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135 - In der Falle

135 - In der Falle

Titel: 135 - In der Falle
Autoren: Jo Zybell
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Glasfront, die große Milchglastür, das breite Treppenhaus aus blauem Marmor, das großzügige Foyer mit dem Kronleuchter – war sie hier je zuvor gewesen? Nie.
    »Du musst ruhig bleiben«, redete sie gegen Verwirrung und Panik in ihrer Brust an. »Du musst nachdenken, ganz kühl nachdenken…«
    Merkwürdig war vor allem eines: Niemand begegnete ihr.
    Auch hörte sie keinerlei Geräusche; keine Stimmen, kein Türenschlagen, keine Schritte, nichts. Sie schien vollkommen allein zu sein in diesem großen Gebäude.
    Nach links und rechts blickend, schritt sie dem Ausgang entgegen. Da! Ein Geräusch! Sie blieb stehen und lauschte. In einer vertikalen Glasröhre auf der rechten Seite des Foyers glitt ein Aufzug nach unten. Ein Mann stand darin, dunkelhäutig und in einem weißen Kittel. Er verzog keine Miene, während der Lift ihn durch ihr Blickfeld trug. Drei Wimpernschläge später war er wieder verschwunden.
    Sie zögerte keine Sekunde: Zurück ins Treppenhaus, hinunter in den Keller – keine Spur von dem Mann. Weiter, hinunter in die Tiefgarage. Sie hetzte die Treppen hinab. War es ein Arzt gewesen? Er musste ihr sagen können, wie sie hierher gekommen war, was man ihr angetan hatte. Sie riss die Metalltür zur Tiefgarage auf.
    Ein silbergrauer Wagen brauste soeben die Rampe hinauf und durch das offene Tor in die Dunkelheit. Sie spurtete hinterher, glitt unter dem sich senkenden Tor hindurch nach draußen. Die Rücklichter verschwanden schon in der Nacht.
    Hinter ihr schloss sich das Tiefengaragentor.
    Über einen Zufahrtsweg gelangte sie zu einer breiten Straße.
    Sie blickte zurück auf den großen Gebäudekomplex, betrachtete den schmalen beleuchteten Parkweg rechts – nein, all das hatte sie nie zuvor gesehen, diese vierspurige Straße hier nicht, die Gebäude hinter ihr nicht, und auch nicht den angrenzenden Park.
    Sie wandte sich nach rechts, um nicht von den entgegenkommenden Fahrzeugen geblendet zu werden.
    Jemand hupte und fuhr langsam an ihr vorbei. Das Kennzeichen begann mit einem B. Menschen glotzten aus den Wagenfenstern, lachten und winkten. Sie winkte zurück, wollte einen der Fahrer zum Anhalten bewegen. Irgendjemand musste ihr doch erklären, was hier vorging!
    Ein Wagen senkte die Seitenfenster ab, als er sie im Schritttempo überholte. Ein junger Bursche auf dem Beifahrersitz winkte, grölte Zoten, machte obszöne Gesten.
    Jetzt erst wurde sie sich ihrer Nacktheit wieder bewusst.
    Sie lief in den Park, folgte nicht den beleuchteten Parkwegen, sondern marschierte parallel zur breiten Straße über Wiesen und durch Gebüsch.
    Ich brauche Kleider… ich falle zu sehr auf. Wie bin ich nur hierher gekommen?
    Sie verfiel in Laufschritt. Das Gras unter ihren Fußsohlen war feucht. Bald erreichte sie den Rand des Parks. Vor ihr wieder eine breite Straße, gegenüber Hausfassaden, links eine Kirche, rechts ein Straßenschild. AM FRIEDRICHSHAIN, las sie.
    Sie lief über die Straße. Hupen tönten, Bremsen quietschten.
    Sie nahm die nächste Gasse, die von der Straße weg führte, kam irgendwann am Durchgang zu einem Hinterhof vorbei – und blieb stehen.
    Im Hof – oder war es ein altes Fabrikgelände? – standen drei Männer um eine Tonne. Aus der Tonne schlugen Flammen. Die Männer lachten, eine Flasche wanderte von Hand zu Hand. Sie ging zu ihnen. »Hey, wir kriegen Besuch!«, krähte einer. »Wer hat dich denn bestellt?«, ein anderer. Es waren bärtige, abgerissene Gestalten. Sie wärmten sich am Feuer. »Einigen wir uns lieber, wer sie bezahlt«, brummte der dritte Mann.
    Sie begriff nicht, was die Kerle da redeten. »Ich brauche etwas zum Anziehen«, sagte sie und stellte sich an die Sonne.
    »Anziehen? Ach wo!« Der Mann neben ihr grapschte nach ihren Brüsten. »Lass doch an, wasde da anhas! Jefällt uns jut…!« Die anderen lachten. Sie schlug dem Mann die Hände weg, doch schon umringten sie alle drei, griffen in ihr Haar, fassten zwischen ihre Beine und nach ihren Brüsten und stießen widerliche Worte aus.
    »Weg!« Sie schlug um sich. »Loslassen!« Sie trat, sie biss und kratzte, rammte die Ellenbogen in alle Richtungen.
    Sekunden später lagen zwei der Kerle reglos neben der umgestürzten Tonne in ihrem Blut. Der dritte rannte schreiend zur Hofausfahrt. Sie hinterher. Er durfte nicht entkommen, sie brauchte seine Kleider.
    Auf der Straße, vor der Einfahrt, hielt ein Polizeiauto. Zwei Uniformierte sprangen heraus. Einer packte den Flüchtenden, der zweite rannte ihr entgegen, hielt sie
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