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138 - Die Pestburg

138 - Die Pestburg

Titel: 138 - Die Pestburg
Autoren: Dämonenkiller
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Bethela hatte ihn in einer Scheune eines gebrandschatzten Gutshofs gefunden. Seit dieser Zeit waren wir ständig zusammen gewesen; wir waren Freunde, ja wir verhielten uns fast wie Brüder.
    „Glaubst du, daß wir auf die Kaiserlichen stoßen werden?" fragte Janko.
    Ich brummte unwillig. „Deshalb hast du mich geweckt?"
    „Mir ist langweilig. Ich will mich unterhalten."
    „Ich habe keine Lust dazu", meinte ich.
    Der Wagen mit dem faßförmigen Aufbau wurde fest durchgerüttelt. Ludomils lautes Schreien ertönte, als er die ausgemergelten Pferde antrieb.
    „Die Lage sieht nicht allzu rosig für die Protestanten aus", stellte Janko fest.
    Sein hübsches Gesicht war von der Sonne dunkelbraun gebrannt. Bekleidet war er, so wie ich, mit einer oftmals geflickten Hose, zerschlissenen Stiefel, einem farblos gewordenen Hemd und einer Jacke aus groben Stoff. Um den Hals trug er ein rotes Tuch, und sein Haar steckte unter einer Kappe, die er trotz der Hitze niemals abnahm.
    „Zum Teufel mit den Protestanten und den Katholiken", murrte ich. Mir persönlich war völlig egal, wer als Sieger aus den Scharmützeln hervorgehen würde.
    „Christian von Braunschweig ist tot", sprach Janko weiter. „Angeblich sollen seine inneren Organe von einem Riesenwurm zerfressen worden sein. Dabei war er erst achtundzwanzig Jahre alt."
    „Um ihn ist nicht schade", sagte ich herzlos.
    „Überraschenderweise hat sich Mansfeld wieder erfangen. Das hätte ich nach der verheerenden Schlacht an der Dessauer Brücke für nicht mehr möglich gehalten."
    „Mansfeld soll in der Hölle braten!" fauchte ich aus tiefstem Herzen.
    Janko kicherte. „Der gute Mansfeld, den du besonders liebst."
    „Du warst damals noch nicht bei uns, Janko. Es war vor sechs Jahren, da befand ich mich schon seit zwei Jahren bei Bethela." Ich keuchte vor Empörung. „Nicht umsonst wurde damals der Spruch geprägt: Gott helfe denen, wo Mansfeld hinkommt! Der Halunke kämpft zwar für die Protestanten, aber ihre Sache interessiert ihn herzlich wenig. 1620 waren wir im Elsaß, und wir flohen vor ihm nach Straßburg. Seine Truppen verwüsteten das Land, sie brannten alles nieder. In den katholischen Kirchen brachen sie Christusfiguren von den Kreuzen, die sie dann auf Bäumen aufhingen. Niemand wagte Straßburg zu verlassen."
    „Tilly ist auch nicht besser", sagte Janko und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Der geharnischte Mönch' hat mal Jesuit werden wollen. Erinnere dich an den vergangenen Winter, Gabor." Daran wurde ich nicht sonderlich gerne erinnert. Tillys Leute hatten sich in Hildesheim wie Unmenschen benommen. Er war um nichts besser als Mansfeld. Niemand war vor seiner Truppe sicher, unzählige Dörfer steckten sie in Brand, raubten das Vieh und ermordeten die Bauern.
    „Tillys Horden verwüsteten die Kirchen", sagte Janko gelassen. „Denk an den Pfarrer, dem sie die Hände und Füße abhackten, als er sich ihnen entgegenstellte. Sogar auf ihre eigenen Glaubensgefährten gingen sie los. Im Kloster von Amelungsborn benahmen sie sich wie wild gewordene Bestien. Dort zerschlugen sie die Orgel, zerfetzten die Meßgewänder und raubten die Kelche. Als Höhepunkt schändeten sie die Gräber der Nonnen."
    „Das weiß ich alles", zischte ich verärgert. „Ich denke nicht daran, Tilly in Schutz zu nehmen. Ihn kann ich genauso wenig wie Mansfeld leiden. Auch Christian von Dänemark und Wallenstein sind mir zuwider. Dieser ganze Krieg ist so sinnlos. Beide Seiten behaupten von sich, Christen zu sein, doch sie benehmen sich wie unzivilisierte Wilde."
    „Sieh mal einer an", freute sich Janko. „Endlich hast du dich meiner Meinung angeschlossen. Uns geht der Krieg nichts an. Wir sind neutral und versuchen nur zu überleben. Und wir wollen es uns mit keiner Seite verderben. Es ist…"
    Er brach ab, als der Wagen hielt.
    Rasch erhob ich mich, riß die Tür auf und sprang ins Freie. Der Wagen stand in einem kleinen Tal. So weit man blicken konnte, erstreckten sich endlose Fichtenwälder. Irgendwo sang ein Rotkehlchen, weit und breit war kein Mensch zu sehen.
    Als ich um das Fahrzeug herumging, kam mir Bethela entgegen. Sie war eine hochgewachsene, kräftige Zigeunerin, deren Alter nur schwer zu bestimmen war. Aber sie mußte über vierzig Jahre alt sein. Ihr Haar war pechschwarz, das runde Gesicht überaus anziehend, wunderschön waren ihre großen dunklen Augen. Bekleidet war sie mit einem einfachen Gewand, das besonders die Fülle ihres Busens
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