bist du dir nicht?«
    »Nein. Wenn es jedoch Stimmen waren, dann nicht die von einem Mann. Das steht fest.«
    »Jane…?«
    »Kann sein und…«
    »Da!« Das eine Wort ließ ihn nicht weitersprechen, denn jetzt hatte ich etwas gesehen, und das war tatsächlich eine Überraschung. Ich ging zur Seite und wies schräg zum Himmel.
    Dort malte sich etwas ab, das von der Erde in die Höhe gestiegen war. Für einen winzigen Moment dachte ich bei der dunklen Gestalt an Will Mallmann, aber den gab es nicht mehr. Es war auch nicht Carlotta, das fliegende Vogelmädchen, sondern die mörderische Totengöttin, mit der ich noch eine Rechnung offen hatte. Fast lässig bewegte sie die Flughäute auf ihrem Rücken und gewann mit jeder Sekunde an Höhe, sodass sie auch schnell aus der Schussweite geriet. An eine Verfolgung war nicht zu denken.
    »Verdammt, die ist uns entkommen.«
    Suko nickte nur. »Wir waren zu spät.«
    Ich gab keine Antwort und blickte der Gestalt nach, die sich immer weiter entfernte und uns das Nachsehen gab.
    Suko sagte etwas sehr Richtiges, als die Gestalt im Grau des Himmels verschwand.
    »Über sie wissen wir jetzt Bescheid. Aber was ist mit Jane Collins und dem Gärtner?«
    »Sie müssen in der Nähe sein. Ich hoffe, dass sie noch leben.«
    »Dann lass uns suchen.«
    Wir beide hatten uns die Richtung gemerkt, aus der die Totengöttin aufgestiegen war. Dort mussten wir hin. Das bedeutete einen recht sperrigen Weg, denn wir konnten das Unterholz nicht umgehen, weil es sich überall auf diesem alten Gelände ausbreitete.
    Einen Vorteil besaßen wir. Jetzt brauchten wir keine Rücksicht mehr zu nehmen. Nicht mehr schleichen, sondern normal bewegen. Und ich wagte sogar einen Ruf.
    »Jane!«
    Es gab ein Echo, das über den Friedhof wehte. Aber ich erhielt auch eine Antwort. Nur wurde die nicht von Jane Collins gegeben, sondern von einem Mann.
    »Wir sind hier - hier!«
    Er hatte in der Mehrzahl gesprochen. Von diesem Moment an hielt uns nichts mehr. Wie zwei Berserker setzten wir den Weg fort und durchwühlten das Unterholz. Schnee umwirbelte uns. Er fiel auch von den Zweigen der Bäume und klatschte auf unsere Körper.
    Dann sahen wir den Umriss des Mannes. Es musste der Gärtner sein, der uns gehört hatte und jetzt auch gesehen, denn er kam auf uns zu und winkte.
    »Hier sind wir!«
    Es dauerte nur noch Sekunden, bis wir freie Sicht hatten, und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich Jane Collins sah, der offensichtlich nichts passiert war…
    ***
    Jane Collins kam mir nicht entgegen. Sie wartete, bis ich bei ihr war und sie umarmte.
    »Himmel, du bist…«
    »Ja, ja, ich bin
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