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0848 - Der alte Mann verfluchte mich

0848 - Der alte Mann verfluchte mich

Titel: 0848 - Der alte Mann verfluchte mich
Autoren: Jason Dark
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über sich aufklären, sondern auch über ihren Vater.
    Ich bewegte mich mit raumgreifenden Schritten voran. Der Untergrund war wellig, eine Aneinanderreihung von mit hartem Gras bewachsenen Buckeln.
    Über sie jagte ich hinweg, achtete auch darauf, nicht in Mulden zu treten, hoffte nur, aufzuholen und schrie ihr nicht nach. Es hatte keinen Sinn. Der messerscharfe Wind hier oben hätte mir die Worte von den Lippen gerissen.
    Erica - es mußte Erica sein - lief weiter. Auch sie hatte gegen den Wind zu kämpfen. Sie bewegte dabei ihre Arme, sie schaukelte hin und her, sie stemmte sich nach vorn, manchmal taumelte sie auch zur Seite, so daß die Gestalt wirkte, als würde sie jeden Moment umfallen, aber Erica schaffte es, sich immer wieder zu fangen und ihren Weg fortzusetzen.
    Der Atem zischte vor meinen Lippen. Ich lief noch bergauf. Die Frau hatte vor mir das Ziel erreicht, stoppte und drehte sich mit einer etwas taumeligen Bewegung um.
    Sie sah mich.
    »He!« brüllte ich ihr entgegen und winkte wieder mit beiden Händen. Dann brüllte ich ihren Namen, war mir allerdings nicht sicher, ob sie ihn bei dem Wind auch verstanden hatte.
    Sie tat mir nicht den Gefallen, noch länger stehenzubleiben. Eine erneute Drehung, ich sah ihren Rücken und wußte nun, daß Erica auf den Rand der Klippen zueilte.
    Verdammt auch. Das sah ganz danach aus, als wollte sie sich in die Tiefe stürzen.
    Ich mußte sie kriegen.
    Keuchend beschleunigte ich meine Bemühungen. Mein Gesicht war verzerrt, die Schritte wurden noch länger, und ich betete darum, so schnell wie möglich das Ende dieses Anstiegs zu erreichen.
    Auch ich schaffte es.
    Mein Blick glitt nach vorn, hinaus in die Weite der Nacht. Er fiel auch über den Rand der Klippe hinweg, ich sah in der Ferne das Meer wie eine fremde, sich bewegende Welt, aber davor stand die Frau im weißen Kleid, und sie war schon verflucht nahe an den Klippenrand herangekommen.
    Ich lief trotzdem weiter.
    Das gefiel ihr nicht. Beide Arme streckte sie mir entgegen, als könnte sie mich so aufhalten.
    »Keinen Schritt mehr!«
    Ich hatte Mühe, die Worte zu verstehen. Der Wind war zu stark.
    Zwei Schritte ging ich, dann blieb ich stehen. »Schon gut, Madam, schon gut.«
    Sie bewegte sich heftig. Die Schultern bebten, ihre gesamte Gestalt ebenfalls. Sie machte den Eindruck einer Frau, die unter Druck stand, sich erst erholen mußte, um reden zu können. Auch ich war ziemlich ausgelaugt, so daß mir die Pause guttat.
    »Gehen Sie, Mister!«
    »Nein, warum sollte ich?«
    »Verschwinden Sie!«
    Ich breitete die Arme aus. »Ich möchte mit Ihnen reden, Erica, nur reden!«
    »Ich will es nicht!« brüllte sie zurück. »Ich weiß nicht mal, wer Sie sind.«
    »Gut, das läßt sich ändern. Mein Name ist Sinclair, John Sinclair. Nicht mehr und nicht weniger. Ich weiß, daß Sie Erica sind. Ihretwegen bin ich gekommen.«
    »Ich kenne Sie nicht. Ich habe niemals etwas mit Ihnen zu tun gehabt, das sollten Sie wissen.«
    »Ist ja gut, das bestreite ich auch nicht. Aber man hat mich eben geschickt.«
    »Nein.«
    »Doch. Ihr Vater.«
    Bisher hatte sie nicht körperlich reagiert, nur gesprochen. Das änderte sich, als ich den Namen ihres Vaters ausgesprochen hatte. Plötzlich zuckte sie zusammen, ich sah auch, wie sie unsicher wurde, und sie preßte für einen Moment die Hände vor ihr Gesicht.
    Ich nutzte diese Chance und lief wieder vor.
    »Keinen Schritt mehr!« schrie Erica. Sie ging gleichzeitig zurück. »Ich werde springen. Ich bin bereit, mich in die Fluten zu stürzen. Niemand kann mich davon abbringen, auch Sie nicht.«
    »Wollen Sie nicht wissen, was mir Ihr Vater gesagt hat?«
    »Ich habe keinen Vater!«
    Diese Antwort überraschte mich. Wer von den beiden gelogen hatte, wußte ich nicht.
    »Er ist wirklich besorgt um Sie!« rief ich ihr entgegen.
    »Gehen Sie endlich!«
    »Natürlich, aber ich bin eine lange Strecke gefahren. Von London hierher, und ich möchte nicht nach Hause zurück, ohne daß ich mit Ihnen gesprochen habe.«
    »Das haben Sie schon.«
    »Ach - gehen Sie. So meine ich das nicht. Ich würde mich gern mit Ihnen über Ihre Probleme unterhalten. Es ist sinnlos, wenn eine schöne Frau wie Sie Ihr Leben einfach wegwirft. Begreifen Sie das doch! Wer so jung ist wie Sie, der sollte am Leben teilhaben und es nicht verschleudern.«
    Sie lachte scharf in den Wind hinein, der das Echo an meine Ohren trug. »Hören Sie schon damit auf, wie ein Amateur-Psychologe zu sprechen. Das steht Ihnen nicht,
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