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135 - In der Falle

135 - In der Falle

Titel: 135 - In der Falle
Autoren: Jo Zybell
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wollte er nichts zu tun haben. Lieber verzichtete er auf das Fell.
    So dicht fiel der Schnee inzwischen, dass er zwei Stunden für den Rückweg zum Grabmal benötigte. Dort lag der Schnee mittlerweile viel zu hoch, um am Spreeufer noch nach dem Kadaver der ersten Katze zu suchen. Schweren Herzen verabschiedete Watzlowerst sich also auch von diesem Fell und stapfte durch den kniehohen Schnee zum Grabmal des Göttersprechers. Dieser war jetzt ein einziger Schneehügel, beinahe so hoch schon wie der Speer, der vor ihm aus dem Schnee ragte.
    Watzlowerst fluchte und begann die Schneemassen mit beiden Armen von der Toten zu schieben. Irgendwann hielt er das nasse Fell in den Händen – und starrte die leere Oberfläche des Grabmals an. Kalte Schauer rieselten ihm über den breiten Rücken.
    Wie ein Besessener wühlte er den Schnee rund um das Grabmal auf, doch er fand die Leiche auch dort nicht. Jemand hatte Miouu gestohlen…!
    ***
    Berlin, Ende Januar 2521
    Das Moos an der Außenwand war gefroren, die Gitter vor dem kleinen Fenster vereist. Noch am Abend nach der Krönungsfeier hatte man Jenny hier hinauf in den Dachturm gebracht. Der junge von Leyden, Deenis und die neue Königin von Berlin persönlich: Rauna, die kalte Schönheit; Arnau, der Teufel. Zwei Monate war das her. Seitdem hatte Jenny die vielgestaltige Daa’murin nicht mehr gesehen.
    Das Turmzimmer war winzig. Eine schmale Wendeltreppe führte von dort über ein Dutzend Stufen ins Dachgeschoss des Palastes hinunter. Hier wechselten Deenis und Conrad von Leyden sich als Wächter ab. Manchmal hörte sie auch die Stimme von Oberst Willman durch die verriegelte Turmzimmertür.
    Jenny stand am Fenster und blickte hinab. Die Ostmauer war inzwischen vollständig abgetragen. Baugerüste rahmten ein paar flache Ruinen ein. Schneefall und Kälte hatten die Außenarbeiten vorläufig beendet, aber innerhalb der verbliebenen Bauten mussten immer noch versklavte Berliner schuften. Jenny fragte sich, wie diese Monster es anstellten, gesunden, starken Menschen den Willen zu rauben. Verfügten sie über Psikräfte? Setzten sie Drogen ein?
    Ein Hustenanfall schüttelte sie. Obwohl sie einen Leder-und zwei Pelzmäntel trug und in zwei Felle gewickelt war, fror sie. Seit Wochen. »Meine kleine Annie…« Sie würde krank werden bei dieser Kälte.
    Über von Leyden hatte sie warme Sachen und Decken an ihre Tochter schicken lassen. Sie konnte nur hoffen, dass diese auch bei Ann und Tilmo angekommen waren. Von Leyden hatte ihr ein paar Stücke Sommerkleidung der Kleinen gebracht. Sie hatten nach Anns Schweiß gerochen. Auch dass Tilmo bei ihr war, wusste sie von ihrem Oberaufseher.
    Wenigstens war das arme Kind nicht allein.
    Sie wollte sich vom Fenster abwenden und auf ihrem Lager einrollen, da sah sie ein Fahrzeug aus dem Winterwald vor der Siedlung rollen. Ein zweites folgte ihm, dann ein drittes, viertes und fünftes – drei schwere dunkelgrüne LKW, ein verrosteter Tieflader und an der Spitze eine Raupe, deren Planierschild den Schnee beiseite schob und den anderen Fahrzeugen einen leidlich befahrbaren Weg bahnte.
    Das Rasseln der Schneeketten war bis hier oben in den Dachturm zu hören.
    Jenny beobachtete, wie der Konvoi der Siedlung entgegen und zwischen die Ruinen im Osten rollte. Sie ballte die Fäuste.
    Der Hass auf Arnau brannte in ihrer Brust. »Bestie, verfluchte…!«
    Wieder schleppten sie uralte Nuklearsprengköpfe aus irgendwelchen verrotteten Militäranlagen Europas herbei; das dritte Mal schon seit Arnau Berlin tyrannisierte. Mittlerweile war die Königssiedlung voll gestopft mit dem Teufelszeug.
    Man lebte hier gewissermaßen in direkter Nachbarschaft zur Hölle.
    »Scheiße!« Wut und Ohnmacht überwältigten die Frau aus der Vergangenheit. »Verfluchte Aliens!«
    Jenny wandte sich ab. Der Hass und die Gewissheit der Machtlosigkeit trieben ihr die Tränen in die Augen. Sie warf sich gegen die Tür ihres Kerkers, trommelte mit den Fäusten dagegen und brüllte ihren Frust heraus, minutenlang, bis ihr die Stimme versagte. Zitternd und mit der Stirn gegen die Tür gestützt verharrte sie schließlich. Alles verloren, alles!
    »Wo bist du, Miouu?«, rief sie. »Wo bist du, Bulldogg?!«
    Sie dachte an Matt. »Lieber Gott, schicke ihn zu mir, sag ihm, dass wir verloren sind, wenn er nicht kommt…!«
    Auf der anderen Seite der Tür rasselten Schlüssel, jemand rüttelte am Riegel, die Tür wurde aufgezogen. »Gott? Ist es tatsächlich so dringend?« Ein Tablett
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