Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0839 - Ruhe sanft und komm nie wieder

0839 - Ruhe sanft und komm nie wieder

Titel: 0839 - Ruhe sanft und komm nie wieder
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ausrutschen oder das Gleichgewicht verlieren und der Kontakt mit der Oberleitung war tödlich!
    Seltsame und ungewöhnliche Geräusche umflorten ihn. Wo sich der Fahrtwind fing, wußte er nicht, aber er hörte das Klagen und Jaulen, als wären die Seelen der Toten dabei, all ihre Pein hinauszuschreien. Grundel schüttelte der Kopf. Er gewöhnte sich nur schwer an diese Laute, drängte sie mit Gewalt zurück und war zudem froh, daß er seinen Körper voll unter Kontrolle hatte.
    Das mochte an seinem Kampftraining liegen, mit dem er sich in den Zeiten fit hielt, wenn ihn der Job nicht brauchte.
    Grundel kniete jetzt, und er konnte seinen Gegner besser erkennen, der auch nicht mehr platt auf dem Dach lag, sondern dabei war, sich behutsam zu erheben.
    Grundel schaute genau hin. Es gefiel ihm, auf den Rücken des Mannes zu starren. Es störte ihn auch nicht, daß dieser Körperteil vom dunklen Stoff eines breiten Mantels oder Umhangs umflort wurde, der immer wieder in den Fahrtwind geriet, in die Höhe gerissen wurde, so daß der Fremde stets in Gefahr geriet, vom Dach des Zuges zu fallen, sich aber trotzdem halten konnte.
    Grundel, der noch immer auf den Rücken des anderen starrte, wurde den Eindruck nicht los, eine große Fledermaus vor sich zu sehen, die jeden Augenblick abheben konnte.
    Um die Lippen des Blonden huschte ein schmales, aber eiskaltes Lächeln. Er wußte Bescheid. Er war sicher, daß ihm dieser Typ nicht entwischen konnte.
    Nur wollte er näher, an ihn heran, um wirklich hundertprozentig überzeugt zu sein.
    Grundel bewegte sich nach vorn. Seine ›Schritte‹ waren unsicher, denn der Zug befand sich nun auf freier Strecke und hatte mehr Fahrt aufnehmen können.
    Die Kälte der Nacht peitschte in sein Gesicht. Eis schien seine Haut gefrieren zu wollen. Grundel schloß die Augen zu Schlitzen, denn er wollte nicht, daß sie ihm tränten.
    Er machte weiter.
    Der nächste ›Schritt‹.
    Immer noch unsicher, auch der zweite, dritte und vierte. Dann hatte er den vorderen Rand des Wagens erreicht, das heißt, ihn trennte noch eine halbe Körperlänge von ihm.
    Grundel verharrte gebückt.
    Bisher hatte er beide Hände gebraucht, um sich abzustützen oder das Gleichgewicht zu halten. Endlich konnte er an seine Waffe heran, und dieser Gedanke gab ihm Kraft.
    Noch immer schwankend winkelte er den rechten Arm an und schob ihn in den Ausschnitt der Jacke, um so rasch wie möglich an die Kanone heranzukommen. Grundel war ein guter Schütze, und er freute sich wie ein Kind, als seine Handfläche über das kühle Metall der Waffe strich.
    Der Revolver war perfekt. Er wurde wunderbar gepflegt, denn Grundel wußte genau, auf wen er sich verlassen mußte.
    Er holte den 38er hervor, hob den rechten Arm zuerst an, um ihn danach zu senken.
    Noch immer umheulte ihn der Wind. Der Zug rauschte durch die Nacht, ein Ungeheuer, ein Riesenwurm, aus dessen Fenstern ein schwacher Lichtschein fiel.
    Jetzt schießen! dachte Grundel.
    Er drückte nicht ab, denn plötzlich irritierten ihn die Schatten, die an seiner rechten Seite vorbeihuschten. Sie rasten über eine Brücke.
    Er drehte den Kopf. Ihm kam es auf jede Sekunde an. Er wurde zwar nicht nervös, aber er wollte es endlich hinter sich bringen. Der andere war ein Feind, der durfte nicht leben.
    Die Brücke führte über einen Fluß. Nach dem Regen der letzten Tage schien er über die Ufer getreten zu sein. Grundel kam der Fluß wie ein kleiner See vor.
    Die ›Brückengeräusche‹ verstummten, und die Wagen rollten wieder ruhiger dahin.
    Weiter ging die Fahrt.
    Viel besser jetzt!
    Wieder hob Grundel seinen Revolver.
    Als hätte der andere in seinem Rücken Augen und die Bewegung gesehen, so drehte er sich gebückt um.
    Grundel, der damit nicht gerechnet hatte, schwankte für einen Moment, schrie dann auf und schoß…
    ***
    Auch dem Gerechten war die Reise auf dem Zugdach nicht leichtgefallen. Er hatte des öfteren Mühe gehabt, sich auf Händen und Knien zu halten.
    Raniel schaffte es. Es lag auch an seinem Ziel und an seinem Willen, der ungemein stark war.
    Der Zug raste weiter nach Osten. Und der Gerechte mußte sich überlegen, was er unternehmen konnte. Irgendwie mußte es weitergehen. Obwohl das Dach nicht durchsichtig war, mußte die andere Seite bemerkt haben, was sich auf dem Wagen tat. Das gefiel dem Gerechten überhaupt nicht, aber es war auch irgendwie natürlich, denn er hatte ebenfalls die Gefahr ›gerochen‹, die unter ihn lauerte.
    Die Brücke!
    Sie huschte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher