Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

Titel: 1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
verklangen.
    Auf dem kurzen Weg zur Bar dachte Claas an seine Frau. Er überlegte, ob er ihr von seinen Beobachtungen berichten sollte, was er allerdings wieder verwarf. Er wollte nicht, dass sich Anja zu sehr aufregte. Es war wohl besser, wenn er den Mund hielt.
    Durch den Eingang hinter der Theke betrat er die Bar. Empfangen wurde er vom Klang einer alten Schiffsglocke. Deren Klöppel bewegte Andreas Brass, der es nicht erwarten konnte.
    »Ich gebe eine Runde. Lass mal die Luft aus den Gläsern, du alter Inselhai.«
    »Gedreht und nicht geschüttelt«, erklärte der andere Gast. Er hieß Thomas Pestel, war erst zum zweiten Mal auf der Insel und stammte aus Nürnberg. Er war mit Frau und dem kleinen Sohn hier, zählte sich zu den Franken und nicht zu den Bayern.
    Er und Andreas Brass hatten sich angefreundet. Gemeinsam hatten sie schon manchen Kelch geleert.
    »He, Claas, hast du gehört, was unser Südpreuße da gesagt hat?«
    »Gemach, gemach. Ich drehe ja schon.«
    Pestel grinste. »Und zwar doppelt.«
    »Das versuch mal.«
    Thomas schaute Andreas an. »Mach es mir vor!«
    Brass musste lachen. »Habe ich versucht, aber das meiste Zeug landete daneben.«
    »Klar, in deinem Alter zittert man schon.«
    »Ha, ha, die drei Jahre.«
    »Machen bei einigen viel aus.«
    Brass überlegte einen Moment. »Klar, du hast recht. Deshalb brauchte ich die Erholung und habe meine Frau und die beiden Talibans zu Hause gelassen.«
    »Ähm – Talibans?«
    »Ja, meine Söhne.« Andreas rieb seine Hände. »Du hast ja nur einen, du Schlappsack.«
    »Der zweite ist unterwegs.«
    Andreas bekam große Augen. »Ehrlich?«
    »Und ob.«
    »Dann gratuliere ich auch«, meldete sich Claas.
    »Nein, nein«, Brass winkte ab, »warte erst mal, was rauskommt. Dann kannst du es dir noch immer überlegen.«
    Gemeinsam hoben sie die Gläser. Auch Claasen hatte sich ein Bier gezapft. »Auf den Nachwuchs«, sagte er.
    »Auf dass unsere Kinder nicht so schlimm werden wie die Väter!« rief Andreas.
    Thomas nickte. »Ja, da sagst du was!«
    Sie tranken zu dritt, und als sie die Gläser absetzten, ging es Claas schon wieder besser.
    »Hört mal zu. Wie wär’s denn wieder mal mit eine alten Pflaume?«
    »Na, super!« rief Brass und trommelte kurz auf den Tresen. »Ich hoffe, dass dieser Beutebayer neben mir auch einen Schluck vertragen kann. Beim letzten Mal…«
    »Hör auf, Mensch.«
    »Ha. Du willst wohl nichts von deinen Schandtaten hören?« Andreas’ Augen blitzten.
    »Das ist vergessen.«
    »Hier wird nichts vergessen, Herr Pestel, gar nichts. Der Wirt notiert alles. Ich habe gehört, dass du dabei sogar noch umgefallen bist.«
    »Alles Verleumdung, Verleumdung!« rief Thomas.
    »Ha, dann hat dein Weib wohl gelogen.«
    »Die hat geschlafen.«
    Brass wollte noch etwas sagen, aber Claasen stellte drei bauchige Schwenker auf die Theke. Aus den Gläsern stieg bereits das Aroma der alten Pflaumen hoch, und die beiden Gäste verdrehten die Augen.
    »Ja, das ist ein Tröpfchen«, flüsterte Andreas beinahe andächtig.
    »Das muss man einfach schlecken.« Er hob sein Glas. »Auf die alten Pflaumen!«
    Die drei Männer tranken, und drei Gesichter verzogen sich verzückt. Thomas Pestel stellte sein Glas als Erster ab. »Das ist wirklich etwas ganz Feines.«
    Da widersprach keiner. Thomas schaute auf die Uhr. »Ich denke, dass es Zeit wird für mich.«
    »Ha!« rief Andreas. »Alles klar. Du hast von deinem Weib Stoff gekriegt, oder?«
    »Ich bin für mich selbst verantwortlich.«
    »Das hat man gesehen, als du…«
    »Ich bin nicht vom Klo gefallen. Das ist ein Märchen!«
    Alle drei mussten lachen. Sie scherzten noch einige Minuten herum, dann schlug Pestel mit der flachen Hand auf die Theke. »So, ich mache jetzt den Abflug.«
    »Ja, und verflieg dich nicht. Das kann leicht passieren.«
    »Danke, ich heiße nicht Brass.« An der Tür winkte Thomas noch mal kurz zurück und verschwand.
    »Und was machen wir beiden Hübschen?« fragte Claas.
    »Ich trinke noch ein Gedrehtes.«
    »Sehr gut.«
    Andreas schüttelte den Kopf. »Komisch, dass ich hier bei euch auf der Insel immer Durst bekomme.«
    »Das macht die salzige Luft.«
    »Ja, kann auch sein.«
    Andreas bekam sein Bier und leerte die Hälfte des Glases in einem einzigen Zug. Im Gegensatz zu Claas sah er nicht, dass sich die Tür der Bar öffnete. Der Hotelier aber schaute hin und erbleichte.
    Auf der Schwelle stand Sigrid Böhme!
    ***
    Es schien alles völlig normal, und es wäre auch normal gewesen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher