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0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
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so etwas wie ein besonderer Vorgarten lag, den er zu hüten hatte.
    Rabanew stellte sich so dicht vor die Scheibe, daß deren Glas durch seinen Atem beschlug.
    Er wischte die feuchte Stelle weg, damit er die freie Sicht hatte. Doch in der Finsternis war nicht viel zu erkennen. Die Dunkelheit war wie ein aus schwarzen Wogen bestehendes Wasser, über dessen Oberfläche noch grauer Nebel zitterte.
    Seine Augen brannten, denn er hatte schon zu lange auf einen Fleck geschaut. Selbst die alten Grabsteine hoben sich kaum vom Boden ab, und das weiße Holztor vorn war ebenfalls nur schwach zu erkennen. Über dem Himmel hatten sich die Wolken zu einem düsteren Gemälde zusammengeballt, auch nichts Besonderes, das den Mann hätte stören können.
    Es gab einen anderen Grund.
    Draußen?
    Wahrscheinlich. Er würde nachsehen müssen, um endlich Gewißheit zu haben.
    Dazu kam es nicht.
    Rabanew war dabei, sich der Tür zuzuwenden und warf noch einen letzten Blick aus dem Fenster, als er die Bewegung sah.
    Da kam jemand.
    Der Mann erstarrte. Etwas trieb in seinem Innern hoch, das sehr böse, brutal und gemein war. Die Lust zum Töten war vorhanden. Wer immer draußen auf ihn wartete, er würde nicht mehr lange am Leben bleiben, wenn er sich zu weit vorwagte.
    Rabanew atmete keuchend. Er hatte sich geduckt, da er sich nicht zu hoch hinter der Scheibe abheben wollte. Seine Augen waren weit geöffnet, die Lippen bildeten einen Strich, und eine urwüchsige Kraft strahlte weiter in ihm hoch.
    Der Fremde kam auf das Haus zu. Er tat, als - wäre nichts geschehen. Er wandte sich auch nicht zur Seite, denn es war einzig und allein sein Ziel, die Haustür zu erreichen.
    Und das mitten in der Nacht…
    Hier stimmt was nicht, dachte Rabanew. So etwas ist nicht normal. In dieser Einsamkeit bekam man keinen unangemeldeten Besuch, in der Nacht schon gar nicht.
    Ein Mensch! Eine Frau, ein Mann - oder…?
    Der Bärtige war sich nicht sicher. Der Größe nach konnte der Ankömmling eine Frau sein oder sogar - er wollte es kaum glauben - ein Kind!
    Rabanew wollte und mußte es genau wissen, sonst würde er noch verrückt. Der Schlüssel steckte von innen. Er drehte ihn um und zog die Tür mit einem Ruck auf.
    Noch zwei Schritte, und die Person wäre bei ihm gewesen. So aber blieb sie stehen.
    Dem Bärtigen blieb die Spucke weg. Er hatte richtig getippt, er hatte ins Schwarze getroffen.
    Vor ihm stand tatsächlich ein Kind!
    ***
    Es war ein Junge, das stand fest. Vom Alter her für Rabanew schwer zu schätzen. Er konnte elf Jahre sein, möglicherweise auch dreizehn Jahre zählen. So genau kannte sich der Mann da nicht aus.
    Zudem hatte er selbst keine Kinder.
    Der Junge schaute hoch, Rabanew runter, so konnten sie sich beide ansehen, und das Gesicht des jungen Besuchers blieb im Schatten. Rabanew wußte nicht, was er fragen sollte, dieser Besuch hatte ihn nicht nur überrascht, sondern aus der Bahn geworfen.
    »Was willst du?« Er mußte sich diese Worte förmlich über die Lippen quälen.
    Der fremde Junge legte den Kopf leicht schief. »Ich möchte in dein Haus kommen.«
    »Aha. - Und du hast keine Angst?«
    »Nein.«
    »Was willst du von mir?«
    »Ich bin müde.«
    »Hä.« Er lachte. »Sag nur, daß du auch bei mir schlafen willst, Kleiner.«
    »Vielleicht.«
    »Und weiter…«
    »Nichts.«
    Rabanew hatte es den Atem und auch die Sprache verschlagen. Er mußte sich erst fangen. Der Junge vor ihm wartete geduldig. »Hast du denn keine Eltern?«
    »Doch.«
    »Was ist mit ihnen?«
    »Nichts.«
    »Sie sagen also nichts?«
    »So ist es.« Der Junge nickte.
    Rabanew war durcheinander. Er wußte nicht, was er sagen und wie er sich verhalten sollte. Den Jungen hineinlassen oder die Tür zuschlagen? Da stand ein Kind, kein Gegner für ihn. Trotzdem durchrieselte den Bärtigen ein Gefühl, das er als Warnung ansah.
    Er bemühte sich, ihn in der Dunkelheit zu erkennen. Er sah, daß der Junge eine der Witterung entsprechende Kleidung trug. Wenn er ihn jetzt wegschickte, würde er sicherlich nicht erfrieren. Die Jacke und die Hose bestanden aus dickem Stoff.
    Rabanew war durcheinander. Er wollte den Jungen nicht bei sich im Haus haben. Dieser Ort gehörte ihm. Er hatte eine Aufgabe zu erledigen, er war schließlich wer. Man hatte ihn nicht grundlos eingesetzt, und er schüttelte den Kopf. »Du kannst hier nicht bleiben, Junge.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    Der Junge, dessen Namen Rabanew nicht kannte, senkte den Kopf. »Das ist schade, sehr
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