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1657 - Der weibliche Golem

1657 - Der weibliche Golem

Titel: 1657 - Der weibliche Golem
Autoren: Jason Dark
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Zuständen eine Brücke: Die musste er finden und auch zerstören.
    Die Augen!
    Ja, es waren die Augen, von denen der Künstler gesprochen hatte. Sie sollten etwas Besonderes sein, und das hatte er nicht nur so dahergeredet. Harry konzentrierte sich auf sie. Jetzt fiel ihm auf, dass sie recht tief in den Höhlen lagen, als wollten sie sich verstecken. Und er nahm auch die Andersartigkeit wahr, denn sie schienen von Schatten umgeben zu sein oder waren selbst eingedunkelt, sodass sie in dem Marmorgesicht wie zwei Fremdkörper wirkten.. Aber sie mussten die Verbindungsstücke zwischen zwei verschiedenen Welten sein. Etwas vom bösen Glanz der Hölle hatte sich hier etabliert. Harry hatte genug gesehen, um zu erkennen, dass dieses Augenpaar nicht aus Stein bestand. Er ging davon aus, dass es eine Masse beinhaltete, die aus den Tiefen der Hölle stammte und in der Lage war, etwas abzusondern, das normale Tote in lebende Leichen verwandelte.
    Harry wechselte die Waffe. Er holte jetzt die hervor, die mit geweihten Silberkugeln geladen war. Das hatte er John Sinclair zu verdanken, der ihm vor Jahren dazu geraten hatte.
    Silberkugeln, die das Böse bekämpften. Er fragte sich, ob sie stark genug waren, als er das von ihm aus gesehen rechte Auge anvisierte. Schießen konnte Harry. Er würde sein Ziel nicht verfehlen. Er drückte ab.
    Den Knall nahm er kaum wahr. Er war voll und ganz auf das Auge konzentriert, in das er die Kugel hineinjagte.
    Sie wurde geschluckt. Mehr geschah zunächst nicht. Das allerdings störte Harry nicht. Es gab noch ein Auge, auf das er zielte und dann abdrückte. Und wieder traf die Kugel!
    Auch jetzt hatte es ausgesehen, als wäre sie von der weichen Masse regelrecht aufgesaugt worden.
    Harry ließ enttäuscht die Waffe sinken, da nichts passierte.
    »Zu schwach«, flüsterte er sich selbst zu.
    Es war ein Irrtum. Er hörte plötzlich ein Zischen von dort, wo sich die Augen befanden. Dieses Geräusch registrierte er wie eine Warnung, denn er duckte sich und huschte zur Seite.
    Das war genau richtig, denn aus den Augenhöhlen jagten ihm zwei schwarze Staubwolken entgegen. Es war eine mit Ruß zu vergleichende Masse, die da an ihm vorbeizischte. Wie dunkle Vulkanasche aus der Hölle.
    Er wich noch mehr zur Seite, da er das Gefühl hatte, es würde weitergehen. Und er hatte sich nicht getäuscht. Der Ruß bildete im Atelier dicke Wolken. Sie trübten Harrys Sicht, sodass er mehr hörte als er sah.
    Und die Geräusche bestanden aus einem Knacken oder Bersten. Harry wechselte an einen Platz, von dem aus er besser sah. Ihm fiel sofort auf, dass der weibliche Golem Risse bekommen hatte, aus der eine Masse floss, die ihn ah schwarzes Blut erinnerte. Es passte jedenfalls zu dem, was aus den Augenhöhlen gedrungen war.
    Etwas hatte er in Gang gesetzt, und Harry war schlau genug, um sich aus der Nähe zu entfernen. Schnell lief er auf die Tür zu. Dort wartete er alles Weitere ab. Er wusste jetzt, dass dieser weibliche Golem nicht länger existieren würde. Der Gedanke war ihm kaum durch den Kopf gezuckt, da wurde das Knacken und Bersten noch lauter. Es läutete das Ende des weiblichen Golems ein und damit auch die große Kunst des Pavel Hawelka.
    Sein Werk wurde vollständig zerstört. Die Marmorstatue schien sich noch mal aufzublähen, aber sie bestand nicht aus Gummi und war zudem nicht in der Lage, einen derartigen Druck zu kompensieren.
    Der folgende Krach war der stärkste und auch der letzte. Vor Harrys Augen brach der weibliche Golem auseinander. Die gewaltigen Kräfte hatten sich freie Bahn verschafft und all das zerstört, auf das Pavel Hawelka so stolz gewesen war. Harry musste in Deckung gehen, sonst wäre er von herumfliegenden Marmorstücken getroffen worden. Einige Teile rasten durch die Türöffnung. Da war es schon gut, dass sich Harry die nötige Deckung gesucht hatte.
    Und dann wurde es still. Sehr still sogar. Eine fast unnatürliche Kühle breitete sich aus. Auf einem Friedhof war die Atmosphäre oft nicht anders. Harry Stahl ließ einige Sekunden verstreichen, bis er einen Blick ins Atelier warf: Es hatte sich völlig verändert. Es gab keine Marmorstatue, die aufrecht stand. Nur noch Trümmer verteilten sich auf dem Boden und darüber schwebte eine dunkelgraue Staubwolke wie ein durchsichtiges Tuch.
    Mitten im Zimmer lag Pavel Hawelka. Ihm war nichts passiert. Kein Stein hatte seine Leiche getroffen. Es schien, als hätten die Kräfte der Hölle ihren Diener letztendlich verschonen
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