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140 - Im Land der Feuerdrachen

140 - Im Land der Feuerdrachen

Titel: 140 - Im Land der Feuerdrachen
Autoren: Bernd Frenz
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richtig gehandelt.
    Gut so.
    Sehr gut.
    Der Cyborg sah in ihr rundliches Antlitz, das einen ungewohnten Zug der inneren Anspannung aufwies. Obwohl Honeybutt kein Japanisch sprach, hatte sie den Mitschnitt gut genug verstanden, um das Schicksal der Menschen von Kyoto zu erahnen. Den traurigen Glanz ihrer Augen wertete Aiko als eine unausgesprochene Frage, die er mit einem leichten Nicken beantwortete.
    Ja, alle tot, wollte er damit sagen.
    Sein künstliches Hirn verstand sich mittlerweile auf leise zwischenmenschliche Töne. Insbesondere im Umgang mit Honeybutt, über die sehr viele deutliche Erinnerungen vorlagen.
    Mit differenziertem Minenspiel ließ sich der Verlust seines biologischen Gehirns gut kaschieren. Hoffte Aiko zumindest.
    So weit ein mit Gehirnwellenmustern gespeister Festspeicher überhaupt Hoffnung empfinden konnte.
    All das schoss innerhalb weniger Mikrosekunden durch seine elektronischen Bahnen, während er die nächste Frage an General Fudoh abwog.
    Die eiserne Maske ließ keine Schlussfolgerungen auf den Gemütszustand seines Gegenübers zu, aber auf dieses Spiel verstand Aiko sich ebenfalls. Sogar besser denn je.
    »Die Aufzeichnung lässt nichts Gutes hoffen«, wandte er sich an den Kommandanten der japanischen Besatzungsmacht.
    »Trotzdem ist mir nicht klar, warum Sie uns rufen ließen. Bisher haben Sie doch immer größten Wert darauf gelegt, alle Probleme autark zu lösen.«
    Der General in der traditionellen Samurai-Kriegstracht, der hinter einem wuchtigen Schreibtisch thronte, rührte sich um keinen Millimeter, obwohl die Pupillen unter den Sehschlitzen zu flackern begannen. Hinter der schwarz emaillierten Maske, die wie ein zusätzlicher Resonanzkörper wirkte, stieg ein wütendes Brummen auf.
    Aiko und Honeybutt ließen sich von der Unmutsbekundung nicht beeindrucken. Fudoh hatte über Funk um ihr dringendes Erscheinen gebeten. Sie waren nicht überstürzt aus Amarillo aufgebrochen, um jetzt seine vor Geheimnissen strotzende Show zu schlucken. Der General sollte gefälligst alle Karten auf den Tisch legen und keine Gänsehaut erzeugenden Hörspiele präsentieren.
    Fudoh starrte das Pärchen mit durchdringendem Blick an.
    Seine Augen funkelten, als ob er sie durchleuchten wollte. Der Scan dauerte mehrere Sekunden. Erst dann, scheinbar zufrieden mit dem, was er sah, wurden seine Pupillen weicher.
    »Unsere Probleme, wie Sie es nennen, Mr. Tsuyoshi, gehen die gesamte Menschheit an.« Der Samurai hinter dem Schreibtisch legte eine kurze Pause ein, um die Wirkung seiner Ankündigung zu unterstreichen. Dann fuhr er fort: »Es gibt nämlich Grund zu der Annahme, dass der Angriff auf unsere Heimat vom Kratersee ausgeht. Aber hören Sie selbst…«
    Ehe Aiko widersprechen konnte, drückte Fudoh auf das Sensorpad des Laptops, in dem die Funksprüche gespeichert waren.
    »Funkmeldung von Ken Takeshi«, erklärte eine emotionslose männliche Stimme auf Japanisch. »Fernspäher, Codename Sukeroku. 12. Mai 2521.«
    Danach veränderten sich Lautstärke und Klang der Einspielung. Der angekündigte Funkspruch begann.
    »Zielpunkt erreicht«, lautete die Meldung des Fernspähers.
    »Verdächtige Aktivitäten haben sich bestätigt. Feind verfügt über Feuerdrachen, die massive Veränderungen vornehmen. Sie…«
    Die Stimme brach mit einem Keuchen ab, doch die Übertragung lief weiter. Windböen erzeugten ein Rauschen im Mikrofon, aber da war noch ein anderer Laut, wie von einer im Wind flatternden Fahne. Oder von gewaltigen Schwingen, die in der Luft schlugen.
    »Sukeroku!«, rief die Gegenstelle. »Was ist los? Ich höre Sie nicht mehr!«
    Zuerst brachte der Fernspäher nur ein Krächzen hervor, doch dann rief er in heller Panik: »Ich bin entdeckt! Aber wie…? Die können doch keine Radiowellen…«
    Gleich darauf folgte der Todesschrei eines Sterbenden. Für einen Cyborg ohne Emotionen wurde die Vorstellung allmählich langweilig, doch Aiko gab sich alle Mühe, Betroffenheit zu simulieren.
    »Feuerdrachen?«, fragte er, um das Gespräch voran zu treiben. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Wissen wir noch nicht«, gestand Fudoh ein. »Sicher ist nur, dass die Ostflanke des Kratersees stärker denn je abgeschirmt wird. Bis vor einigen Wochen konnten wir noch in Sichtweite Kores fischen, nun attackieren die Todesrochen alles, was sich den Resten des koreanischen Festlandes auf einhundert Kilometer nähert. Wir nehmen an, dass irgendetwas Wichtiges am Einschlagpunkt vor sich geht. Sukeroku ist deshalb in
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