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0848 - Der alte Mann verfluchte mich

0848 - Der alte Mann verfluchte mich

Titel: 0848 - Der alte Mann verfluchte mich
Autoren: Jason Dark
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wurde. Ein wunderbares Erlebnis, das sie immer wieder genoß, wenn sie am Rand der Klippen stand und auf das Wasser schaute, das mit ungeheurer Wucht gegen die steile Felswand brandete und in langen Schaumstreifen in die Höhe stieg, bis sie zusammensackten und sich mit dem großen Wasser vereinten.
    Ein Bild, das Leben, das Energie, Wucht und Power bedeutet. Das aber auch Akzeptanz verlangte, mit dem sich der Mensch beschäftigen mußte, was Erica auch getan hatte.
    Sie hatte schon lange gewußt, wie sie den Tod umschlingen wollte, und sie tat wieder einen Schritt, als sie die rechte Hälfte des Vorhangs zur Seite zog.
    Draußen lauerte die Nacht wie ein riesiger Krake, der durch die Hausmauern ausgesperrt worden war. Dies konnte Freund und Feind sein, Erica sah sie als neutral an. Allerdings würde sie lieber in der Nacht dem Tod begegnen, und deshalb hatte sie sich auch für diese Zeit entschlossen.
    Es war windig geworden. Frühjahrsstürme kündigten sich an. Sie würden das Meer aufwühlen, um den Menschen zu beweisen, wie mächtig sie waren.
    Erica bewegte sich nicht. Sie stand in der Lücke zwischen den beiden Vorhanghälften und starrte die gewaltige Fläche an, auf der die hellen Kronen der Wellen wie lange, wertvolle Armbänder tanzten, wieder verschwanden, erneut hochkamen und andere Formationen bildeten, um gegen die Felsen getrieben und zerstört zu werden.
    Das Meer lockte sie. Es glich einem gewaltigen Magneten, der alles zu sich heranziehen wollte. Und sie, die sie bisher unbeweglich auf dem Fleck verharrt hatte, nickte dem Wasser zu, als wollte sie mit dieser Bewegung kundtun, daß sie den Lockruf endlich begriffen hatte. Sie würde kommen, sie würde es bald tun, denn der letzte Ton der Musik war endgültig verklungen.
    Ihre Hand rutschte am Rand des altroséfarbenen Vorhangs entlang. Wie von einem Faden gezogen.
    Als sie keine Berührung mehr spürte, klatschte die Hand gegen ihren rechten Oberschenkel, und dieses Geräusch war wie ein Signal. Die Frau drehte sich um. Sie richtete ihren Blick direkt gegen die breite Tür, schon mehr ein Portal, das ihr noch den Weg nach draußen versperrte.
    Nicht mehr lange, denn Erica ging auf den Ausgang zu. Wieder lauschte sie den eigenen Schritten, und sie nahm innerlich Abschied von diesem gewaltigen Haus, das einmal ihre Heimat gewesen war. Ihre großen Triumphe hatte sie in dem Haus gefeiert.
    Es lag tatsächlich noch nicht lange zurück. Ihr kam es vor, als wären es Jahre.
    Vor der Tür blieb sie stehen.
    Es war der zweitletzte Schritt. Den drittletzten hatte sie mit dem Ausklingen der Musik vollführt, und den allerletzten Schritt würde sie draußen gehen.
    Sehr langsam und auch sehr bewußt hob Erica den rechten Arm an und legte die Hand auf die schwere Klinke. Ebenso langsam drückte sie diese nach unten, zog die Tür aber noch nicht auf.
    Dafür seufzte sie schwer und drehte sich um, weil sie mit einem letzten Blick Abschied von dieser Halle nehmen wollte.
    Die roten Lippen und die Wimpern zuckten ein wenig, aber es zeigten sich keine Tränen. Sie hatte es hinter sich, es war vorbei.
    Heftig zerrte sie die Tür auf.
    Sofort packte sie der Wind.
    Die dicken Mauern des einsam liegenden Hauses hatten ihr die Ruhe nur vorgegaukelt. Jetzt erlebte sie zum erstenmal, welche Naturgewalten dort draußen tatsächlich tobten und nach ihr faßten, als wollten sie die einsame Frau schon jetzt auf die Klippen zu zerren, um sie hinab in die Fluten zu schleudern.
    Erica kämpfte. Sie stemmte sich gegen den Wind, und sie hatte die Kraft, um zu gewinnen.
    Vor dem ersten Schritt duckte sie sich. Eine kurze Drehung zur Seite, dann konnte sie auch die Tür zu zerren. Hart fiel sie ins Schloß. Der Knall hörte sich endgültig an, als wäre ein Sargdeckel wuchtig über ihr geschlossen worden.
    Erica lächelte, als sie daran dachte. Sie würde keinen normalen Sarg bekommen, sondern den großen, wunderbaren, einfach den Sarg, der Natur hieß.
    Der Winter kämpfte gegen den Frühling. Noch gab sich der kalte Bursche nicht geschlagen. Wind toste über das Land. Er spielte auch mit den Wolken und schuf schaurige Gebilde, die über den Himmel rasten wie Wolkenmalereien. Mal wuchtig, mal verzerrt, dann wieder große Lücken aufweisend, durch die der Mond sein Licht schicken konnte. Er war nicht voll, aber als schmale Sichel zu erkennen.
    Es gab einen Weg bis zu der Stelle, wo sie anhalten und in die Tiefe schauen würde. Zuerst nur schauen. Dann aber - sie lächelte bei diesem
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