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0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
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dieser Richtung, nur ein etwas süßlicher Parfüm- oder Rasierwassergeruch schwang mir entgegen.
    Auch Sellnick trug dunkle Kleidung, hatte aber durch sein schneeweißes Rüschenhemd für einen nötigen Kontrast gesorgt.
    Vor seinem Schreibtisch blieb er stehen, die linke Hand auf die Lehne des Stuhls gelegt. Ich sah, daß an seinem Mittelfinger ein goldener Ring mit einem dicken Stein schimmerte, der in seiner Grundfarbe nicht genau zu bestimmen war, weil er einfach zu viele Facetten zeigte.
    Sellnick nickte mir zu. »Ich begrüße Sie, Mr. Sinclair.«
    Das war die erste Überraschung. Er kannte meinen Namen. Bevor ich etwas entgegnen konnte, fing er an zu lachen. »Jetzt wundern Sie sich, denke ich mal.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Man muß in diesem Geschäft einige Leute kennen. Das gehört gewissermaßen zum guten Ton.«
    »Woher kennen Sie mich?«
    »Ihr Gesicht ist bekannt. Außerdem habe ich Sie, als Sie draußen vor der Tür standen, auf meinem kleinen Bildschirm gesehen.« Er deutete dabei auf den Monitor.
    »Ah ja.«
    »Sie sahen das Auge nicht?«
    »Nein.«
    Sellnick lächelte irgendwie selbstzufrieden. »Dann hat es ja seine Funktion erfüllt. Selbst das Auge des Gesetzes hat es nicht entdeckt.«
    Er lachte breit, und es klang unsympathisch in meinen Ohren. Dann deutete er über den Schreibtisch hinweg auf den Besucherstuhl. »Wollen Sie nicht Platz nehmen?«
    »Danke.«
    Wir setzten uns gemeinsam, wobei wir uns nicht aus den Augen ließen. »Darf ich Ihnen etwas anbieten? Einen Saft oder etwas Alkoholisches, Mr. Sinclair?«
    »Nein, gar nichts.«
    »Wie Sie wollen. Ich werde mir einen kleinen Schluck gönnen.«
    »Bitte.«
    Er streckte seinen Arm aus und öffnete an seinem Schreibtisch eine Lade. Aus diesem Fach holte er eine kleine Flasche Wasser und ein Glas hervor, in das er eine Zitronenscheibe legte, bevor er die Flasche öffnete und das Glas zur Hälfte füllte. Das Sprudeln hörte sich an wie ein leises Gelächter, doch auch dieses völlig normale Geräusch konnte meine innere Unruhe nicht vertreiben. Etwas lag zwischen uns wie ein kräftiges Spannungsfeld. Sellnick war dabei, mich zu belauern, und mir erging es bei ihm ebenso.
    Der Mann trank.
    Schon zuvor waren mir seine sehr kontrollierten Bewegungen aufgefallen, die er auch jetzt fortführte, als er das Glas an die Lippen hob. Er nahm einen tiefen Schluck, sein Mund verzog sich anschließend wie eine Gummimasse, und er leckte noch einmal mit der Zungenspitze über die Lippen, um dort Feuchtigkeit zu verteilen.
    Dann betrachtete er die Nägel seiner gekrümmten Finger und hauchte gegen den Edelstein des Rings. »Tja, Mr. Sinclair, die Reihe ist an Ihnen. Sie sollten mir schon den Grund Ihres Besuchs erklären.«
    »Natürlich.«
    Er lehnte sich zurück, lauschte dem leisen Knarzen des Leders und streckte seine Beine weit aus. So hatte er es sich gemütlich gemacht, doch in seinen Augen stand kein Funke von Gemütlichkeit. Er war lauernd, kalt und abwartend.
    »Bitte, Mr. Sinclair.«
    »Ich hörte, daß Sie einem ungewöhnlichen Beruf nachgehen, Mr. Sellnick.«
    »Tue ich das?« Er begleitete die Frage mit einem spöttischen Lächeln.
    »Das finde ich schon, denn es gibt wohl mehr Sekretärinnen hier in London als Beerdigungsunternehmer.«
    Wieder lachte er, und diesmal schien er sich zu amüsieren, denn er hatte den Mund weit geöffnet und ließ mich in seinen rosigen Rachen hineinschauen, in dem sich die Zunge zuckend bewegte.
    »Das ist wahr, sehr gut gefolgert, Mr. Sinclair.« Er schloß den Mund, nahm einen Schluck und sprach mit kalter Stimme weiter. »Aber deshalb sind Sie doch nicht zu mir gekommen - oder?«
    »Nein. Ich hörte auch über die ungewöhnlichen Methoden, mit denen Sie Ihren Beruf würzen.«
    Das gefiel ihm wieder. »Würzen ist gut, sehr gut. Wie stellen Sie sich das denn vor?«
    »Ich habe keine Ahnung. Setzen wir einmal den Fall, ich wäre ein normaler Kunde, der zu Ihnen kommt und Sie darauf anspricht, eine besondere Beerdigung für einen Freund oder Verwandten ausrichten zu wollen. Was würden Sie mir dann vorschlagen?«
    »Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.« Er klopfte mit der Kuppe seines Zeigefingers auf den Schreibtisch, als wollte er diese angedeuteten Alternativen testen. »Da wäre zum einen die Einäscherung.«
    »Da kann ich auch zu einem anderen Bestattungsunternehmen gehen.«
    »Stimmt.«
    »Was ist das Besondere an Ihrer Firma?«
    »Das ist nicht einfach zu erklären.«
    »Versuchen Sie es
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