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140 - Im Land der Feuerdrachen

140 - Im Land der Feuerdrachen

Titel: 140 - Im Land der Feuerdrachen
Autoren: Bernd Frenz
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begannen. »Aber wie…? Die können doch keine Radiowellen…«
    Er wollte noch mehr sagen. Einfach, weil er seine Angst kompensieren musste. Doch noch ehe er ein weiteres Wort über die Lippen brachte, riss die Kreatur ihr Maul auf, und eine weißlich schäumende Flüssigkeit schoss daraus hervor.
    Ken versuchte noch, sich zur Seite zu wälzen, doch vor der großflächig versprühten Flüssigkeit gab es kein Entrinnen.
    Unbarmherzig fraß sich der Speichel durch Kens braunen Tarnanzug und drang tief in sein Fleisch ein.
    Der Ninja schrie vor Schmerz, so laut, wie er noch nie zuvor in seinem Leben geschrien hatte. Seine Nervenbahnen entflammten bis in den letzten Strang, während seine Haut Blasen zu werfen begann. Millionen von Zellen zerplatzten unter dem zerstörerischen Einfluss der Säure.
    Feine weiße Rauchsäulen stiegen von seinem Körper auf, während sich das Fleisch langsam auflöste.
    Als der Schmerz übermächtig wurde, umgab ihn gnädige Ohnmacht. Der Auflösungsprozess schritt jedoch weiter fort.
    Brodelnd und schäumend zerflossen Kleidung, Muskeln, Fett und Knochen zu einem weichen Brei, in dem sich alles miteinander vermengte. Alles, was von Ken blieb, war eine übel riechende Lache.
    Und die Frage, wie ihn die Rochen so plötzlich aufspüren konnten, genau in dem Moment, da er das Funkgerät benutzt hatte…
    ***
    Westküste von Nipoo, zwei Wochen später
    Die Besatzung hatte den Zeitpunkt, an dem der Raddampfer in Sichtweite des Festlandes geriet, genau abgepasst. Im Schutz der gerade anbrechenden Morgendämmerung lief das Schiff auf schnurgeradem Kurs die Bucht von Wakasa an. Anfangs zeichneten sich die markanten Decksaufbauten nur als undeutlicher Fleck am Horizont ab, aber mit der Zeit traten die dampfenden Zwillingsschornsteine und das mit Stahlplatten verkleidete Oberdeck deutlich aus dem einheitlichen Grau hervor.
    Dem Äußeren nach zu urteilen, handelte es sich um ein Schiff der Ostmänner, doch die Männer an Bord fielen nicht durch Verstümmelungen oder missgestaltete Hautpartien auf.
    Ihre Ohren, Nasen und Münder saßen durchweg an der richtigen Stelle, außerdem waren sie schlank und aufrecht gewachsen. Die meisten von ihnen trugen weit geschnittene Hosen aus bunten Stoffen, die nur an Gürtelbund und Knöcheln eng anlagen. Der Oberkörper war zumeist frei, oder wurde von rot und gold durchwirkten Westen geschmückt, die keinen Schutz boten, sondern nur der Zierde dienten.
    Unter ihrer bronzefarbenen Haut spannten sich kräftige Muskelpartien. Diese Männer bewegten sich viel zu viel, um Fett ansetzen zu können. Bei näherem Hinsehen schienen sie alle zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt zu sein. Kinder oder Alte ließen sich unter ihnen nicht ausmachen. Eben ein typischer Piratenhaufen, darauf deuteten auch die Blankwaffen an ihren Gürteln hin.
    Der Dampfer war wohl gekapert; vielleicht hatten sie ihn aber auch verlassen vorgefunden. Das stählerne Schanzkleid wies jedenfalls starke Beschädigungen auf. Selbst am Steuerhaus und an den darunter liegenden Kabinen waren etliche Stellen mit neuen Brettern und Balken ausgebessert worden.
    Auf dem Achterdeck hatte man dagegen einige Aufbauten abgerissen, um Platz für die Ladung zu schaffen. Wofür genau, ließ sich nicht erkennen, denn die Fracht war sorgsam mit geflochtenen Matten, Palmzweigen und riesigen Blättern abgedeckt worden.
    Wachsam kauerten die Piraten hinter dem gepanzerten Schanzkleid und spähten zur vegetationslosen Steinküste hinüber. Die Spuren des nahen Kometeneinschlags zeichneten sich hier immer noch auf jedem Quadratmeter deutlich ab. Die damals ausgelöste Flutwelle war mit brutaler Wucht auf die lang gezogene Insel niedergegangen. Alles unterhalb der Gebirgsketten, die Japan von Norden nach Süden durchzogen, war zertrümmert worden.
    Städte, Dörfer, Deiche – selbst vorgelagerte Halbinseln.
    Alles Erdreich wurde ins Meer gespült, nur der nackte Fels hatte widerstanden. Inzwischen begann aber auch der zu erodieren. Fünfhundert Jahre Wellengang hatten ihn mürbe gemacht und schon an vielen Stellen zu Kieseln zerfallen lassen.
    Untermalt vom stampfenden Klang der Schaufelräder hielt das namenlose Schiff auf einen sanft ins Wasser abfallenden Küstenabschnitt zu. Einige rostüberzogene Stahlträger, die drei Kilometer entfernt aus dem Meer ragten, zeigten an, dass sie bereits über einstmals bewohnten Grund fuhren.
    Für das ungeübte Auge mochte das faszinierend wirken, für einen Seefahrer
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