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1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

Titel: 1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel
Autoren: Jason Dark
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hatte.
    Irgendwann fing er sich wieder und schüttelte den Kopf, um seine Erinnerungen loszuwerden.
    Er wurde sie nicht los. Sie blieben bestehen, und er wusste genau, dass er sich nichts eingebildet hatte. Hier war etwas im Gange, hier baute sich etwas auf, und er war sich nicht sicher, ob es mit dem Mörder-Mönch zu tun hatte oder nicht.
    Dass es hinter seiner Stirn tuckerte, empfand Claas als gutes Zeichen. Er stand noch immer mit beiden Beinen in der Realität auf dem menschenleeren Friedhof, bei dem alles so geblieben war wie zuvor. Es gab keine fremden Geister, keine ungewöhnliche Kälte mehr, und auch der Mönch war noch vorhanden, und er kam ihm nach dieser Begegnung noch bedrohlicher vor. Wenn er das jemandem erzählte, würde man ihn auslachen, trotz der Dinge, die schon passiert waren. Ohne ihnen einen entsprechenden Beweis zu liefern würde ihm kein Mensch glauben.
    Oder doch?
    Ein wenig weiteten sich seine Augen, als er die Rose sah. Sie lag vor dem Mönch auf dem Boden, und ihr Blütenkelch reichte bis in das innere Dunkel der Statue hinein.
    War sie deshalb gekommen, um dem Mönch eine Rose zu bringen und ihn so zu ehren?
    Es konnte sein. Da passte das eine zum anderen, aber ein richtiger Beweis war es für ihn auch nicht. Das würde ihm niemand abnehmen, wenn er damit herausrückte.
    Durch das Nachdenken klopfte sein Herz wieder schneller. Auch hinter seinen Schläfen pochte es. Claas wusste, dass er wieder mal mit dem Unheimlichen konfrontiert worden war, mit dem Unglaublichen, über das die meisten Menschen nur den Kopf schüttelten, das aber trotzdem vorhanden war, wenn auch gefangen in einer metaphysischen Welt, die sich nur hin und wieder öffnete.
    Claas Claasen wusste, dass er hier nichts mehr zu suchen hatte. Er musste zurück ins Hotel und sich um die Bar kümmern, denn bald würden dort die ersten Gäste erscheinen. Sein Vertreter, Herr Borg, hatte im Restaurant zu tun. Aber zuvor wollte und musste er noch über etwas Bestimmtes nachdenken.
    Es dauerte nicht mehr lange, da saß Claas Claasen wieder in seinem Wagen. Das dunkle Fahrzeug mit dem Logo des Hotels an den Seiten war groß genug, um auch die vier Personen der restlichen Familie aufnehmen zu können.
    Zweimal würgte er den Motor ab, dann konnte er starten und war froh, die Nähe des Friedhofs verlassen zu können. Das kalte Gefühl lag noch immer in seinem Nacken.
    Er fuhr die Hauptstraße hinab auf Keitum zu. Die Dämmerung lag in den letzten Zügen. Lichter schimmerten wie zu Boden gefallene Sterne, die irgendwann verlöschen würden.
    Darauf wollte er nicht warten und war froh, den Hotelparkplatz erreicht zu haben, auf dem er seinen Wagen an dem angestammten Platz abstellte.
    In der Bar, die links neben der Eingangstür lag, war es hell. Er glaubte auch, die Rücken zweier Gäste zu sehen, die an der Theke saßen und ihren Drink nahmen.
    Er betrat sein Hotel. An die Bar ging er nicht, sondern sofort in sein Büro, das leer war. Und Claas war froh, dass ihn jetzt niemand sah. Er wirkte alles andere als entspannt, musste sich erst mal erholen und seine Gedanken wieder in die Reihe bringen.
    Dazu brauchte er einen Schluck.
    Die Flasche mit der alten Pflaume stand ein wenig versteckt. Das Glas nicht, aber diesmal goss er kein Wasser ein, sondern dieses braungoldene Getränk, etwas dunkler als Whisky.
    Er trank und merkte, wie der Strom warm durch seine Kehle lief und sich die Wärme wenig später in seinem Magen ausbreitete. Dabei lehnte er sich zurück und war froh, sich in Sicherheit zu befinden.
    Natürlich ging ihm diese Totenfrau oder dieser weibliche Totengeist nicht aus dem Kopf. Insbesondere machte er sich Gedanken darüber, wieso diese Frau der Künstlerin Sigrid Böhme so exakt glich. Sie und ihr Mann waren Gäste im Hotel. Claas kannte sie schon länger. Da er und seine Frau sich für Kunst interessierten, hatten sie die Malerin gebeten, hier im Hotel auszustellen.
    In den Gängen hingen ihre Bilder, die nicht auf Leinwand gemalt worden waren, sondern auf Bretter. Wobei jedes mehr als einen Meter lang war und eine Breite von höchstens dreißig Zentimetern aufwies. Die bemalten Bretter hatten bereits einigen Anklang gefunden, auch wenn die Künstlerin noch keines verkauft hatte.
    Claas überlegte, ob er Sigrid Böhme auf sein Erlebnis ansprechen sollte. Er wusste es noch nicht, denn zuerst musste er etwas Bestimmtes erledigen.
    Er ging davon aus, dass die Begegnung mit der Totenfrau erst so etwas wie ein Anfang gewesen
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