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anderbookz Short Story Compilation

anderbookz Short Story Compilation

Titel: anderbookz Short Story Compilation
Autoren: Thomas M. Disch , Doris Egan , Gardner Dozois , Jack Dann , Michael Swanwick , Tanith Lee , Howard Waldrop , Katherine V. Forrest
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Der Mann ohne jede Idee

    Als erstes stellte er fest, daß er versagt hatte. Diese Feststellung war nicht grundlos, seit gleich die erste Runde, bei der er sich beweisen mußte, mit einem beschämenden Ergebnis von 43 geendet hatte. Doch als zwei Wochen vergangen und noch immer kein Spruch von der Prüfungskommission gekommen war, da fragte er sich, ob er es vielleicht geschafft hatte, gerade eben noch so durchzurutschen. Aber er konnte sich das nur schwer vorstellen. Der Prüfer, ein runzliger, weißhaariger Spießer, dessen Name Barry augenblicklich wieder vergessen hatte, war schon von Anfang an unfreundlich und aggressiv gewesen. So hatte er Barry zum Beispiel gesagt, sein Handschlag sei verdächtig aufrichtig gewesen. Dann hatte er das Gespräch direkt auf mögliche Gefahren des exzessiven Sonnenbadens gelenkt - was zweifellos eine spitze Bemerkung über Barrys Nachsaison-Sonnenbrand war - und die Freizeit, auf die solch ein Sonnenbrand nur zu deutlich hinwies. Schließlich kam er auf die Wahrscheinlichkeit zu sprechen, daß Delphine genauso intelligent seien wie Menschen. Barry, der gerade den Lehrsaal betreten und beschlossen hatte, alles auf eine Karte zu setzen und die Taktik vollkommener Ehrlichkeit zu wählen, hatte gesagt, daß er erstens zu jung sei, um sich über Hautkrebs Gedanken zu machen, und ihn zweitens bei Tieren nur deren Fleisch interessiere. Darauf berichtete der Prüfer über psychische Erfahrungen einiger Frauen, wovon er im Reader’s Digest gelesen habe. Barry war sich nicht im klaren, was der Mann mit seinem zwanghaften Gewäsch erreichen wollte. Mehr und mehr bekam er das Gefühl, er sei dabei, diesen alten Furz zu testen, und notiere die Punkte. Eine Situation, die nichts Gutes verhieß. Zehn Minuten vor Schluß stand Barry einfach auf und ging. Das war, streng genommen, nicht gegen das Reglement. Er setzte voraus, daß irgendein Prüfungsziel erreicht worden war, aber das war nun beileibe nicht der Fall gewesen. Barry war schlicht und ergreifend in Panik geraten. An diesem Fiasko fürchtete er natürlich am meisten den Brief, der ihn, den »Sehr geehrten Bewerber«, bald erreichen würde (»Wir möchten Sie hiermit davon in Kenntnis setzen, etcetera blabla ...«). Aber möglicherweise hatte der alte Furz die Angelegenheit absichtlich verkompliziert und wollte ihn lediglich testen; und möglicherweise waren seine Reaktionen gar nicht einmal so falsch gewesen. Vielleicht hatte er bestanden.
    Als zwei weitere Wochen vergangen waren und das ›Buh‹ der Prüfungskommission immer noch ausblieb, konnte er es einfach nicht mehr länger aushalten. Er ging zur Center Street und füllte einen Antrag aus, um seine Ergebnisse zu erfahren. Ein Büroangestellter stanzte den Bogen auf eine Lochkarte und fütterte den Computer damit. Der Computer wies Barry an, ein weiteres Formblatt auszufüllen, welches mehr Detailfragen enthielt. Glücklicherweise hatte er alle Angaben dabei, die der Computer brauchte. So konnte er das zweite Blatt an Ort und Stelle ausfüllen. Nach knapp zehn Minuten Wartezeit leuchtete seine Nummer an der Tafel auf, und er wurde zu Schalter 28 beordert.
    Schalter 28 war der Schalter, der Lizenzen ausgab: Er hatte bestanden!
    »Ich habe bestanden«, verkündete er der Schalterbeamtin ungläubig.
    Die Beamtin hatte die Lizenz, auf der sein Name - Barry Riordan - stand, schon in der Hand. Sie steckte das Papier in den Schlitz einer grauen Maschine, die mit einem gebieterischen Klicken antwortete. Die Beamtin schob die rechtskräftige Lizenz durch das Gitter.
    »Können Sie das verstehen ... Ich kann es noch immer nicht glauben. Das ist meine Lizenz: das hätte ich nie für möglich gehalten.«
    Die Beamtin deutete auf die Marke, die am Halsband ihres T-Shirts befestigt war. Sie hatte keine Lizenz.
    »Oh. Verzeihung. Daran habe ich nicht gedacht. Nun ... Danke.«
    Er lächelte sie an, ein bedauerndes, schuldbewußtes Lächeln, und sie lächelte zurück, ein mechanisches Der-Nächste-bitte-Lächeln.
    Er sah sich erst auf der Straße die Lizenz an. Auf der Rückseite war eine Notiz angeheftet:

    ACHTUNG
    Da das neue Auswertungssystem überlastet war, ist ein Fehler aufgetreten. Ihre Prüfungsergebnisse vom 24. August sind gelöscht worden. Daher wird Ihnen, gemäß Satzungsparagraph 9(c) Abteilung XII der revidierten Bundeskommunikationsordnung, eine zeitlich begrenzte Lizenz ausgestellt, deren Laufzeit drei Monate vom Tag der Ausgabe an beträgt. Vorbehalte und Beschränkungen, denen
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