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109 - Die Atemdiebin

109 - Die Atemdiebin

Titel: 109 - Die Atemdiebin
Autoren: Bernd Frenz
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eine Delikatesse als eine tödliche Gefahr zu denken schien. »Sie machen mich wirklich neugierig, mon Capitaine.«
    Matt bewunderte die geschickte Art, mit der Selina zu Werke ging. Sicher, in den letzten Wochen hatten alle an Erfahrung und Routine dazu gewonnen, doch bei ihr war es noch mehr. Sie besaß einfach das Talent, sich intuitiv auf jeden neuen Gesprächspartner einzustellen. Mit einer einladenden Geste bat sie Dufaux an Bord. Zusammen mit Farmer ging sie voran.
    Matt ließ ihnen den Vortritt. Er hatte schon genügend Vorträge über die Bedrohung aus dem Kratersee gehalten und war froh, dass Selina ihm diese lästige, wenn auch wichtige Aufgabe abnahm.
    Franzosen und Briten waren schon im Inneren des EWATs verschwunden, als ihm endlich auffiel, dass noch jemand fehlte. Verwundert drehte er sich nach Aruula um, bekam von ihr nur aber noch den Rücken zu sehen. Wortlos marschierte sie in Richtung Hütten und Unterstände davon, wo die Barbaren weiterhin mit großen Augen herüber starrten.
    ***
    Aruula fühlte einen ungesunden Zorn durch ihre Adern pulsieren. Reden, reden, reden! Und dabei schön tun! Das war alles, was die anderen konnten. Dabei ging es immer um das Gleiche. Um das Serum, die ISS-Funkgeräte, die Translatoren und die Daa'muren. Sie hatte Maddrax und Selina schon so oft zugehört, dass sie selbst Vorträge darüber halten konnte. Nur dass sie dazu keine Lust hatte. Zu viel Gerede ödete an.
    Was sie brauchte, war Bewegung an der frischen Luft.
    Jagen, laufen, das Schwert schwingen. Alles, nur nicht schon wieder um einen Tisch sitzen, den Bildschirm anstarren und reden. So wie jedes Mal, wenn sie einen neuen Bunker fanden.
    Mit raumgreifenden Schritten näherte sie sich dem aus Holz gezimmerten Unterstand, von dem ein Dutzend Barbaren herüber sahen, als ob sie gerade vom Himmel gefallen wäre.
    Na ja, irgendwie war Aruula das ja auch. Die Tekknik-Magie des EWATs war ihr schon so zur Gewohnheit geworden, dass sie sich kaum noch Gedanken darüber machte.
    »Was ist los?«, blaffte sie, bevor sie sich, beide Hände in die Hüften gestemmt, vor den Männern und Frauen aufbaute. »Hat es euch die Sprache verschlagen, oder was?«
    Die Angesprochenen verstanden jedes Wort, obwohl sie auf den Translator verzichtete. Barbaren in ganz Euree bedienten sich der Sprache der Wandernden Völker, auch wenn die Dialekte von Landstrich zu Landstrich variierten.
    Die Überraschung der Einheimischen war groß. Tuschelnd steckten sie ihre Köpfe zusammen, bis endlich einer vortrat und das Wort an sie richtete. Es war der Älteste der Truppe. Ein Mann Ende vierzig, dessen schwarzes Haar sich bereits lichtete und der, wie die anderen, Lederstiefel, gegerbte Hosen und eine Felljacke trug. Über dem Schnürhemd wölbte sich ein metallverstärkter Harnisch und an seinem Gürtel hing ein Breitschwert, doch er schien eher ein Jäger als ein Krieger zu sein. So hielt er auch eine Fellkappe statt eines Helms in Händen und knetete sie nervös, während er Aruula aus wasserblauen Augen musterte.
    »Du bist wohl keine Techno, häh?«, brachte der Jäger endlich hervor.
    Aruula lachte. »Sehe ich so aus? Nein, ich bin wie ihr.«
    Das Erstaunen der Gruppe wuchs weiter an.
    »Ich hab's doch gesagt«, wagte sich nun eine blonde Frau aus der Deckung, höchstens dreißig Sommer alt, aber schon mit tiefen Falten in den Augenwinkeln. »Du und deine Freunde würdet doch sonst auch Glashelme tragen.«
    Aruula genoss die Beachtung, die ihr von allen Seiten entgegenschlug. An Bord der Explorer mochte ihr manches Wissen fehlen, doch hier, unter ihresgleichen, erhob sie das, was sie in den vergangenen Jahren gelernt hatte, weit über die anderen. Lächelnd stellte sie sich vor und suchte das Gespräch.
    »Wie kommt es, dass ihr fliegen könnt wie die Vögel?«, fragte die Blonde, endgültig frei von aller Scheu. »Das vermögen nicht einmal die Technos von Geenislaaval, dort drüben, die unter dem Glaspalast leben. Und ihre Macht ist größer als jede andere, dies- und jenseits der Berge.«
    »Schweig doch, Blaance«, tadelte der Ältere, der sich wohl in den Hintergrund gedrängt fühlte. »Unsere Besucherin möchte sicher nicht mit Fragen belästigt werden.«
    Damit lag er falsch. Aruula wollte sich nur zu gerne unterhalten. Mit ganz normalen Menschen, in ihrer eigenen Sprache. »Unsere Tekknik ist eben mächtiger als die eurer Kugelköpfe«, prahlte sie leichthin. »Das, was ihr vorhin gesehen habt, war noch nicht alles. Der
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