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1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

Titel: 1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel
Autoren: Jason Dark
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Drei Männer hatte Erna überlebt. Das heißt, der Letzte war irgendwann einfach abgehauen. Er hatte dann aus der Südsee eine Karte geschrieben und seiner Frau alles Gute gewünscht. Und trotzdem hatte sie ihn überlebt. Vor einigen Jahren war die Nachricht gekommen, dass auch der dritte Ehemann das Zeitliche gesegnet hatte.
    Es gab auf der Insel wirklich interessante Lebensgeschichten seiner Bewohner. Auch hier war eben nichts Menschliches mehr fremd.
    Das frische Grab lag im hinteren Teil des Friedhofs, abseits der über die Grenzen der Insel hinweg berühmte Kirche, in der die bekannten Orgelkonzerte stattfanden.
    Daran dachte Claas nicht, als er den Kragen seiner Windjacke hochstellte. Es war zwar nicht wirklich windig, aber es war kühler geworden.
    Der Hotelier ging langsam den schmalen Weg entlang, der von Grabstätten eingerahmt wurde und keinen Belag aus Kieselsteinen hatte, sondern normal festgetretene Erde.
    Nach wenigen Metern blieb er stehen.
    Etwas störte ihn!
    Es war nicht der Friedhof an sich, obwohl den viele Menschen in der Dämmerung und Dunkelheit mieden, weil er ihnen zu unheimlich vorkam. Es war auch nicht der Himmel, der hoch über ihm wie eine graue Decke lag, die kaum Lücken aufwies. Es war einfach die Kühle, die ihm nicht passte, wobei er nicht wusste, woher sie so plötzlich kam.
    Normal war das nicht…
    Claas schüttelte den Kopf. Er wischte mit der Handfläche über sein etwas schütteres Haar und ging dann weiter. Es gab eben diese Phänomene, und damit hatte es sich.
    Wenn er den Weg weiter entlang schritt, erreichte er die Umgebung der Kirche. Dort lagen die Gräber nicht mehr so eng nebeneinander. Da gab es auch den zweiten Ein- oder Ausgang und die Wiese mit den alten Gräbern und Grabsteinen, die bereits Hunderte von Jahren alt waren.
    Es knirschte unter den Füßen des Mannes, als er in Richtung Ausgang schritt, und nur deshalb hörte er die schnellen Tritte und das heftige Keuchen.
    Ein Geist war es nicht, der den Friedhof unsicher machte. Geister rennen nicht. Die Person aber, die diese Laute von sich gab, hatte es verdammt eilig.
    Claas Claasen blieb stehen.
    Und schon sah er den Mann, der es wirklich eilig hatte, denn er rannte mit schnellen Schritten auf ihn zu. Sein Körper schwankte dabei, und es sah aus, als könnte er sich nur mit Mühe auf den Beinen halten. Das Keuchen nahm an Lautstärke zu, dann hörte Claas einen Schrei, und Sekunden später stoppte die Gestalt.
    Claasen erkannte ihn.
    Es war Hauke, der Totengräber!
    Und der schien außer sich zu sein. Er schüttelte den Kopf. Sein von Falten durchzogenes Gesicht zeigte den Ausdruck des Entsetzens.
    Sogar das Weiße in seinen Augen war zu sehen.
    »Ach, du bist es!«
    »Klar, wer sonst?«
    Hauke wischte über sein Gesicht. Dabei wurde seine Handfläche feucht. Er stöhnte leise.
    »Was ist denn los mit dir? Sind die Toten aus den Gräbern gestiegen?«
    »Nee, nee, sind sie nicht.«
    »Gut. Und warum siehst du aus, als würdest du dir jeden Augenblick vor Angst in die Hose machen?«
    »Das kann ich dir sagen, Claas. Ich…«, er musste nach Luft schnappen, »… ich habe einen Geist gesehen.«
    »Ach!«
    »Ja, verdammt, einen Geist.«
    »Und wo?«
    »Vor der Kirche.«
    Claas grinste. »Kannst du mir denn sagen, wie der Geist aussah?«
    »Eben wie ein Geist.«
    »Und wie viele Gläser Korn hast du getrunken?«
    »Nicht eines. Bis auf eine Flasche Bier überhaupt keinen Alkohol. Ich sollte ja noch das Grab der alten Jeppsen zuschaufeln, aber das mache ich jetzt nicht mehr. Das – das – werde ich morgen in Angriff nehmen. Ich bin doch nicht lebensmüde.«
    »Wollte dir der Geist denn ans Leben?«
    »Keine Ahnung. Er war jedenfalls da. Ich habe ihn gesehen und auch gespürt.«
    »War es ein weiblicher oder ein männlicher Geist?« fragte Claas, der sich noch immer amüsierte.
    »Ein weiblicher. Eine Frau. Das konnte man sehen, und sie sah auch fast so aus wie eine lebende Person.«
    »Aber nur fast, wie?«
    Hauke stieß wieder scharf seinen Atem aus, bevor er sagte: »Ja, genau. Ich – ich – haue jetzt ab. Ich mache den Abflug durch die Büsche. Mach das lieber auch. Am richtigen Ausgang kann es verdammt gefährlich werden.«
    Claas blieb gelassen, als er sagte: »Aber vergiss nicht, das Grab zuzuschaufeln.«
    »Mach ich, mach ich alles. Aber der Friedhof ist mir heute nicht geheuer. Das kann alles mit dem verdammten Mönch im Zusammenhang stehen. Ich habe diese Figur noch nie gemocht. Die ist so unheimlich.
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