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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers
Autoren: Tom Clancy
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Das gestanden selbst die Ausbilder dort ein. Außerdem empfahlen sie den Absolven-ten, sich auf ihren Instinkt und ihre Erfahrung zu verlassen…
    Aber Carusos Erfahrung belief sich gerade mal auf ein knappes Jahr.
    Trotzdem …
    Er hielt an.
    »Caruso für Leitstelle Birmingham.«
    »Ich höre, Dominic«, antwortete Sandy Ellis.
    Caruso gab seine Position durch. »Ich melde einen 10-7, um mir die Sache mal anzusehen.«
    »Roger, Dom. Brauchst du Verstärkung?«
    »Negativ, Sandy. Wahrscheinlich ist da gar nichts, ich klopfe nur mal an und rede ein paar Worte mit dem Bewohner.«
    »Okay, ich bleib dran.«
    Caruso besaß kein Handfunkgerät – so etwas gehörte zur Ausrüstung von Polizisten, aber nicht zu der von FBI-Agenten –, sodass er nun bis auf sein Handy keine Möglichkeit mehr hatte, Kontakt zur Zentrale aufzunehmen.
    Seine eigene Feuerwaffe, eine Smith & Wesson Modell 1076, steckte sicher im Halfter an seiner rechten Hüfte. Er stieg aus dem Wagen und drückte die Tür leise zu, ohne sie zu verriegeln. Das Zuschlagen von Autotüren erregte immer Aufmerksamkeit, und das wollte er vermeiden.
    Er trug einen dunkel-olivgrünen Anzug – ein glücklicher Zufall, wie Caruso fand. Er bog in den Weg ein. Zuerst würde er sich den Transporter ansehen. Er ging in norma-lem Tempo und ließ die Fenster des schäbigen Hauses dabei nicht aus den Augen. Halb hoffte er, ein Gesicht zu entdecken, aber als er es recht bedachte, war er doch froh, dass 24

    keins erschien. Der Ford war schätzungsweise sechs Jahre alt. Kleinere Beulen und Lackschäden an der Karosserie.
    Der Fahrer hatte rückwärts eingeparkt, dicht am Haus und mit der Schiebetür zum Eingang, wie es ein Handwerker getan hätte. Oder jemand, der unauffällig einen kleinen, sich wehrenden Körper ins Haus schaffen wollte. Caruso hatte seinen Mantel aufgeknöpft und achtete darauf, die rechte Hand frei zu haben. Schnell ziehen war etwas, das jeder Polizist der Welt trainierte – viele übten es vor dem Spiegel. Nur ein Vollidiot hätte allerdings in derselben Bewegung abgedrückt, denn auf diese Weise traf man garantiert nicht.
    Caruso ließ sich Zeit. Auf der Fahrerseite war das Fenster heruntergelassen. Der Innenraum war fast vollständig leer.
    Auf dem unlackierten Metallboden lagen nur das Reserve-rad, ein Wagenheber … und eine große Rolle Dichtungsband. Das Zeug fand man überall. Das lose Ende klebte auf dem Boden, als hätte jemand vermeiden wollen, es beim nächsten Mal erst mit den Fingernägeln abknibbeln zu müssen. Auch das war nichts Ungewöhnliches. Hinter dem Beifahrersitz klemmte eine kleine Matte – nein, sie war auf dem Boden festgeklebt, wie Caruso bemerkte. Und hing da nicht ein Stück Klebeband an dem metallenen Sitzgestell?
    Was das wohl zu bedeuten hatte …
    Warum ausgerechnet an dieser Stelle?, fragte sich Caruso.
    Plötzlich begann die Haut auf seinen Unterarmen zu prickeln – ein Gefühl, das er noch nicht kannte. Er hatte noch nie selbst jemanden festgenommen, hatte es auch noch nicht mit schweren Verbrechen zu tun gehabt, wenigstens nicht unmittelbar. In Newark war er zusammen mit einem Kollegen damit betraut gewesen, nach Flüchtigen zu fahnden, allerdings nur für kurze Zeit, und wenn sie einen dingfest machen konnten – was insgesamt dreimal vorkam –, hatte immer der andere, erfahrenere Agent den Einsatz geleitet.
    Inzwischen besaß Caruso zwar selbst mehr Erfahrung, war kein blutiger Anfänger mehr, aber besonders lange arbeitete 25

    er nun doch noch nicht in dem Beruf, wie er sich eingeste-hen musste.
    Caruso wandte sich dem Haus zu. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Was genau hatte er in der Hand? Nicht viel. Er hatte einen gewöhnlichen Kleinlaster inspiziert, in dem keinerlei direktes Beweismaterial zu finden war, nur eine Rolle Dichtungsband und eine kleine Matte auf dem Metallboden.
    Trotzdem …
    Der junge Agent zog sein Handy aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste für seine Dienststelle.
    »FBI. Was kann ich für Sie tun?«, fragte eine weibliche Stimme.
    »Caruso hier, ich muss Ellis sprechen.«
    »Was gibt’s, Dom?«, fragte Ellis nur eine Sekunde später.
    »Ein weißer Ford Econoline Van, Kennzeichen Alabama Echo Romeo sechs fünf null eins, geparkt an meinem Standort. Sandy …«
    »Ja, Dominic?«
    »Ich klopfe jetzt bei diesem Burschen an.«
    »Brauchst du Verstärkung?«
    Caruso dachte kurz nach. »Positiv – Roger.«
    »Ein Deputy des County Sheriffs ist in etwa zehn Minuten bei dir. Warte so
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