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1313 - Der falsche Engel

1313 - Der falsche Engel

Titel: 1313 - Der falsche Engel
Autoren: Jason Dark
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eine Falle zu stellen? Dass ein Gegner auf meine Hilfsbereitschaft spekulierte und diese nun ausnutzte, um mich ins offene Messer laufen zu lassen?
    Daran hatte ich zwar vor unserem Treffen kurz gedacht, nun aber drängte sich der Gedanke nahezu auf. Nur traute ich mich nicht, Lorna danach zu fragen, weil ich sie nicht verunsichern wollte.
    »Lassen Sie uns gehen!«
    Der Satz wurde von einem rauschenden und ratternden Geräusch verschluckt, als über unseren Köpfen ein Zug über die Brücke donnerte und für einige Vibrationen sorgte.
    Lorna ging jetzt sehr schnell, als könnte sie es nicht erwarten, früh genug ans Ziel zu gelangen. Sie ging erst langsamer, als sie die Brücke hinter sich gelassen hatte.
    Als ich sie einholte, schaute sie kurz zurück. »Ich… ich … habe immer Angst, dass die Brücke zusammenbricht, wenn ich darunter herlaufe, ehrlich, John.«
    »Sie hat so lange gehalten, dass sie auch weiterhin halten wird.«
    »Meinen Sie?«
    »Bestimmt.«
    Sie schüttelte sich. Ich hatte sie nicht beruhigen können und sprach auch nicht weiter auf sie ein, denn die neue Umgebung war für mich interessanter geworden.
    Die Straße gab es noch. Sie durchschnitt nur nicht mehr die beiden Häuserzeilen. Rechts lag ein Brachgelände, das wohl zur Bahn gehörte. Links von uns breiteten sich die Gärten aus, die auch nicht unbedingt so freilagen, weil sie teilweise von alten Mauerresten verdeckt wurden.
    Für einen Schrebergarten war das Gelände nicht eben ideal. Auf der anderen Seite sucht sich jeder Mensch einen kleinen Flecken Grün, auf dem er sein Glück finden und verteidigen kann.
    Mir ging ein bestimmter Satz nicht aus dem Kopf. Lorna Peel hatte vom »Lauern im Dunkeln« gesprochen. Bis es dunkel wurde, hatten wir noch einige Stunden Zeit, sodass die Gefahr eigentlich jetzt nicht bestand. Allerdings konnte sie mit dem Begriff Dunkel auch etwas im übertragenen Sinne gemeint haben.
    Es war vieles möglich. Für mich blieb sie nach wie vor eine rätselhafte Person.
    Das Gelände der im Schatten der Bahnlinie liegenden Schrebergärten war durch einen Maschendrahtzaun gesichert. Für mich war er nicht mehr als ein Provisorium. Jeder Eindringling hätte ihn mit spielerischer Leichtigkeit überklettern können. Auch die alten Mauern waren kein Hindernis. Zudem wurde das Gelände an einer Seite durch die Böschung des Bahndamms begrenzt. Darauf wuchs Gras, und auch hüfthohe Sträucher hatten sich dort ausbreiten können.
    Lorna hatte es jetzt eilig. Sie ging so schnell, dass ich zurückgeblieben war. Erst als sie stehen blieb, holte ich sie wieder ein. Sie stand vor einem Tor aus Draht mit Verstärkungen aus Metall an den Seiten. Abgeschlossen war es nicht. Sie schob es auf und betrat das Gelände, das auf den ersten Blick recht übersichtlich, allerdings auch menschenleer war. Es wunderte mich etwas. Bisher war ich davon ausgegangen, dass der Frühling die Menschen in die Gärten trieb. Das war hier jedoch nicht der Fall.
    »Kommen Sie, John.«
    »Okay, wie Sie wollen.«
    Bisher war ich nur hinter ihr hergegangen und wusste verdammt wenig über ihre Beweggründe. Das sollte sich ändern. Jedenfalls nahm ich es mir fest vor.
    Ich kannte ähnliche Gartenanlagen. Keine war wie diese. Sie wirkte ungepflegt. Die Beete mochten im Winter kahl gewesen sein.
    Jetzt waren sie bereits vom Gras und anderen Pflanzen überwuchert. Löwenzahn schimmerte in einem hellen Gelb. Wilde Tulpen ließen ihre Kelche in verschiedenen Farben blühen. Es war alles irgendwie zu feldmäßig. Nichts wirkte kultiviert. Das galt auch für die kleinen Lauben und Hütten. Auch sie machten einen verlassenen Eindruck, und so kam mir in den Sinn, dass diese Anlage bald nicht mehr gebraucht wurde.
    Ich fragte Lorna Peel danach.
    »Ja«, sagte sie und blieb stehen. »Sie haben Recht, John. Diese Anlage ist verlassen.«
    »Warum?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Den genauen Grund kenne ich auch nicht. Angeblich hat die Bahn das Gelände aufgekauft. Sie will weiter ausbauen. Damit wollen sie im Sommer anfangen. Da haben auch die Proteste nichts genutzt, die Bahn war stärker.«
    »Das ist auch für Sie schlecht, nicht wahr?«
    Lorna zuckte nur mit den Schultern und ging vor. Sie nahm den breitesten Weg, der ebenfalls ungepflegt wirkte. Zu den einzelnen Gärten hin führten schmale Pfade. Die durchsichtigen Zäune hingen oft schief oder waren zusammengedrückt worden. Auch die Lauben sahen aus, als hätten ihre Besitzer sie lange nicht mehr betreten.
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