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140 - Im Land der Feuerdrachen

140 - Im Land der Feuerdrachen

Titel: 140 - Im Land der Feuerdrachen
Autoren: Bernd Frenz
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signalisierte der verbogene Stahl dagegen gefährliches Terrain. In solchen Küstenabschnitten lauerten natürliche wie künstliche Hindernisse oft dicht unter der gekräuselten Oberfläche.
    Der Dampferkapitän – ein bronzehäutiger Asiate mit scharf geschnittenen Gesichtszügen, der sein langes, lackschwarzes Haar mittels eines roten Stirntuchs bändigte – gab bereits den Befehl, die Geschwindigkeit zu drosseln. Zwei Männer wurden in den Bug beordert, um die Tiefe auszuloten.
    Statt an Schnüren bewaffnete Gewichte ins Wasser zu werfen, sprangen die beiden kopfüber von Bord. Tauchend erkundeten sie eine sichere Passage, mit einem Lungenvolumen und einer Geschwindigkeit, die unmenschlich erschienen. Obwohl die Kessel weiter bis zum Anschlag unter Dampf standen, dümpelte das Schiff aber nur noch, statt dass es durch die Wellen schnitt.
    Etwa zwei Kilometer von der Küste entfernt ließ der Kapitän wenden. Näher heran konnte er wohl nicht, dafür gab es nicht mehr genügend Wasser unter dem Kiel. Sobald der Dampfer parallel zur Küste stand, stoppte sein Steuermann die Fahrt.
    Als ob das ein Signal gewesen wäre, kam Bewegung in die Mannschaft. Von allen Seiten rannte sie aufs Achterdeck und begann die geflochtenen Matten und Palmenwedel zur Seite zu räumen.
    Unter der Tarnung kam ein großes, auf drei mächtigen Achsen ruhendes Fahrzeug zum Vorschein. Es handelte sich um einen Radpanzer mit vorgezogener Front und geschlossenem Kastenaufbau. Auf beiden Seiten prangten die Buchstaben ARET. Eingeweihte wussten, dass diese Abkürzung für Avtarkitsheskji Russkji Ekspeditionnji Tank stand und so viel wie Autarker Russischer Expeditions-Panzerbe deutete.
    Es handelte sich also um ein Fahrzeug aus dem Fuhrpark der russischen Liga. Ein hochmodernes Vehikel, dessen Steuerung zweifellos jeden Barbaren hoffnungslos überforderte. Trotzdem wurde es rasch von einem halben Dutzend Piraten besetzt und sogleich zum Laufen gebracht.
    Der Motor sprang an, zischend wurden die massiven Schotts luftdicht versiegelt.
    Einen Moment lang sah es so aus, als ob der Panzer rücksichtslos in die vor ihm aufragenden Aufbauten rasen wollte, doch dann machte sich die an Deck verbliebene Besatzung daran, das Schanzkleid achtern aus seiner Verankerung zu lösen. Nur von zwei massiven Ketten gehalten, klappten die Stahlplatten nach hinten, schräg in die Tiefe, bis ihre obere Kante dicht über den Wellen tanzte.
    Der ARET nutzte die provisorische Rampe, um rückwärts von Bord zu setzen. Er nahm die Neigung mit Schwung, um nicht mit dem Heck voran ins Wasser zu knallen.
    Das Manöver gelang. Zumindest halbwegs.
    Das zweite und dritte Achsenpaar schlug beinahe gleichzeitig auf, danach rutschte auch die vorgezogene Fahrzeugfront in die nach oben klatschenden Wellen. Die Wasserverdrängung war gewaltig. Sekundenlang versank der eintauchende Panzer unter einer weiß aufspritzenden Gischtglocke.
    Tief sackte er ab, ohne jedoch unterzugehen.
    Dank seiner Verbundlegierung aus Leichtmetall war der ARET serienmäßig schwimmfähig. Ein luftdichter Innenraum und riesige Plastiflexreifen taten ein Übriges, um ihn an der Oberfläche zu halten. Augenblicklich trieb er vom Raddampfer ab, bis zur Hälfte im Wasser versunken.
    Das gelungene Manöver ließ die Schiffsbesatzung völlig kalt. Statt in Jubel auszubrechen, machte sie sich sofort daran, das Schanzkleid wieder empor zu kurbeln.
    Nicht einer der Piraten winkte, als sich die Heckschraube des Amphibienfahrzeugs zu drehen begann. Unter lautem Schnurren hielt der ARET aufs Ufer zu. Sobald die Stollenprofile seiner Reifen ansteigenden Grund berührten, fanden sie problemlos Halt. Die Stelle, an der das Fahrzeug aus dem Wasser fuhr, erwies sich als geradezu ideal für eine Landung.
    Das konnte unmöglich Zufall sein. Zweifellos war die Gegend zuvor genau ausgekundschaftet worden. Genauso wie die Route, die der ARET jetzt einschlug. Angespülter Seetang und von Muscheln und Seesternen besetztes Geröll säumten den Weg, den er sich über das unebene Gelände bahnte; bis zu einem Felseinschnitt, der den Beginn eines Pfades markierte, der sich – in weit ausholenden Schleifen – ins Gebirge hinauf wand.
    Schon nach wenigen Minuten verschwand der ARET hinter bizarren, von Wind und Wasser geschliffenen Felsformationen.
    An Bord des Dampfers nahm man davon nur beiläufig Notiz.
    Dort drehten sich bereits wieder die beiden Schaufelräder.
    Diesmal in entgegen gesetzten Richtungen. Unter lautem Rauschen
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