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Nova

Nova

Titel: Nova
Autoren: Wolfram Kober
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Ich bin ein Mensch
1
    Der fremde Raumflugkörper besaß eine undefinierbare Form. Er schien so chaotisch zusammengesetzt, daß Fealer und Garbor Zweifel kamen, das Produkt einer außerirdischen Intelligenz vor sich auf dem Optischen zu sehen.
    Zwar hatte jedes erkennbare Element eine geometrische Form, doch der Bau verirrte sich in einer solchen Unzahl von Kuben und Rhomben, von Kugeln, Zylindern und Quadern, Gittergerüsten, Rohren und Flachelementen, daß daraus ein Unding wurde, als hätte ein Verrückter an einem Spielbaukasten seine Phantasie ausgetobt.
    Dabei war es wohl kein Wrack. Alles, was sie sahen, strahlte gleichmäßig grün-violett, wenn ihre Passivlaser über den Flugkörper hinwegstrichen.
    Er nahm einen Rauminhalt von drei, vielleicht auch vier Kubikkilometern ein, neben dem sich Fealers und Garbors THUNDER ausnahm, als wäre sie gar nicht da.
    Von dem gigantischen künstlichen Gebilde ging nichts Schönes oder Elegantes aus, nichts, was den unerwarteten Augenblick ihres Zusammentreffens in freudige Erwartung potenziert hätte. Im Gegenteil, dieses Unding erdrückte Gefühle durch sein Aussehen.
Wer auch immer es geschaffen haben mochte – seine Ästhetik unterschied sich kraß von der irdischen.
    Unter welchem Blickwinkel sie es auch betrachteten, es waren keine Funktionen zu erkennen. Antriebslos raste es an der THUNDER vorbei, so daß sie ihren Kurs ändern und beschleunigen mußten.
    In ihrer Vorstellung hatte sich der Gedanke eingenistet, diese fremde Geschwulst müsse rotieren wie die irdischen Orbitalstationen. Aber auch das konnten sie nicht erkennen. Ein totes, abstraktes Gebilde.
    In anfänglicher Aufregung hatten sie das Schiff auf allen Frequenzen angerufen, optische Signale gegeben, doch nur das isotrope Rauschen des Kosmos, fein und allgegenwärtig, war die Antwort gewesen.
    Das Unding schwieg. Es reagierte nicht.
Ihre Schlußfolgerungen waren einfach: Die außerirdische Konstruktion war entweder durch unbekannte Ursachen funktionsuntüchtig geworden – oder aber, besetzt oder nicht, sie wollte nicht antworten. Daß man ihre Signale nicht auffangen und als künstlich erkennen könnte, hielten sie für unwahrscheinlich.
Zu ihrem Leidwesen befanden sie sich außerhalb des Empfangs- und Sendekegels der nächsten Relaisfunkbake, so daß keine Verbindung zur Außenbasis oder zur Erde möglich war.
Sie waren auf sich selber angewiesen; wenigstens für die nächsten fünfzehn Stunden, dann erst gerieten sie wieder in den Funkkegel.
Was sollten sie tun?
Das unbegreifliche Monstrum aus fremdem Metall war eine Herausforderung.
Sie nahmen sie an.
2
»Könntest du dir vorstellen, daß in dem fremden Raumschiff Lebewesen sind?« fragte Fealer. »In diesem Labyrinth?«
    Garbor zuckte mit den Schultern. »Ich weiß so wenig eine Antwort darauf wie du. Bis jetzt hat es nicht auf unsere Signale geantwortet. Und wenn es seinen Kurs beibehält, wird es den Inneren Kreis nur tangieren und oberhalb der Jupiterbahn unser System wieder verlassen. Seine Geschwindigkeit ist groß genug. Wären wir nicht gewesen, niemand hätte es bemerkt.«
    »Vielleicht. Aber was es auch sein mag, es muß eine Aufgabe oder ein Ziel haben, und es muß uns bemerkt haben – aber es reagiert nicht.«
    »Muß es denn reagieren?« Garbors Gesicht schimmerte fahl, denn sie hatten in der Zentrale nur den Optischen laufen, auf dem die Laserstrahlen zu sehen waren und deren Reflexe vom fremden Objekt. »Woher nehmen wir das Recht, zu verlangen, daß es uns antwortet? Vielleicht erkennt es uns nicht, möglicherweise hat es Aufgaben, die eine Antwort verbieten. Oder es wartet ab, um uns zu testen.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Fealer. »Intelligente Wesen, die in den Raum vordringen, werden den Kontakt zu anderen Zivilisationen nicht negieren.«
    »Es ist alles möglich. Das Universum ist unendlich, darum müssen auch unendlich viele Formen belebter und unbelebter Materie existieren. Wir hatten bisher noch nie Kontakt zu einer anderen Zivilisation. Das ist unser erster. Könnten sich ihr Verstand, ihre Denk- und Lebensweise nicht grundsätzlich von unseren unterscheiden? Sei ehrlich, wir setzen unbewußt Wesen voraus, die uns irgendwie ähnlich sind.«
    »Die Vernunft muß überall die gleiche sein«, entgegnete Fealer, bereits ein wenig ärgerlich, daß nichts passierte. »Soll sich ihr Aussehen von unserem unterscheiden, aber die Vernunft als höchster Ausdruck der Materie entwickelt sich nach deren Grundgesetzen – und
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