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138 - Die Pestburg

138 - Die Pestburg

Titel: 138 - Die Pestburg
Autoren: Dämonenkiller
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dahinfließenden Main an, hob den Kopf und musterte finster den Marienberg mit den verdorrten Wiesen und der uralten Festung, in der der heuchlerische Fürstbischof residierte, der nun schon fast wöchentlich für einen Hexenbrand verantwortlich war.
    Besorgt warf der Henker gelegentlich einen Blick in den Himmel, der sich trübselig grau über die Stadt spannte und baldigen Regen versprach. Der unruhige Wind wechselte alle paar Minuten die Richtung, was dem Henker überhaupt nicht gefallen wollte.
    Rasch wuchsen die Scheiterhaufen. Strohbündel bildeten die unterste Schicht, auf die Teer gestreut wurde, dann folgte das trockene Buchenholz und wieder etwas Stroh.
    Langsam wuchs die Menschenmenge, die schweigend den Vorbereitungen zur Hinrichtung folgte. Zweimal im Jahre eine Hexenverbrennung - das war ein Volksfest, doch allwöchentlich?
    Der Menschenhaufen war abgestumpft und ein wenig furchtsam, denn wer würde der nächste sein?
    Niemand war vor dem Wahnsinnigen sicher, der in der Festung über Leben und Tod entschied. Sogar einen Blutsverwandten hatte er aufs Schafott gebracht. Nicht einmal Kinder waren vor dem bischöflichen Ungeheuer sicher. Vergangene Woche waren zwei elfjährige Knaben hingerichtet worden.
    Der Henker entblößte den kräftigen Oberkörper und verhüllte sein Gesicht mit der roten Kapuze. Nochmals prüfte er die fertiggestellten Scheiterhaufen.
    Leise war das Trommeln zu hören, das immer lauter wurde, und schließlich die frommen Gesänge. Und alles wurde bald vom Gemurmel und Raunen der Menschenmassen übertönt.
    Die menschenunwürdige Prozession näherte sich dem Richtplatz. Angeführt wurde sie von den Trommlern und ein paar Soldaten, danach folgten der Folterknecht und seine Gehilfen und der Schinderkarren mit den fünf Opfern. Sie wurden von Jesuiten, Dominikanern und Kapuzinern begleitet, die ihnen Trost in ihrer letzten Stunde zusprechen sollten. Schöffen, Vertreter des Stadtrats und Soldaten bildeten den Abschluß des Zuges.
    In mir war alles erstorben. Unbewußt brannten sich die scheinheiligen Gesichter der Mörder und Helfershelfer in mein Gedächtnis ein.
    Die Ankündigungstafel hatte ich zwanzigmal gelesen.
    Der vierundzwanzigste Brand im Jahre 1626. Fünf Personen:
    Ein Mädlein von fünfzehn Jahren.
    Der Lieblerin Tochter von zweiundzwanzig Jahren.
    Die dicke Schneiderin.
    Die alte Hof-Seilerin.
    Die fremde Libussa.
    Ich richtete mich auf, als der Wagen an mir vorbeirollte.
    Alle Delinquenten waren kahlgeschoren und mit weißen Hemden bekleidet, die nur notdürftig die Brandwunden und gebrochenen Glieder verhüllten. Ihre Gesichter waren eingefallen, die Wangen fieberrot, und sie stierten stumpf sinnig vor sich hin, und mit Ausnahme Libussas stammelten sie die Gebete mit, die ihnen die Klosterbrüder vorsagten.
    „Libussa". brüllte ich.
    Doch meine Geliebte hob nicht den entstellten Kopf, denn sie nahm das Geschehen nicht mehr bewußt wahr.
    „Libussa!" kreischte ich nochmals.
    Zwei Bauern rissen mich vom Wagen, und ein dritter hielt mir den Mund zu.
    „Schweige, du verdammter Narr, oder willst du festgenommen werden?"
    Verzweifelt wollte ich mich losreißen, doch die kräftigen Burschen zerrten mich weg vom Ort der Hinrichtung.
    Schließlich ließen sie mich los. Auf allen vieren kroch ich von diesem schrecklichen Platz fort, vergrub mein Gesicht im Gras und übergab mich. Ich hastete weiter, und das Grauen und der Haß vergifteten meine Seele. Erschöpft blieb ich liegen.
    Bruchstücke der Urteilsverkündigungen schnappte ich auf. Nach und nach erfaßten die Flammen die Strohballen, und krachend entzündeten sich die Holzscheite. Dichte Rauchwolken stiegen in den Himmel. Der heftige Wind trieb den Qualm in meine Richtung, und ein Aschenregen ging über der Landschaft nieder.
    Anscheinend war sogar Gott über die Hinrichtungen ergrimmt, die in seinem Namen durchgeführt wurden, denn der Himmel öffnete seine Schleusen, Regen, vermischt mit haselnußgroßen Hagelkörnern, donnerte zur Erde.
    Schwankend stand ich auf und sah der auseinanderströmenden Menschenmenge zu.
    Ein hochgewachsener, grauhaariger Edelmann stapfte an mir vorbei. Einen Augenblick lang blieb er stehen und starrte mich durchdringend an.
    „Alfred von Wartstein", sagte ich keuchend.
    Der Schreckliche winkte mir spöttisch lachend zu, und bevor ich noch reagieren konnte, verschwand er in der zurückflutenden Menge.

    Der Dämonenkiller war erschöpft, als er seine Erzählung beendet hatte. Seine Hände
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