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1657 - Der weibliche Golem

1657 - Der weibliche Golem

Titel: 1657 - Der weibliche Golem
Autoren: Jason Dark
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Es waren keine leeren Augen, wie es sie bei diesen Figuren oft gab. Auch in der modernen Zeit. Bei seinem Werk hatte er sich etwas einfallen lassen. Es waren offene Augen. Und dort, wo bei einem Menschen die Pupillen saßen, waren sie auch hier vorhanden. Nur stachen sie von der hellen Farbe des Körpers ab. Sie hatten einen geheimnisvollen grünschwarzen Schimmer und konnten sich sogar verändern, wenn man sie aus bestimmten Blickwinkeln betrachtete.
    Da konnte der Betrachter den Eindruck bekommen, dass diese Augen lebten. Das war sogar jetzt der Fall, und Pavel selbst fühlte sich leicht irritiert und trat einen Schritt zurück.
    Insgesamt jedoch war er von seinem Werk begeistert. Er hatte sich sein Ideal geschaffen und wollte nicht mit dem Nachteil leben, dass sie starr war. Leben - ja, sie sollte leben.
    Und da kam wieder der alte Rabbiner Low ins Spiel. Er hatte seinen künstlichen Menschen erschaffen und ihn Golem genannt. Er hatte es geschafft, dass er für einen Moment lebte, solange der Streifen aus Pergament in seinem Mund steckte. Und das wollte auch er erreichen. Seine Frau sollte mit Leben erfüllt werden, sie sollte eine Seele bekommen und weiterhin auf dieser Welt bleiben als ein großes Wunder.
    Ein Wunder, das er geschaffen hatte. Da konnte er sich mit einem Schöpfer vergleichen.
    Aber er war als Schöpfer etwas Besonderer. Einer, der Leben erschaffen konnte, das jedoch nicht so war wie das der normalen Menschen. Dieses Leben stand dicht mit dem Tod in Verbindung, denn das wurde von der anderen Seite so verlangt. Pavel Hawelka hatte sich lange genug mit den Gesetzen der fremden Magie beschäftigt. Er hatte alte Schriften studiert. Er hatte die Formeln uralter Völker gefunden und er hatte versucht, Kontakt mit der anderer Seite, der Hölle, aufzunehmen.
    Der Teufel konnte sich auf viele Gläubige verlassen, aber das reichte ihm nie. Er war stets darauf bedacht, weitere Menschen unter seine Kontrolle zu bekommen, Und da war Pavel auf offene Türen gestoßen. Er hatte sich das nötige Wissen angeeignet, um den Teufel auf sich aufmerksam zu machen. Und die Hölle hatte ihm ihre Hilfe zugesagt. Während des Schlafes hatte er diese Nachricht im Traum empfangen und nichts vergessen. Der Teufel wollte Vorleistungen, und die würde ihm Pavel geben. Drei Tote, drei Seelen. Mehr hatte Pavel nicht tun können, jetzt war die andere Seite an der Reihe.
    Hawelka wusste nicht, was geschehen würde, aber er wusste, dass etwas passieren musste. Der Teufel ließ niemanden im Stich. Er erfüllte sein Versprechen. Ob auch der Rabbi Low den Weg gegangen war, wusste er nicht, doch diese Figur hatte sich der Dichterfürst Goethe als Vorbild für seinen Dr. Faustus ausgesucht. Hawelka konnte dem Teufel nichts befehlen. Das war unmöglich, das würde er auch nicht zulassen. Aber er hatte seine Pflicht getan, ein wunderbares Kunstwerk erschaffen, es ihm geweiht, und er erwartete eine Gegenleistung. Sie würde kommen, aber er wusste nicht, wann. Das war ihm auch im Prinzip egal. Wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen. Er hatte seine Pflicht getan. Bevor er sein Atelier verließ, verbeugte er sich vor seiner Schöpfung und Unterdrückte nur mühsam den Drang, die künstliche Gestalt zu küssen. Dann machte er sich auf eine Wartezeit gefasst und hoffte, dass sie nicht zu lange dauern würde…
    ***
    »Es war ein schöner Urlaub«, sagte Sheila Conolly und lehnte sich im Sitz des Audis zurück, den sich die Conollys geliehen hatten, um mit ihm in Urlaub zu fahren. Sie waren davon ausgegangen, etwas von der Welt zu sehen. Zeit genug hatten sie, und so waren sie quer durch Deutschland gefahren, um ihren Urlaubsort in Österreich zu erreichen.
    Bill hatte auf sein Nävi gehört und war nicht die Strecke über München nach Salzburg gefahren, sondern über Regensburg nach Passau und dort über die Grenze. Das klappte auf der Hinfahrt sehr gut. Sie hatten auch mehr als zwei Wochen beim Skilaufen ihren riesigen Spaß gehabt, auch weil ihr Sohn Johnny mit dabei gewesen war.
    Er allerdings hatte auf die Rückfahrt mit dem Wagen verzichtet und war in Innsbruck in den Flieger gestiegen.. Für Bill und Sheila gab es keinen Grund, sich zu beeilen, und so hatten sie sich wieder für die gleiche Strecke entschieden, nur diesmal umgekehrt.
    Dann waren sie jedoch in einen Stau geraten, den es auf dieser Autobahn eigentlich nur selten gab. Kurz vor Regensburg ging nichts mehr.
    »Es war ein schöner Urlaub«, gab Bill seiner Frau recht.
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