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135 - In der Falle

135 - In der Falle

Titel: 135 - In der Falle
Autoren: Jo Zybell
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guter Gesellschaft«, sagte von Leyden. »Bei deiner Pistole, deiner Uhr und all dem Zeug aus deinem lustigen Koffer. Ein tolles Gerät übrigens…« Er öffnete seinen Helm, klappte ihn zurück und machte einen Schritt auf sie zu.
    »Komm, ich tröste dich ein bisschen…«
    Jenny schlug seine Hände weg, lief ins Schlafzimmer und warf die Tür hinter sich zu.
    ***
    Ruinen am Rande von Berlin, November 2520
    Ein Traum: Ihre Mutter kommt die Treppe herauf gelaufen; Canada überholt sie, wedelt mit dem Schwanz, bellt übermütig, und kaum lässt er die letzte Stufe hinter sich, springt er sie jaulend vor Freude an.
    Er leckt ihr über Augen und Lippen, leckt ihr die Wangen ab. Und dann sitzt sie auf der Schaukel, schwingt hin und her, und ihre Mutter hinter ihr stößt sie an und singt das Lied vom Vogel, der in die Welt hinaus fliegt und der, wenn er zurückkehrt, alles erzählen wird, was er gesehen hat. Schön.
    Aber nur ein Traum.
    Sie weiß es. Deswegen weint sie, als der Traum sie weckt.
    »Jennymom!«, ruft sie. Sie öffnet die Augen, zittert. Auf den Knien kriecht sie zu den Gitterstäben, hält sich fest – »Jennymom…« Sie wimmert leise vor sich hin.
    Außerhalb des Käfigs, an der Wand neben der Tür, liegt Tilmo in Felle gewickelt auf einem Strohsack. Er blinzelt, hebt ein wenig den Kopf und murmelt: »Halts Maul.« Dann schließt er die Augen wieder, lässt den Kopf sinken und schläft weiter.
    Wie böse er geworden ist. Wodurch kann ein Mensch, der so gute Augen hat, auf einmal so böse werden? Es muss an Arnau liegen.
    Ann krabbelt in die Mitte ihres kleinen Käfigs aus geschälten Ästen. Jeder Ast ist dicker als ihr Arm, und sie sind mit Sehnen über Kreuz gebunden. Sie bilden kleine Fenster, so eng, dass Ann ihren Kopf nicht hindurch stecken kann. Auch kann sie die Knoten in den Sehnen nicht lösen, und schon gar nicht kann sie einen der Äste zerbrechen.
    Sie setzt sich auf ihre Fersen und rafft die stinkenden Felle und Decken im Käfig zusammen. Die Wände des Raumes außerhalb der Gitterstäbe sind schmutzig und feucht und voller Moos, außerdem ist es kalt. Der Wind bläst durch ein großes Loch in der Außenwand. Sie kann hinunter in das hohe Gras und die Büsche zwischen den Ruinen sehen.
    Der böse Arnau hat sie hierher geschafft. Vorher war sie in einem alten Feuervogel eingesperrt gewesen. In so einem Ding wie jenes, mit dem ihre Mutter einst in Berlin gelandet ist; damals war sie noch nicht geboren. Es ist wärmer gewesen in dem Feuervogel. Der Wind hat nicht hinein geblasen.
    Sie hüllt sich in die Decken und Felle und beginnt hin und her zu schaukeln und zu singen. »Jennymom wird mich holen«, singt sie, »weil Canada meine Spur findet. Und wenn er mich nicht findet, und wenn Jennymom mich nicht holen kann… dann wird Dad kommen und mich retten…«
    »Halt endlich das Maul!«, blafft Tilmo hinter ihr.
    »… mein Dad heißt Matt, und er ist stark. Er wird den Käfig zerbrechen, er wird Tilmo verhauen, er wird Arnau bestrafen, und er wird…«
    »Maul halten, verdammt!« Auf einmal kniet Tilmo neben dem Käfig und rüttelt daran. »Maul halten, oder ich komm rein…!« Sein Gesicht ist so hässlich geworden, seine Augen sind wie die eines Toten. Das ist, seitdem er Arnau gehorcht. Genau – der böse Arnau hat das Licht aus Tilmos Augen weggenommen!
    Plötzlich ertönt ein Bellen. Ann springt auf, Decken und Felle fallen von ihr ab. Sie lauscht. Wieder Gebell. »Canada!«, keucht sie und klettert blitzschnell bis zum Deckel ihres Käfigs hinauf. Von dort kann sie durch die Wandlücke bis hinunter in den Wald schauen. Da läuft ein schwarzer Hund durch das Gestrüpp! Und ein großer dicker Mann schaukelt hinter dem Hund her. »Bullo…«, flüstert sie. »Canada!«, schreit sie.
    Tilmo hat inzwischen den Käfig geöffnet. Er springt zu ihr, pflückt sie von der Käfigwand und schlägt ihr ins Gesicht.
    »Bullo…!«, will sie schreien, doch Tilmo hält ihr den Mund zu. Sie strampelt, trommelt mit ihren Fäustchen in seinem Gesicht herum. Er packt ihren Hals und drückt zu, schlägt ihren Kopf auf den Käfigboden, dass ihr schwarz wird vor Augen und sie schließlich erschlafft. Endlich lässt er von ihr ab.
    »Ich bin doch noch so klein«, keucht sie. »Ich bin doch noch so klein…« Tilmo steckt ihr ein Tuch in den Mund und verknotet es in ihrem Nacken.
    ***
    Erinnere dich…
    Doch die Erinnerungen entglitten ihr, sobald sie eine davon festzuhalten versuchte. Der Gang jenseits der
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