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1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

Titel: 1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel
Autoren: Jason Dark
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gab sich Schwung und drehte sich nun doch um.
    Sein Mund öffnete sich weit. Nur drang kein Laut hervor.
    Er schaute direkt auf ein blondes weibliches Gespenst!
    ***
    Claasen konnte nicht mehr sprechen. Nur noch starren. Er war bewegungsunfähig. Es gab für ihn in diesen schrecklichen Sekunden nur diese Frau, und er wusste auch genau, dass er sich nichts einbildete. Die war tatsächlich vorhanden, und von ihr ging auch diese eisige Kälte aus.
    War sie stofflich? War sie feinstofflich?
    Wenn er sie so anschaute, war es ihm unmöglich, eine Lösung zu finden. Sie sah aus wie ein Mensch, aber sie zirkulierte an den Ränder auch, als stünde sie dicht davor, sich in den folgenden Sekunden aufzulösen und zu einem Geist zu werden.
    Sie hatte weißblondes Haar, das in der Mitte gescheitelt war. An den Seiten hing es bis über die Ohren und erreichte die Schultern.
    Bekleidet war sie mit einem schwarzen langen Kleid oder einer Kutte, die im Augenblick nur über ihrer linken Schulter hing und die rechte Körperseite frei ließ. Aus großen Augen schaute Claas auf die nackte Haut. Er sah eine entblößte Brust, die nackte rechte Schulter, einen Teil des Rückens und den Ansatz ihres Hinterteils.
    Das alles saugte er auf wie ein Schwamm das Wasser, und es war auch nicht so besonders schlimm. Ihn störte nur eines, und das war sein eigenes Wissen.
    Claas Claasen kannte die Frau!
    Sie hieß Sigrid Böhme, eine Künstlerin und zugleich mit ihrem Mann Gast im Deichhotel!
    ***
    Irgendwann merkte er, dass er wieder atmen musste. Als er das tat, hörte es sich hektisch an, zudem steckte in seiner Kehle ein dicker Kloß, der einfach nicht weichen wollte.
    Irgendwann fasste er sich und schaute der blonden Frau in das bleiche Totengesicht.
    Ja, es war blass wie das Licht des Mondes. Da gab es keine roten Lippen, und nicht mal die Augenbrauen hoben sich von der helleren Hautfläche ab.
    Irgendwann merkte er, dass er anfing zu zittern. Ein seltsames Geräusch erklang. Es dauerte schon eine Weile, bis er es als das Klappern seiner eigenen Zähne erkannte.
    Die Frau – oder war es deren Geist? – sagte nichts. Sie stand stumm vor ihm und schien zu leiden. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie in der rechten Hand eine dunkelrote Rose hielt, als wäre sie gekommen, um die Blume auf einem Grab zu hinterlegen.
    Ein harter Stein bewegte sich in Claasens Brust. Es war sein Herz, das sich mit dem Schlagen schwer tat. Claas wusste auch nicht, wie lange er hier schon bewegungslos vor dieser Person stand, er hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    Die Gestalt sagte nichts. Sie atmete auch nicht. Sie stand einfach nur da und schaute ihn an.
    Bis sich Claas gefangen hatte und es ihm gelang, sich aus seiner Erstarrung zu lösen. Ein Ruck war durch seinen Körper gegangen, er atmete plötzlich freier, und das starke Herzklopfen in seiner Brust war verschwunden. Ebenso wie die Starre, die ihn bisher daran gehindert hatte, auch nur ein Wort zu sprechen. Plötzlich konnte er wieder reden und sprach die Gestalt an.
    »Wer sind Sie wirklich?«
    Claas erhielt keine Antwort.
    »Warum sagen Sie nichts?«
    Sie schwieg…
    »Gut, dann eben nicht.« Der Hotelier war froh, wieder einigermaßen zu sich selbst gefunden zu haben. Er wollte sich nicht mehr ins Bockshorn jagen lassen und tat etwas, über das er selbst mehr als perplex war.
    Er ging auf die Frau zu.
    Sie tat nichts.
    Claas ging weiter.
    Sie reagierte abermals nicht.
    Und mit dem nächsten Schritt hatte er sie erreicht, aber zugleich auch wieder nicht, denn ihn traf ein ungeheuer kalter Strom, der ihm das Gefühl gab, innerlich zu vereisen.
    Es war die Kälte, die er vor kurzem schon erlebt hatte, nur empfand er sie jetzt viel intensiver, und ihm war auch klar geworden, dass er durch die Gestalt hindurch gegangen war.
    Er ging noch weiter. Erst dann wurde ihm richtig bewusst, was hier passiert war.
    »Nein, nein, das ist unmöglich. Ich – ich – kann doch nicht durch die Gestalt hindurch gegangen sein. Das glaube ich nicht…« Er fing an, kindisch zu lachen und drehte sich um.
    Die Frau war verschwunden. So schnell, als hätte sie sich von einem Moment zum anderen in Luft aufgelöst…
    ***
    Claas Claasen stand wieder einmal da und hatte es verdammt schwer, die Welt zu begreifen. Wäre er ein Bayer gewesen, so hätte er sich als Depp bezeichnet, aber er war kein Depp, und was er gesehen hatte, das stimmte.
    Ein Gespenst, ein Geist, eine Frau, die zudem noch das Aussehen eines Hotelgastes
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