Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
davorhockte, fast erreicht. Er war schlank wie sie, aber mit schulterlangem, leicht gewelltem dunklem Haar. Die Strähnen von Stirn und Schläfen hatte er am Hinterkopf zusammengeflochten, damit das Gesicht frei blieb. Ohne auch nur das leiseste Geräusch zu machen, stellte Caiwen sich hinter ihn. Ihre Hand schnellte vor
und das weiche Nebelgras bohrte sich wie ein Dolch in seinen Nacken. »Du bist tot, Heylon!«, rief sie lachend und sprang zurück, um dem Schlag auszuweichen, mit dem er den Überfall abwehren wollte.
    »Caiwen!« Keuchend kam Heylon auf die Beine und stemmte die Hände in die Hüften. »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich nicht so erschrecken sollst. Irgendwann falle ich noch die Klippen hinunter.«
    Auch Caiwen stemmte die Hände in die Hüften, ahmte seinen strengen Ton nach und sagte: »Und wie oft soll ich dir noch sagen, dass du besser auf deine Umgebung achtgeben sollst? Irgendwann wirst du noch ohne mein Zutun in die Tiefe stürzen, weil du geträumt hast, du seist ein Felstölpel.« Sie lachte, trat auf ihn zu und knuffte ihn freundschaftlich in die Seite. »Ich werde immer besser, nicht wahr?«
    »Du warst schon immer die Beste im Anschleichen. Ich weiß nur nicht, warum du es ausgerechnet mir immer wieder beweisen musst.«
    »Weil du der einzige Träumer auf dem Riff bist«, erklärte Caiwen neckend und unterstrich die Worte mit einer ausladenden Geste. »Oder siehst du hier noch jemanden herumsitzen und die Wellen anstarren?«
    »Fang du nicht auch noch damit an.« Heylon seufzte und senkte den Blick. Caiwen entging der Stimmungswechsel ihres Freundes nicht. »Gab es wieder Ärger?«, fragte sie mitfühlend.
    Heylon setzte sich auf den Felsen und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. »Es ist immer das Gleiche. Er versteht mich einfach nicht.«
    »Das tut mir leid.« Caiwen setzte sich neben ihn und strich ihm mit der Hand tröstend über den Rücken. »Aber er liebt dich. Das ist das Wichtigste.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.« Heylons Stimme zitterte, als er sich bückte, einen Stein aufhob und über den Abgrund schleuderte.
Die ungewohnt heftige Reaktion ihres Freundes erschreckte Caiwen. Ihre feinen Sinne spürten sehr deutlich, dass etwas Ernstes vorgefallen sein musste. Heylon und sein Vater stritten ständig, weil ihr Freund nicht so war, wie Emeric sich seinen Sohn wünschte. Heylon war ihm nicht stark und mutig genug. Es gelang ihm nicht, seine Gefühle vor den anderen zu verbergen, und was noch schlimmer war, er konnte nicht töten. Heylon und Caiwen waren die Einzigen auf dem Riff, die noch nie einen Felstölpel erlegt hatten. Doch was man bei einem Mädchen zähneknirschend duldete, machte einen Jungen unweigerlich zum Außenseiter. Die Jagd auf Felstölpel war die Lieblingsbeschäftigung der Halbwüchsigen auf dem Riff. Während die kleineren Kinder lediglich die Eier aus den Nestern sammelten, übten sich die älteren schon ab einem Alter von acht Wintern im Umgang mit Pfeil und Bogen. Sobald sie geschickt genug waren, nahmen ihre Väter sie mit zu den Klippen. Der erste selbst erlegte Tölpel galt als Zeichen der Ehre, die dem erfolgreichen Jäger fortan gestattete, auch allein zu den Klippen zu gehen, um zu jagen.
    Im Alter von fünfzehn Wintern durften die Jungen dann das erste Mal mit zur Suche an den Strand. Ein Ereignis, dem die meisten viele Winter lang entgegenfieberten, aber auch eine Bewährungsprobe für die jungen Männer. Caiwen beneidete sie nicht um die zweifelhafte Ehre, an der die Frauen nie teilhatten. Es war schon schwer genug, einen Vogel zu töten. Da unten am Strand aber ging es um Menschenleben …
    Obwohl Heylon nie einen Felstölpel geschossen hatte, hatte Emeric durchgesetzt, dass er die Männer kurz nach seinem fünfzehnten Lichttag auf die Suche begleiten durfte. Was dabei geschehen war, hatte Caiwen bis heute nicht in Erfahrung bringen können. Es musste für Emeric aber so demütigend gewesen sein, dass er seit diesem Tag kein freundliches Wort mehr mit seinem Sohn gewechselt hatte. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er Heylon noch am selben Abend verstoßen. Allein Heylons Mutter war
es zu verdanken, dass er darauf verzichtet hatte. Nach allem, was Caiwen seitdem mitbekommen hatte, fragte sie sich, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn Heylon das elterliche Haus verlassen hätte. Andererseits aber war die Insel zu klein, um sich wirklich aus dem Weg gehen zu können.
    »Alle Väter lieben ihre Söhne«, versuchte sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher