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1086 - Der Vampir und der Engel

1086 - Der Vampir und der Engel

Titel: 1086 - Der Vampir und der Engel
Autoren: Jason Dark
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unterwegs gewesen und hätte nicht geschlafen.
    Zwei Sitze weiter drehte sich eine ältere Frau zu Estelle herum, als sie kurz stehenblieb.
    »Habe ich etwas an mir?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Warum sehen Sie mich dann so komisch an?«
    »Entschuldigen Sie.«
    »Vergessen.«
    Estelle Crighton ging weiter. Sie hielt sich immer an den Haltestangen fest und spürte, wie es in ihrem Innern anfing zu brodeln. Sie schwankte zwischen Hoffen und Bangen. Einerseits rechnete sie mit den Blutsaugern, andererseits hoffte sie, daß dieser Ezra York nur geblufft hatte.
    Wie auch immer, sie mußte ihre Aufgabe erledigen, und sie hatte den ersten Waggon sehr bald hinter sich gelassen. Das Mannequin gönnte sich eine kurze Pause, um tief durchatmen zu können. Sie stand zwischen zwei Wagen und sah wieder ihr Gesicht, das von der Scheibe aufgesaugt zu werden schien.
    Wann erreichte der Zug den nächsten Bahnhof? Wann konnte jemand aussteigen? Wer stieg neu ein, ohne sich der Gefahr bewußt zu werden, in die er sich begab?
    Der erste Blick in den nächsten Waggon. Er war in Abteile unterteilt. Sie waren nicht so groß wie in der ersten Klasse, aber die Aufmachung war ungefähr die gleiche.
    Die Tür, die Sitze, nur eben alles enger und auch mit Kunststoff gepolstert.
    Vor der ersten Tür blieb sie stehen. Rötlichbraune Vorhänge hingen rechts und links der Tür an den Scheiben nach unten. Auch wenn sie Proteste ernten würde, sie setzte jetzt alles auf eine Karte. Sie mußte sehen, wer sich im Abteil aufhielt.
    Sie zerrte am Griff.
    Nichts tat sich. Die Tür ließ sich nicht bewegen. Sie war von innen abgeschlossen.
    Das war ihr neu. Mißtrauen keimte in ihr hoch, und so trat Estelle einen kleinen Schritt zurück, damit sie die gesamte Tür im Blickfeld hatte.
    Da fiel ihr das Schild auf. Es war dicht unter dem oberen Rand angebracht.
    Personal-Abteil!
    Deshalb also war die Tür abgeschlossen. Estelle wollte weitergehen, als ihr etwas einfiel.
    Hatte Ezra nicht von einem Schaffner und einer Schaffnerin gesprochen, die bereits in Blutsauger verwandelt worden waren? Ja, das hatte er und die junge Frau bekam plötzlich einen trockenen Hals. Auch wenn die Tür nicht abgeschlossen gewesen wäre, hätte sie es nicht gewagt, sie ruckartig aufzuziehen. Sie hätte zunächst gelauscht, und das tat sie auch jetzt.
    Ihr rechtes Ohr neigte sie gegen die Tür. Es gelang ihr nicht, die Fahrgeräusche des Zugs zu vergessen. Sie kamen ihr hier lauter vor als in der ersten Klasse, aber sie waren nicht so intensiv, als daß sie nicht die Laute aus dem Abteil gehört hätte.
    Dort tat sich etwas…
    War es ein Keuchen, ein Stöhnen oder ein Schmatzen, was da durch die Tür drang?
    So genau konnte Estelle es nicht herausfinden. Es war auch nicht mehr unbedingt nötig, denn ein anderer Laut erregte ihre Aufmerksamkeit. Auf der anderen Seite der Tür und auch in Höhe des Schlosses bewegte sich etwas.
    Ein Schlüssel, Vierkant und…
    Sie dachte nicht mehr weiter.
    Jemand schob die Abteiltür sehr wuchtig auf.
    Estelle gelang es noch, ein Stück nach hinten zu springen. Sie prallte dabei mit dem Rücken gegen die Wand und stieß die linke Schulter gegen eine Scheibe.
    Vor ihr stand eine Frau.
    Hinter ihr wälzte sich ein Mann über den Sitz. Es war der ältere Schaffner, den sie schon kannte.
    Aber dessen Kollegin hatte sie noch nie gesehen.
    Sie war einige Jahre älter als Estelle, um die Dreißig herum. Der Mund war breit und blaß geschminkt, und der verzog sich plötzlich zu einem Lächeln.
    »Hallo«, sagte die Frau.
    Estelle nickte.
    »Kann ich dir helfen?«
    Dir hatte sie gesagt. Es war ein Zeichen, ein Hinweis. Den Beweis bekam Estelle zwei Herzschläge später.
    Da riß die Frau den Mund auf, präsentierte ihre spitzen Zähne und griff zugleich nach Estelles Handgelenk, um sie in das Abteil zum Blutmahl zu zerren…
    ENDE des ersten Teils
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