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0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
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Antwort, doch Betriebsgeheimnisse behalte ich für mich. Ich glaube sowieso nicht, daß wir uns noch einmal begegnen werden.«
    Er schaute auf seine Uhr. »Auch wenn es Ihnen nicht so scheint, aber meine Zeit ist leider begrenzt. Ich habe noch zu tun.«
    »Sie haben also wieder einen Kunden?«
    »Schon.«
    »Und wo werden Sie ihn begraben?«
    Er lachte mich kichernd an. »So fragt man Menschen aus, Mr. Sinclair. Ich gehöre zwar auch zu diesen Spezies, doch wie ich schon sagte, Betriebsgeheimnisse müssen Sie mir schon zugestehen.«
    »Ungern.«
    »Das glaube ich Ihnen. Ich habe schon zuviel von Ihnen gehört, als daß Sie sich mit dem zufriedengeben könnten, was ich Ihnen gesagt habe. Nehmen Sie es als meinen Rat an, Mr. Sinclair. Um gewisse Dinge sollte man sich nicht kümmern. Nicht jeder Verstorbene wünscht eine konventionelle Beerdigung. Lassen Sie den Wünschen freier Menschen einen genügenden Spielraum, dann werden wir alle zufrieden sein, denke ich mir.« Er legte die Handflächen gegeneinander. »Ich weiß auch nicht, wer was gegen mich gesagt hat. Legen Sie nicht alles auf die Goldwaage. Vieles stimmt davon nicht.«
    Ich schoß einen Bluff ab. »Die Hälfte würde reichen.«
    »Und die wäre?«
    »Glauben Sie nicht, daß es Friedhöfe gibt, die mehr als außergewöhnlich sind?«
    »Doch, die gibt es.« Er legte den Kopf zur Seite und versuchte, seinem Gesicht einen harmlosen Ausdruck zu geben. »Jeder Friedhof ist auf seine Art und Weise ungewöhnlich. Dieser Meinung bin ich zumindest. Oder liege ich da falsch?«
    »Nein, das nicht. Friedhöfe haben schon eine individuelle Ausstrahlung, aber darauf wollte ich nicht hinaus.«
    »Sondern?«
    »Ich habe eine Frage.«
    Henry O. Sellnick verdrehte die Augen. »Bitte, Mr. Sinclair, dann aber die letzte.«
    »Wie Sie wünschen. Ist Ihnen zufällig das Wort Ghoul ein Begriff?«
    »Ghoul?« wiederholte er nach einer Weile des Nachdenkens. »Sagten Sie Ghoul?«
    »Sehr richtig.«
    »Nein, im Moment nicht. Können Sie da etwas deutlicher werden?«
    »Schon.« Meine Gedanken bewegten sich auf eine bestimmte Vermutung hin. »Ghouls sind Leichenfresser. Sie ernähren sich von Toten. Es gibt auch heute noch Friedhöfe, auf denen sie hausen, und sie brauchen immer wieder Nachschub.«
    »Aha…«
    »Es könnte ja sein, daß Sie mit Ihrer Firma für diesen Nachschub sorgen, Mr. Sellnick.«
    Er kratzte sich mit einem Fingernagel über der Oberlippe. »Es ist sehr interessant, in welche Richtung sich die Gedanken eines Polizisten bewegen können, besonders Ihre, Mr. Sinclair. Aber damit habe ich nun wirklich nichts zu tun.«
    »Sie kennen also keine Ghouls?«
    »Wo denken Sie hin.«
    »Gestatten Sie, daß ich Ihnen das nicht glaube?«
    »Halten Sie es, wie Sie wollen, Mr. Sinclair. Ich jedenfalls kenne keine Ghouls.« Nach dieser Antwort stand er ruckartig auf. »Mein Mitarbeiter wird Sie hinausbringen.«
    Auch ich erhob mich, nur etwas langsamer als er. »Danke, daß Sie mir einen Teil Ihrer Zeit gewidmet haben.«
    »Es war doch selbstverständlich. Zudem gehöre ich zu den Leuten, die der Polizei gern behilflich sind.«
    »Ja, so sehen Sie auch aus, Mr. Sellnick.«
    Sein säuerlich bissiger Gesichtsausdruck zeigte mir, daß ihm die Antwort nicht gefallen hatte. Er enthielt sich jedoch eines Kommentars. Er brauchte mich nicht zur Tür zu bringen und traf auch keine Anstalten, mir die Hand zu reichen. Ich ging allein und ließ ihn hinter mir zurück in einer düsteren Grabesstimmung.
    Bevor ich die Tür zum Verkaufsraum öffnen konnte, wurde sie bereits von der anderen Seite her aufgezogen. Ich blieb stehen und wartete, bis ich das Granitgesicht mit den hellen Stoppelhaaren sah. Der Knabe schaute mich an.
    »Sie wollen gehen?«
    »Ja.«
    »Ich begleite Sie.«
    Da er sich nicht abschütteln ließ, blieb ich an seiner Seite und ließ mir auch die Tür öffnen. Aus der psychischen Kälte einer ungewöhnlichen Gruft gelangte ich in einen normalen Winter, dessen Wind mir ins Gesicht schlug.
    Hinter mir drückte er die Tür zu.
    Ich ging rasch die Stufen der Treppe hoch, ohne noch einen Blick durch das Fenster zu werfen. Erst als ich mich von diesem Haus entfernt hatte, blieb ich stehen.
    Wie war mein Besuch angekommen?
    Sicherlich nicht positiv. Dieser Sellnick hatte sich zwar keine Blöße gegeben, ich konnte mir jedoch denken, daß er mißtrauisch geworden war und auch vorsichtig wurde.
    Ich jedenfalls hatte Blut geleckt, und ich würde alles daransetzen, um ihn zu
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