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0975 - Burning Man

0975 - Burning Man

Titel: 0975 - Burning Man
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
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betrachtete die Trophäe sehr lange. »Du hast den Sieg nicht allein errungen«, sagte er schließlich.
    »Nein«, gestand Nicole, ohne zu zögern. »Brad hat mir geholfen. Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft und wäre jetzt vermutlich tot.« Sie rechnete damit, dass der Indianer wütend werden oder wie anfangs einfach gar nicht mehr mit ihr sprechen würde.
    »Ein wahrer Krieger kennt keine Lüge. Er spricht stets wahr, auch wenn er damit seinen eigenen Mut schmälert. Das ist die wichtigste Eigenschaft eines jeden großen Kriegers. Damit hast du bewiesen, dass du würdig bist, die Geheimnisse zu erfahren, die ich seit vielen Jahrzehnten hüte.« Dann nahm er die Feder entgegen und legte sie zu seinen Traumfängern und Figürchen in die stets präsente Kiste.
    Ist das zu fassen?, dachte Nicole. Ich gehe bei der Aktion fast drauf, und ihm ist nur wichtig, dass ich die Wahrheit sage? Laut sagte sie nur: »Ich danke Ihnen.«
    Der Alte nickte, schloss die Augen und schwieg dann eine ganze Weile. Nicole blickte zu Brad, der nur den Kopf schüttelte. Schließlich öffnete der Indianer die Augen wieder. Sie wirkten wie zwei tiefe schwarze Seen, und als er sprach, schien seine Stimme aus einer anderen Zeit zu kommen, einer Zeit der Legenden und der Magie. Nicole lauschte gebannt, während der alte Mann erzählte. »Mein Volk ist alt. Es lebt schon lange in diesem Land. Wir sind die Söhne und Töchter von Sonne und Mond. Die Kinder des Großen Geistes. Meist herrschten Frieden und Wohlstand, doch es gab auch Krieg und Hunger. Aber wir überlebten auch die schlechten Zeiten, denn wir waren stets eins mit dem Land. Doch in diesem Land lebt auch etwas Böses. Es existiert sogar noch länger als mein Volk. Es entstand aus den Flammen, die die Welt erschufen, und lebt unter der Erde, aber es will immer nach draußen. Wir ließen es nicht hinaus, weil wir fürchteten, es würde uns vernichten. Im Laufe der Jahre sammelte es seine Kräfte, und schließlich brach es doch aus. Viele Menschen starben, und nur mithilfe der Schamanen aller Stämme gelang es, das Böse zurückzudrängen und wieder in die Erde zu verbannen. Dort lauert es im Feuer und wartet auf eine neue Gelegenheit, auszubrechen und die Welt zu verbrennen. In letzter Zeit ist es stärker geworden. Mit der Welt ist etwas geschehen, das ihm mehr Macht verliehen hat.«
    Nicole starrte ihn überrascht an. Kann er vom Untergang der Hölle und den Auswirkungen, die dieser auf das Gleichgewicht von Gut und Böse hatte, wissen?, fragte sie sich. Ist das Böse, von dem er spricht, vielleicht höllischen Ursprungs? Sie musste Zamorra über diese Möglichkeit informieren. Er befand sich irgendwo in der Wüste, in der dieses Ding vermutlich sein Unwesen trieb. Alles, was sie ihm mitteilen konnte, mochte helfen, es zu besiegen.
    »Vielen Dank, dass Sie Ihr Wissen mit mir geteilt haben«, begann Nicole. Aus dem Augenwinkel sah sie Brad, der schweigend dastand und nicht so recht zu wissen schien, was er tun sollte. Vielleicht lässt sich das, was mit ihm geschehen ist, ja rückgängig machen, überlegte sie. »Ich hätte noch eine weitere Bitte, wenn das nicht zu viel verlangt ist.«
    Der Indianer nickte stumm.
    »Es geht um Brad.« Der junge Mann zuckte bei der Erwähnung seines Namens zusammen, als wäre er mit den Gedanken ganz woanders gewesen. Dann trat er jedoch einen Schritt vor und stellte sich direkt neben Nicole. »Er wurde bei dem Kampf gegen Kojote verwundet. Ein Pfeil traf ihn ins Herz, doch es war nicht tödlich. Der Pfeil verschwand, und es blieb nur eine kleine Narbe zurück. Allerdings hat sich Brad dadurch verändert. Er kann nun Dinge sehen, die er vorher nicht sehen konnte. Magische Dinge.«
    »Ah«, meinte der Alte. »Ein Geisterpfeil.«
    »Was bedeutet das?«, wollte Brad wissen. »Was ist mit mir passiert.«
    »Du hattest Glück, Junge. Hättest du zu diesem Zeitpunkt nicht bereits Kojotes Totem besessen, wärst du tatsächlich gestorben. Doch Kojote kann sich mit seiner Macht nicht selbst schaden, daher wurdest du nicht zu einem Geist, sondern zu einem Geistermann. Du kannst zwischen den Welten wandeln und Dinge sehen, die anderen verborgen bleiben. In dir wohnt jetzt eine alte Kraft. Behüte sie wohl und sorge dafür, dass sie nicht für etwas Falsches verwendet wird.«
    »Soll das etwa heißen, dass man nichts dagegen tun kann?«, entfuhr es Nicole.
    »Ich kann ihm nicht helfen, und das ist auch nicht meine Aufgabe.«
    Brads Schultern sackten entmutigt
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