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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen
Autoren: PeP eBooks
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PROLOG
    D ämmerung senkte sich über die schwarzen, wild zerklüfteten Riffinseln weit draußen vor der Küste Tamoyens. Das Licht wurde grau, die Schatten länger, während der Ozean der Stürme seine gischtenden Fluten gegen die Klippen der kleinen Inselgruppe warf und die Sonne als roter Feuerball hinter einer aufziehenden Wolkenwand im Westen versank.
    Die einsetzende Dunkelheit brachte den Wind zum Schweigen. Reglos harrten die schlanken silbergrauen Halme des Nebelgrases der Nacht, während die pfeifenden Schreie der Felstölpel verstummten, als sie wie an jedem Abend ihre Schlafmulden zwischen den Felsen aufsuchten.
    Lenval stand am Fenster, ließ den Blick über das Land schweifen und beobachtete, wie in den Wohnstätten der Riffbewohner nach und nach die Feuer der Öllampen aufflackerten. Aus der Ferne wirkten die tanzenden Flammen fast wie kleine Lebewesen. Sie zeigten ihm, dass er nicht allein war. Es hätte ihn trösten sollen, doch der Schmerz, den er spürte, war zu groß. Die Trauer über den Verlust seines ersten Kindes zu übermächtig, als dass der Anblick der Feuer ein Licht in sein Herz hätte tragen können.
    Hinter sich in der Schlafkammer hörte er Verrina schluchzen. Es brach ihm fast das Herz. Vergeblich hatte er versucht, ihr das
kleine Bündel wegzunehmen, das sie seit dem späten Nachmittag unter Tränen an sich presste und wiegte, als wohne noch eine Seele in dem winzigen Körper.
    Lenval zog sich das dunkle Gewand enger um die Schultern, obwohl er wusste, dass es nicht die Kälte war, die ihn frösteln ließ. Es war ein ungerechtes und grausames Leben, das die Menschen der Riffinseln führten. Auf dem kargen, einsamen Eiland gab es kaum Heilmittel und so war der Tod oft zu Gast in den ärmlichen Hütten.
    Die Neugeborenen traf es am härtesten. Besonders wenn sie so klein und zart waren wie seine Caiwen. Nur vier Wochen nach der Geburt hatte das Fieber sie gepackt und nicht wieder losgelassen, bis das erschöpfte Herz den Kampf aufgegeben hatte. Es gab keinen Trost. Was blieb, war der Schmerz über den tragischen Verlust und eine Bitternis, die Lenval zornig die Fäuste ballen ließ.
    Warum trifft es ausgerechnet uns? Es gab keine Antwort auf diese Frage und doch kreiste sie unaufhörlich durch seine Gedanken. Warum? Sie hatten doch so lange auf dieses Kind gewartet und waren so glücklich gewesen, als Verrina endlich die Gewissheit hatte, schwanger zu sein - und nun?
    »Ihr werdet andere Kinder haben«, hatte die Heilerin Armide vor drei Wintern zu Lenvals Schwester gesagt, als diese ihr Neugeborenes verloren hatte. Worte, die fast jede Familie der Riffinseln schon einmal gehört hatte. Doch für Lenval gab es diese Hoffnung nicht. Seine Schwester hatte später noch zwei Söhne geboren, Verrinas Schoß aber würde leer bleiben. Nach der schweren Geburt hatte Armide klare Worte gefunden. Verrina würde keine Kinder mehr bekommen.
    Vor dem Hintergrund des verblassenden Sonnenlichts türmten sich die Wolken am Horizont rasch zu einer bedrohlichen Front auf.
    Es würde Sturm geben. Lenval spürte es mit jeder Faser seines
Körpers. Die Windstille war nur ein Vorbote des Unwetters. Ein Atemholen der Natur, ehe sie ihre entfesselten Gewalten wütend gegen die Felsen schleuderte. Der Ozean der Stürme trug seinen Namen zu Recht. Er war berüchtigt für heftige und plötzlich auftretende Unwetter und bei allen Seeleuten gefürchtet.
    Für die Menschen, die hoch oben auf den Klippen wohnten, war das Fluch und Segen zugleich. Da sie keinen Handel trieben, waren ihre einzigen Nahrungsquellen der Fischfang und die Jagd auf Felstölpel. Nur nach einem Sturm gab es am Strand auch andere Beute zu machen.
    Ein scharfer Windzug fuhr durch die Ritzen der Steinhütte. Lenval seufzte. Wenn alles vorüber war, würde er mit den Männern hinunter an den Strand gehen.Auf die Suche, wie sie es nannten. Mit etwas Glück würde Mar-Undrum, der Gott des Meeres und des Windes, ihnen gewogen sein und sie teilhaben lassen an dem Tribut, den er immer wieder von den Seefahrern forderte.
    Zuvor jedoch hatte Lenval noch eine traurige Pflicht zu erfüllen. Das Kind musste bestattet werden. Es noch länger bei Verrina zu lassen, würde sie nur unnötig quälen.
    Lenval warf einen letzten Blick auf die Öllampen in den Fenstern, deren Flammen jetzt stärker flackerten. Seine Miene wirkte versteinert. Er war ein Mann der Tat, gestählt von dem entbehrungsreichen Leben, das keinen Raum für Sentimentalitäten ließ. Verrina
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