Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
schade.«
    »Geh weiter. Erfrieren wirst du nicht. Da brauche ich dich nur anzuschauen.«
    Im Gesicht des Jungen arbeitete es. Trotz der schlechten Sichtverhältnisse waren seine feingeschnittenen Züge gut zu erkennen. Das war ein Kind, das auf der Schwelle zum Jugendlichen stand. Es sah kindlich aus, dennoch wirkte es älter, fast erwachsener. Rabanew tat sich sehr schwer mit der Einschätzung.
    Dann hob der junge Besucher die Schultern. »Gut, ich habe es eingesehen, ich werde gehen, aber zuvor möchte ich dir noch meinen Namen sagen.«
    »Bitte.«
    Er hob den Kopf, schaute Rabanew direkt an, dem unwohl wurde. »Ich heiße Elohim…«
    Rabanew antwortete nicht. Nur seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als wäre er dabei, über den Namen nachzudenken, der doch ziemlich selten war.
    Es störte den Jungen, daß er keine Antwort kriegte, deshalb sagte er: »Merke ihn dir gut.«
    »Ja, ich habe verstanden.«
    »Dann gehe ich.« Ein letzter Blick, ein letztes, wissendes Lächeln, das dem Mann überhaupt nicht gefiel, und Elohim drehte sich von der Tür weg, die der Mann nicht schloß. Er blieb auf der Schwelle stehen und schaute dem Jungen nach.
    Warum er das tat, wußte er selbst nicht genau. Da steckte eine Kraft dahinter, die ihn dazu zwang.
    Elohim nahm den normalen Weg durch den Garten und schritt auf das weiße Tor zu, das die graue dichte Hecke, die das Grundstück umgab, unterbrach.
    Er ging normal, und trotzdem kam es dem Beobachter so vor, als würden die Füße den Boden kaum oder gar nicht berühren. Elohim wirkte wie jemand, der schwebte.
    Rabanew schüttelte den Kopf. Das konnte er nicht glauben. Da war eine andere Kraft, die ihn vorantreiben mußte, und die Bedrückung, die er dem Besucher gegenüber empfunden hatte, nahm allmählich zu. Er bekam sogar einen kalten Schauer, wollte den Jungen nicht mehr sehen, drehte sich um und rammte die Tür zu.
    Nach zwei Schritten stoppte Rabanew, er ballte die Hände zu Fäusten. Im Dunkeln wartete er ab und überlegte. Dieser Besuch war ihm unheimlich. Das Haus wurde eigentlich gemieden. Wer zu ihm kam, der hatte bestimmte Gründe, und dieser Elohim hatte nicht so ausgesehen wie die anderen Besucher. Trotzdem wollte Rabanew nicht daran glauben, daß sich der Kleine verlaufen hatte. Da mußte einfach mehr dahinterstecken. Er hatte bestimmt einen Grund gehabt. Er kam Rabanew vor wie jemand, der von einem anderen geschickt worden war.
    Der Mann machte noch immer kein Licht. Er kannte sich in seinem alten Haus aus. Neben dem mächtigen Kachelofen stand ein Sessel mit der Form eines Schaukelstuhls. In ihm ließ sich Rabanew nieder. Durch den Schwung des Sitzens bewegte sich auch der Sessel. Der Ofen strahlte noch die Wärme des vergangenen Tages ab, aber auch sie schaffte es nicht, die Kälte aus dem Innern des Bärtigen zu vertreiben. Sie blieb in seinen Knochen hocken, als wollte sie diese einfrieren.
    Dieser Besuch war nicht normal gewesen. Ein Junge kam nicht einfach so daher und bat um Einlaß.
    Er hatte zudem ausgesehen wie jemand, der keine Not litt. Dieser Elohim konnte sich durchaus allein durchs Leben schlagen.
    Nein, hinter diesem nächtlichen Besuch mußte etwas anderes stecken. Der kam dem Mann vor wie ein Test, der mit ihm durchgeführt werden sollte. Das lag durchaus im Bereich des Möglichen. Er wußte ja selbst, daß er hier kein normales Leben führte. Alles, was er tat, hatte einen bestimmten Grund. Er kannte seine Besucher normalerweise, diese Mischung aus Kind und Jugendlichem war ihm vorgekommen wie ein Spion.
    Er holte tief Luft.
    Der Sessel knarrte leise, wenn er bewegt wurde. Das Geräusch störte ihn nicht, er hatte sich daran gewöhnt, und er schaute mit starren Blicken ins Leere.
    Die Tür zeichnete sich schwach in der Dunkelheit ab. Für ihn war sie so etwas wie eine Sicherheit gewesen, was nun nicht mehr stimmte. Dieser Junge hatte es geschafft, einen Wall zu durchbrechen.
    Bisher hatte sich Rabanew geschützt gefühlt. Warum jetzt nicht mehr? Warum nicht nach diesem Besuch?
    Er stand schwungvoll auf.
    Der Sessel schaukelte hinter ihm nach und die breiten Kufen berührten die Hacken des Mannes. Das Haus war groß, viel zu groß für ihn, aber das brauchte er auch.
    Mit schleppenden Schritten näherte sich Rabanew der Treppe. Er stieg ebenso langsam die Stufen hoch, seine Hand schleifte dabei über das Geländer.
    Er fühlte sich nicht gut. Sein Inneres kochte. Das Blut hatte hinter der Stirn einen gewissen Druck hinterlassen, der Geschmack
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher