Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
138 - Die Pestburg

138 - Die Pestburg

Titel: 138 - Die Pestburg
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
Ludomil fuhr im Schrittempo weiter. Ich sprang vom Kutschbock und ging zusammen mit Janko neben dem Wagen.
    Lauter Trommelwirbel ließ mich herumfahren. Vor der Burg hatte sich eine gewaltige Menschenmenge um eine riesige, uralte Eiche versammelt.
    „Da hat ein Standgericht stattgefunden", sagte Ludomil.
    Janko sprang auf den Wagen und kletterte auf den Kutschbock. Er richtete sich auf und hielt sich am Wagenaufbau fest.
    „Komm rauf, Gabor", forderte mich Janko auf.
    Entschieden schüttelte ich den Kopf, Hinrichtungen waren nicht mein Geschmack.
    Wieder hielt der Wagen an. Ludomil spannte die Pferde aus, während Janko angestrengt zur Eiche starrte.
    Unser Wagen stand neben dem einer Marketenderin, die auf den heruntergeklappten Stufen saß und einem Säugling die Brust gab. Sie lächelte mir freundlich zu, ließ sich aber nicht von unserem Auftauchen stören.
    „Wer wird da hingerichtet?" fragte Janko.
    Die Frau hob den Kopf und strich. sich das weizenblonde Haar aus der Stirn.
    „Zehn Marodeure sind es", sagte sie. „Gestern plünderten sie ein Dorf und steckten es in Brand. St. Dismas war ihnen nicht gut gesinnt."
    St. Dismas war der Schutzpatron der Diebe, der aber seine Anhänger häufig im Stich ließ.
    Das Trommeln wurde lauter. Das war ein Befehl für das ganze Regiment, sich beim Baum einzufinden und der Exekution beizuwohnen.
    Solche Hinrichtungen gab es alle paar Wochen. Die Offiziere versuchten, durch solche Standgerichte die Söldner zur Räson zu bringen. Diese Exekutionen sollten zur Abschreckung dienen und die Disziplin erhöhen.
    „Einen haben sie schon aufgehängt", rief Janko.
    „Das muß ich sehen", sagte die Blondine.
    Die junge Frau erhob sich und kam auf mich zu. Der Säugling schrie wie am Spieß.
    „Halte ihn bitte", bettelte sie und reichte mir ihr Kind.
    Verwirrt drückte ich den brüllenden Kerl an mich, der ein knallrotes Gesicht bekommen hatte und wütend mit den kleinen Fäusten um sich schlug.
    Die Dirne machte sich nicht einmal die Mühe, ihre nackte Brust zu bedecken. Geschmeidig kletterte sie zu Janko, währenddessen ich verzweifelt das heulende Balg zu beruhigen versuchte.
    „Jetzt ist der zweite dran", kicherte die Blonde.
    Kopf schüttelnd wandte ich mich ab.
    Mir war es unbegreiflich, daß es Leute gab, die gerne bei einer Hinrichtung zusahen, denn ich fand es abstoßend und erniedrigend. Mit dieser meiner Meinung stand ich ziemlich einsam da, denn alle Arten von Exekutionen waren als Volksbelustigung sehr geschätzt.
    Der Säugling hatte sich etwas beruhigt. Ich wiegte ihn sanft hin und her und sprach einschmeichelnd auf ihn ein. Schließlich lächelte er mir zu, und als ich ihn leicht kitzelte, kreischte er begeistert auf.
    „Den Blonden, den mit dem Spitzbart, kenne ich", sagte die Mutter des Säuglings. „Siehst du ihn?" „Ja, ich sehe ihn", sagte Janko ungeduldig.
    „Er steigt jetzt die Treppe hoch. Nun greift der Henker nach ihm."
    Plötzlich lachten Janko und die Blondine laut auf.
    „Er hat dem Priester das Kreuz aus der Hand getreten", rief Janko.
    „Schade", meinte die junge Frau enttäuscht. „Er hat gar nicht mit den Beinen gestrampelt. Schau, der nächste wehrt sich. Er schreit ihnen etwas zu, schade, daß ich nicht verstehen kann, was er sagt." Wieder blickte ich sie an. Dann studierte ich Janko, sein Gesicht war angespannt, und auch er genoß das Schauspiel, denn etwas anderes war es für ihn nicht.
    Schaudernd schlenderte ich in der Gegend umher. Ich hatte keine Lust, mir die Bemerkungen der beiden anzuhören.
    Ludomil hatte in der Zwischenzeit die Pferde angebunden und ihnen zwei Kübel mit Wasser hingestellt.
    Als das Trommeln verstummte, ging ich zurück. Die Blondine lief auf mich zu, ihr Gesicht war feuerrot.
    „Danke", sagte sie und zog ihr Kind liebevoll an sich, setzte sich nieder und reichte ihm die Brust und summte vergnügt vor sich hin.
    Angeekelt wandte ich mich ab und schritt zwischen den Wagen hindurch auf die Burg zu.
    Kein Mensch kümmerte sich um mich. Ich verließ das Lager und lief bis zum Einbruch der Dunkelheit umher. Als ich zurückkam, brannten überall hochlodernde Feuer.
    „Wo warst du?" fragte Bethela.
    „Ich war spazieren", antwortete ich einsilbig und hockte mich nieder.
    Die Zigeunerin beachtete mich nicht weiter. Janko und Ludomil lagen neben dem Feuer und würfelten.
    „Spielst du mit, Gabor?" fragte Janko.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Das Abendbrot war eine angenehme Überraschung. Es gab eingemachtes Lamm,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher