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138 - Die Pestburg

138 - Die Pestburg

Titel: 138 - Die Pestburg
Autoren: Dämonenkiller
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unterstrich.
    „Weshalb halten wir, Bethela?" fragte ich.
    Breit grinsend zeigte sie mit dem rechten Daumen auf ihren Magen. „Ich habe Hunger", sagte sie mit tiefer Stimme. „Geh Holz suchen, Gabor."
    Ich gehorchte augenblicklich. Schnell ging ich an den Pferden vorbei, die Ludomil eben ausschirrte. Ich winkte ihm flüchtig zu, und er grinste mich an. Ludomil war alles andere als eine hübsche Erscheinung, sein pockennarbiges Gesicht war fast schwarz. Er war Bethela hündisch ergeben, und so wie sie sprach er nicht über seine Vergangenheit. Ich wußte nur, daß er aus Mähren stammte. Mal gab er sich als Bethelas Mann aus, dann behauptete er wieder, ihr Onkel zu sein oder ihr Bruder, und sogar als ihren Vater hatte er sich ein paarmal bezeichnet. Er war ein wunderlicher Kauz, der einen Tag Bethela verfluchte, und am nächsten Tag sie lobte. Einmal hatte er erwähnt, daß die „Zigeunerin", wie er Bethela meist nannte, ihm das Leben gerettet hatte.
    Lange mußte ich nicht suchen, dann hatte ich genug Brennholz gefunden, das ich Ludomil übergab, der sofort ein Feuer entfachte.
    Ich lehnte mich an den faßförmigen Wagen, der auf beiden Seiten den Namen der Zigeunerin trug. Darunter standen einige Bezeichnungen wie „Die Wunderheilerin" und „Die Wahrsagerin". Sie verkaufte ziemlich viel von ihrer selbstgebrauten Medizin, die sogar gelegentlich half. Und abergläubischen Leutchen las sie aus den Händen oder schlug ihnen die Karten auf. Früher war dieses Geschäft recht einträglich gewesen, doch jetzt waren die Leute knauserig geworden.
    Janko hatte Wasser geholt und Bethela war dabei, das einfache Mahl zu bereiten. Geld hatten wir nur wenig, aber wären wir reich gewesen, hätte das unsere Situation nicht wesentlich verbessert.
    Das Land war verwüstet, die Bauernhöfe niedergebrannt. Wir stahlen, wo es nur etwas zu stehlen gab. Aber viel war es nicht.
    Wie Fleisch schmeckte, daran konnte ich mich nur höchst undeutlich erinnern, denn seit Tagen lebten wir von Buchweizenpfannkuchen, Brot und Honig.
    Mit Todesverachtung würgte ich den Pfannkuchen hinunter und trank ein Glas Wasser.
    „Am hannoveranischen Hof müßte man sein", sagte Janko. „Dort weiß man zu leben."
    „Halt den Mund", sagte ich scharf. Vor ein paar Wochen hatte Janko eine Unterhaltung zwischen zwei Adeligen aufgeschnappt, die sich über die Mittagstafel beschwert hatten.
    Doch Janko war nicht zu bremsen. Er äffte einen der Grafen nach. Nasal sagte er: „Die Weinsuppe war scheußlich, mein Verehrtester, und erst der Rehrücken, zäh wie Sohlenleder, die Fülle der Lammbrust war abscheulich, die Karpfen und Pasteten waren genießbar, doch köstlich waren die Krebse und der Sauerbraten, gut gemundet hat mir auch der Spritzkuchen."
    „Und wir graben nach verfaulten Rüben", sagte Bethela.
    Bei der Aufzählung all der leckeren Dinge war mir das Wasser im Mund zusammengelaufen.
    Wir waren kaum mit dem Essen fertig als Ludomil aufsprang.
    „Blickt nach rechts", sagte er. „Wir bekommen Besuch."
    Langsam stand ich auf. Ludomil hatte wahre Adleraugen. Es dauerte einige Sekunden, bis auch ich die Reiter sah.
    „Es sind Kaiserliche", stellte Ludomil fest, der die Augen zu schmalen Schlitzen geschlossen hatte. „Bist du sicher?" fragte Bethela.
    „Ganz sicher", brummte Ludomil.
    „Ich kann deutlich die roten Schärpen sehen."
    „Das hat nicht viel zu bedeuten", meinte Janko. „Es können Protestanten sein, die sich die Schärpen und Feldzeichen beschafft haben."
    Jetzt waren sie deutlicher zu sehen, nun erkannte ich die roten Schärpen. Es waren zehn Soldaten, die geschwind näherkamen. Sie hatten uns entdeckt und ritten auf uns zu.
    „Der Anführer ist Leutnant Sommerfeld", sagte Ludomil selbstsicher.
    Ich beneidete ihn um seine scharfen Augen. Und tatsächlich, er hatte sich nicht getäuscht. Es war Sommerfeld, den wir vor ein paar Monaten getroffen hatten. Sein Interesse für Bethela war offensichtlich gewesen, und sie hatte ihm öfters ihre Gunst geschenkt.
    Der Leutnant riß den rechten Arm hoch und parierte seinen mächtigen Grauschimmel, der im Trab fiel und gemächlich auf uns zutrottete.
    Sommerfeld war eine eindrucksvolle Erscheinung: ein wahrer Riese. Er glitt vom Pferd und hob Bethela hoch, warf sie in die Luft und fing sie auf, dabei lachte er dröhnend, umarmte sie und drückte ihr einen geräuschvollen Kuß auf die Lippen. Bethela kreischte begeistert wie ein kleines Mädchen.
    „Das ist ein gutes Omen, daß ich dich
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