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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen
Autoren: PeP eBooks
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machte es Lenval besonders schwer. Sie lag in der Nähe der Schiffstaue und war von den Wellen bereits zur Hälfte im Sand eingespült worden. Den nassen Sand wegzuschaufeln, war anstrengend, und immer wieder machten die Ausläufer großer Wellen die Arbeit zunichte.
    Lenval schwitzte. Es war die letzte Kiste in diesem Abschnitt, und er war fest entschlossen, sie zu bergen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass die anderen bereits damit begonnen hatten, die Beute die Klippen hinaufzuschaffen. Eine kräftezehrende Arbeit, bei der jeder Mann gebraucht wurde. Lenval biss die Zähne zusammen und schaufelte schneller. Es war nicht seine Art, so kurz vor dem Ziel aufzugeben. Er würde …
    Ein leises Wimmern riss ihn aus seinen Gedanken und versetzte ihm einen Stich. Caiwen! Für den Bruchteil eines Augenblicks
glaubte Lenval, sein Herz würde stehen bleiben. Hatte er nicht eben ein Kind weinen gehört? Unfähig, den nächsten Spatenstich zu tun, hielt er inne und schaute sich um. Über ihm zog ein großer schwarzer Vogel seine Kreise und stieß dabei krächzende Laute aus.
    Ein Trauervogel …
    Das Wort schlich sich wie von selbst in Lenvals Gedanken. Nie zuvor hatte er einen Vogel wie diesen gesehen, aber dass er gerade jetzt und hier auftauchte, erschien ihm wie ein Zeichen der Götter, die um seinen Schmerz wussten.
    Jemand hatte nicht weit entfernt zwei Fässer Wein entdeckt. Die begeisterten Rufe der Männer lenkten Lenvals Aufmerksamkeit kurzfristig auf das Geschehen am Strand. Als er sich wieder umdrehte und nach dem seltsamen Vogel Ausschau hielt, war dieser verschwunden.
    Eine Raubmöwe hockte stattdessen auf dem Haufen aus Seilen und Tauen und schaute ihn aus großen, dunklen Augen an. Lenval schalt sich einen Dummkopf. Bei aller Trauer durfte er nicht zulassen, dass ihm seine Sinne einen Streich spielten. Er packte den Spaten fester und begann zu graben, da hörte er das Weinen erneut.
    Lenval hielt verwirrt inne. Das konnte nicht sein. Das war unmöglich. Hier gab es weit und breit kein Kind, das …
    Er stockte, als das Weinen lauter wurde. Es klang ganz nah und kam von der anderen Seite der mit Seetang bedeckten Takelage.
    Lenval rammte den Spaten in den Sand, ging langsam um den Haufen herum und prallte erschrocken zurück. Vor ihm lag eine Frau. Ihr Körper war von Seilen und Seetang bedeckt und wurde schon von den Wellen der einsetzenden Flut umspült. Das Gesicht lag in einer flachen Mulde voller Salzwasser. Sie war bleich und hatte die Augen geschlossen. Ihr langes hellblondes Haar fiel ihr in nassen, sandverklebten Strähnen ins Gesicht. Trotzdem war sie die schönste Frau, die Lenval jemals gesehen hatte.

    Im ersten Augenblick glaubte er, vor einer Nymphe zu stehen, jenem schicksalhaften Meereswesen, das, glaubte man den Legenden, so viele seiner Vorfahren in einen nassen Tod gelockt hatte. Aber dann erkannte er, dass sie Beine hatte und keinen Fischschwanz, wie es den Nymphen nachgesagt wurde.
    Lenval hatte in seinem Leben schon viele Schiffbrüchige gesehen und in Mar-Undrums Hände zurückgegeben. Diese Frau aber war die Erste, die etwas in ihm berührte. Er konnte es nicht in Worte fassen. Eines aber wusste er ganz sicher, er würde sie niemals töten können.
    Ein leises Wimmern erinnerte ihn daran, warum er hier war. Er bückte sich, hob die nassen Taue etwas an und spähte in das Dunkel darunter. Dann sah er das Kind. Fest in ein dunkles Öltuch gewickelt, lag es etwas oberhalb der Frau auf dem Sand, ganz so, als hätte sie versucht, es noch weiter den Strand hinaufzuschieben, ehe die Wellen sie unter den Überresten der Takelage begruben. Ihre schlanken, bleichen Finger umklammerten noch immer einen Zipfel des Öltuchs.
    Das Kind war wach.
    Ein Sonnenstrahl fiel auf das pausbackige Gesicht, als Lenval vorsichtig Taue und Tampen beiseiteschob, um es näher zu betrachten.
    Ein Mädchen.
    Caiwen.
    Lenval schluckte trocken. Die Kleine hatte Ähnlichkeit mit seiner geliebten Tochter, und ihm war, als hätte das Schicksal ihm eine zweite Chance gegeben. Dass er das Kind gerade heute fand, war mehr als ein Zufall.
    Die Seelen von Mutter und Kind gehören Mar-Undrum, wisperte es hinter seiner Stirn. Du darfst das Gesetz nicht brechen . Lenval keuchte auf. Hin und her gerissen zwischen der Pflicht, das Kind und die Frau wieder dem Wasser zu übergeben, und dem Wunsch, dem tragischen Verlust der Nacht etwas entgegenzusetzen,
starrte er das Kind an. Es hatte aufgehört zu weinen und streckte ihm seine
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