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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen
Autoren: PeP eBooks
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Gedanke an die vielen namenlosen Seeleute, die die Männer in den Schwarzmonden davor in Mar-Undrums kalte Umarmung zurückgeworfen hatten, stimmte Caiwen traurig. Aber wie alle Bewohner der Riffinseln war auch sie von dem Handel abhängig, den ihre Vorväter der Legende nach einst mit dem Gott des Meeres und des Windes geschlossen hatten.
    Caiwen hatte wohl verstanden, dass es nicht Mordlust, sondern zwingende Notwendigkeit war, die ihren Vater und die anderen Männer immer und immer wieder zu diesen Gräueltaten veranlasste. Tief in ihrem Herzen aber schämte sie sich dafür, dass sie ihr Leben dem Tod Unschuldiger verdankte, und freute sich über jedes Schiff, das die Inseln wohlbehalten passierte.
    Zu gern hätte sie einen dieser stolzen Segler einmal aus der Nähe gesehen. Es war jedoch müßig zu hoffen, dass sich dieser Wunsch einmal erfüllen würde. Entweder schleuderte ein Sturm
die Schiffe auf ein Riff und zerschmetterte sie oder sie machten einen großen Bogen um die gefährlichen Untiefen und Klippen und segelten am fernen Horizont entlang.
    Ein Sonnenstrahl streifte Caiwens Gesicht und ließ sie blinzeln. Als sie den Blick wieder auf das Meer richtete, bemerkte sie in der Ferne einen Schwarm Vögel, der auf die Klippen zuhielt. Felstölpel!
    »Ja!« Caiwen ballte die Fäuste und stieß einen Freudenschrei aus. Wenn die Felstölpel aus ihren Winterquartieren im Süden zurückkehrten, war der Frühling nicht mehr weit. Nun würde das Leben wieder leichter werden. Mit einem Lächeln auf den Lippen wandte sie sich um und lief los, um den Leuten im Dorf von ihrer Entdeckung zu berichten.
     
    Sie hatte noch nicht einmal die Hälfte des Weges zu den Hütten zurückgelegt, als der Umriss einer kauernden Gestalt nahe dem Felsrand ihre Aufmerksamkeit weckte. Wie es schien, war sie nicht die Einzige, die es an diesem späten Nachmittag zu den Klippen zog. Die Gestalt war dem Meer zugewandt und wirkte ganz in Gedanken versunken, aber Caiwen erkannte sofort, wer dort saß.
    Ihre Augen funkelten, als sie sich, einer plötzlichen Eingebung folgend, hinter einen Felsen duckte und einen getrockneten Halm des Nebelgrases abpflückte, das hier überall wuchs. Auf dem langen, dürren Stiel saß ein dichtes Büschel aus gefiederten Samenkörnern, das die Winterstürme nahezu unbeschadet überstanden hatte. Die weichen Fruchtstände lösten sich erst im späten Frühling, wenn der Südwind sie in flauschigen Wolken über die Insel trieb. Ihnen war es zu verdanken, dass die Felstölpel im Frühling in Scharen zu den Riffinseln kamen, um hier zu brüten, denn auf dem harten und porösen Felsgestein der Klippen ließ sich daraus ein wunderbar weiches Nest bauen.
    Grinsend verließ Caiwen ihre Deckung und den schmalen
Trampelpfad, der sich vom Dorf bis zum höchsten Aussichtspunkt hinaufschlängelte, und pirschte auf die Gestalt an der Klippe zu. Wie kein anderer auf der Insel verstand Caiwen, sich völlig lautlos zu bewegen. Wenn sie es darauf anlegte, konnte sie förmlich über den Boden schweben. Lenval hatte sie immer wieder gedrängt, diese Fähigkeit bei der Jagd auf Felstölpel einzusetzen. Doch obwohl Caiwen eine gute Bogenschützin war und wusste, dass sie jagen mussten, wenn sie genug zu essen haben wollten, hatte sie es nie übers Herz gebracht, einen der großen, weiß-grau gefiederten Seevögel zu töten.
    Sie hatte es versucht. Oh ja, das hatte sie. Aber die Jagdausflüge mit ihrem Vater hatten stets mit einer großen Enttäuschung geendet. Lenval hatte ihr deshalb nie Vorwürfe gemacht, aber in seinen Augen hatte sie gesehen, wie verzweifelt er deshalb war. Irgendwann hatte er es ganz aufgegeben, sie mit auf die Jagd zu nehmen, und entschieden, sie bei der Heilerin Armide in die Lehre zu geben. »Deine Bestimmung ist das Leben, nicht der Tod«, hatte er nicht ohne Bitternis in der Stimme gesagt und damit das ausgesprochen, was Caiwen schon lange fühlte.
    Zwei Winter war das jetzt her und sie war ihm dafür immer noch dankbar. Sie war anders als die Dorfbewohner, ja sogar anders als ihre Mutter und ihr Vater, und zu der Überzeugung gelangt, dass sie auch in vierzig Sommern nicht so werden würde wie sie. Bei Armide hatte sie eine Aufgabe gefunden, die ihrem Wesen entsprach. Es machte sie glücklich, anderen zu helfen. Und wenn es ihre Bestimmung sein sollte, die künftige Heilerin der Riffinseln zu werden, so blickte sie dem voller Zuversicht entgegen.
    Caiwen hatte den Abgrund und den jungen Mann, der
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