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0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
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aufgezogen und sich so weit wie möglich hinausgebeugt.
    Zu sehen war nichts.
    Der Wind spielte im Vorgarten mit dem trockenen Wintergras.
    Rabanew schloß das Fenster wieder und verließ den Raum. Vor der stockdunklen Treppe blieb er erst einmal stehen und lauschte in die Tiefe. Er rechnete mit allem, auch mit einer Rückkehr des Jungen. Zu hören war nichts.
    Der Mann ging die Stufen hinab. Seine Atemzüge drangen zischend aus dem Mund. Die Haut im Nacken hatte sich gespannt, auf seinem Körper verdampfte der Schweiß und gab dabei einen fremden und gleichzeitig strengen Geruch ab.
    Die Handfläche lag auf dem Lauf des Geländers. Sie rieb darüber hinweg, und erst weiter unten, als er stehenblieb und gegen die Haustür starrte, wurde es wieder still. Nicht sehr lange, denn Rabanew hatte sich entschlossen, einige Schritte ins Freie zu gehen. Es war durchaus möglich, daß dieser Junge darauf wartete. Eigentlich war es auch besser, wenn er ihn so früh wie möglich erwischte und damit die Probleme aus der Welt schaffte. Auf keinen Fall durfte Elohim noch existieren, wenn der Nachschub eintraf.
    Der Bärtige drehte sich nach rechts, wo sich der Schatten des Kachelofens abzeichnete. Dort hingen an einem Gestell bestimmte »Instrumente«, aus denen er wählen konnte.
    Rabanew entschied sich für einen besonders harten und griffigen Schürhaken. Wenn ihm der Junge über den Weg lief, würde er ihn damit erschlagen.
    Bei dem Gedanken daran grinste er und grinste auch noch, als er die Tür geöffnet hatte und vor dem Haus stand. Die Kälte traf ihn. Sie machte ihm nichts aus. Er drehte den Griff des Schürhakens, hob die Waffe an und betrachtete das krumme Ende, das aussah wie ein nach innen gebogener langer Finger.
    Er war der Hüter diese einsamen Hauses. Er würde dafür sorgen, daß keine fremde Kraft eindrang, auch nicht in der Verkleidung eines harmlos aussehenden Jungen.
    Er schüttelte den Kopf, als er sich das Gesicht mit den weichen, feingeschnittenen Zügen vorstellte.
    Schon allein der Name Elohim gefiel ihm nicht. Wie ein Traumbild sah er die Gestalt des Kleinen vor sich, eingewickelt in den dunklen Mantel, der aussah, als hätte er ihn im letzten Jahrhundert gekauft.
    Inzwischen hatte er den kleinen Vorgarten zur Hälfte durchquert. Im Sommer breiteten sich rechts und links des Wegs Beete mit blühenden Blumen aus. Im Winter sah alles flach aus, als hätten die Füße eines Riesen den Garten plattgetrampelt.
    Vor dem Tor blieb er stehen.
    Zwei dicke, weiß lackierte Pfosten grenzten es ein. Das Tor selbst bestand ebenfalls aus Stäben. Sie waren unterschiedlich lang und wurden von einem halbrunden Holzbogen an den Enden begrenzt.
    Zwei Scharniere hielten das Tor an den Pfosten fest. Sie quietschten wie getretene Mäuse, als Rabanew es aufdrückte und es auch geöffnet ließ.
    Rabanew blieb stehen.
    Seine Augen hatten sich vergrößert, als wollten sie das Restlicht der Nacht noch einfangen. Er bewegte den Kopf nach rechts und nach links, aber der Junge tat ihm nicht den Gefallen, sich zu zeigen.
    Dabei wußte der Bärtige, daß er noch da war. Er spürte ihn, er spürte, daß dieser Elohim etwas hinterlassen hatte, was Rabanew nicht näher definieren konnte und es schlichtweg als eine Aura bezeichnete, die noch nachschwebte.
    Keine Spur von Elohim…
    Er schluckte Speichel. Wie Säure brannte das Zeug in der Kehle. Dann ging er zu den alten Grabsteinen, die schief und krumm aus der dunklen Erde wuchsen.
    Er lief zwischen ihnen her. Bei jedem Schritt hatte er den Eindruck, als würde der Boden unter ihm vibrieren, als wollte er eine Nachricht schicken, die von den Toten oder deren Geistern stammte.
    Er knurrte.
    In seinem Innern spürte er das Tier. Die Wut verwandelte sich in Mordlust, und in den sonst dunklen Augen des Bärtigen trat ein grausames Funkeln.
    »Elohim«, sprach er, wobei seine Stimme mehr einem düsteren Knurren glich. »Wo bist du…?«
    Der Junge zeigte und meldete sich nicht.
    Rabanew schlug mit dem Schürhaken durch die Luft und lauschte dem fauchenden Geräusch. Sein Mund verzog sich dabei zu einem Lächeln, denn er stellte sich vor, wie es wäre, wenn der Schürhaken den Schädel des Jungen zerschmetterte.
    Er traf jedoch nur Luft.
    Elohim zeigte sich nicht.
    Rabanew hatte die Lücken zwischen den Grabsteinen wieder verlassen und starrte in die Dunkelheit über dem flachen Gelände. Nichts malte sich dort ab. Hin und wieder ein Busch oder einzeln stehende Sträucher, das war auch alles.
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