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0838 - Wo die Angst zu Hause ist

0838 - Wo die Angst zu Hause ist

Titel: 0838 - Wo die Angst zu Hause ist
Autoren: Jason Dark
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türmten sich am Himmel. Sehr dick und sehr breit. Irgendwann würden sie bestimmt ihre Schneeladung abladen und das weiße Leichentuch über das Land legen.
    Er fror äußerlich und »brannte« im Innern.
    Es war das alte Feuer der Urzeit, das immer wieder in langen Lohen durch seinen Körper raste. Die Schritte fielen ihm plötzlich schwer. Nur mühsam erreichte er das Tor, um sich dort festzuklammern. Er zog sich regelrecht hoch, um über den Rand hinwegschauen zu können.
    Die Grabsteine verschwammen vor seinen Augen. Der alte, kleine Friedhof schien zu tanzen. Die Steine bewegten sich von einer Seite zur anderen, sie machten ihn durch ihre Bewegungen fertig, und es gelang ihm nur mühsam, das Gleichgewicht zu bewahren.
    Dann kippte er zurück.
    Rabanew schaute dabei zu, wie seine Hände vom Holz des Gitters abrutschten. Auch als er nachfaßte, konnte er an seinem Fall nichts ändern, und er prallte auf den Rücken.
    So blieb er liegen.
    Über ihm schwammen die düsteren Wolken. An manchen Stellen sahen sie heller aus, dort waren sie eben dünner, und das Mondlicht schimmerte da stärker durch.
    Er stöhnte laut und langgezogen. In diesem Haus war die Angst zu Hause gewesen, dafür hatte er gesorgt, nun aber hatte sich alles ins Gegenteil verkehrt.
    Plötzlich hatte er Angst.
    Er spürte sie wie Stiche.
    Ein völlig neues Gefühl. Bisher hatte er sich immer auf seine Herkunft verlassen können, auf den Schutz, der ihm, einer Kreatur der Finsternis, vor urlanger Zeit mit auf den Weg gegeben worden war, nun aber lag er im nächtlichen Schatten des Hauses und dachte daran, wie leicht er vernichtet werden konnte.
    War er wirklich so hilflos?
    Rabanew versuchte es noch einmal. Durch seine Adern strömte schließlich die alte Kraft. Immer wieder bekam er sie mit. In Wellen schlug sie bis gegen sein Gehirn, und sie breitete sich besonders unter der Stirn aus, wo sie sein zweites Gesicht hervorholen wollte. Wieder drangen Stöhnlaute aus seinem Mund. Das Feuer durchfloß ihn, es gab ihm die neue Kraft, die er sofort ausnutzte. Mit einer torkelnden Drehbewegung schaffte er es, wieder auf die Beine zu kommen. Schwankend blieb er stehen, ruhte sich zunächst einmal aus, bevor er sich bückte und den Schürhaken aufhob.
    Er hielt ihn in der rechten Hand. Den Arm schwang er dabei wie ein Pendel hin und her.
    Plötzlich zuckte sein Gesicht. Die Haut sah aus, als würde sie reißen. Etwas anderes schob sich hervor. Eine Schnauze, eine Fratze, das Abbild des widerlichen Dämons, der einmal in der Urzeit existiert und nun überlebt hatte.
    Hatte Rabanew vorhin gestöhnt, so veränderte sich dieser Laut nur. Ein schon heiß klingendes Fauchen drang aus seinem Maul, und als er auf seine Arme schaute, da kamen sie ihm vor, als wären sie geschwollen. Vielleicht lag es auch an den kalten Augen, deren Pupillen sich ebenfalls verändert hatten, denn sie leuchteten wie graugelbe Perlen. In ihnen stand ein unbeschreiblicher Ausdruck, den Menschen mit Worten kaum erfassen konnten. Sein einst so dichter Bart war aufgeklafft. Etwas blutig Rotes schimmerte zwischen den Haaren, als wäre an seinem Kinn eine Beule gewachsen.
    Rabanew schrie.
    Er schrie immer lauter, drehte sich dabei und hatte den Arm mit dem Schürhaken vorgestreckt. In dieser Bewegung glich er einem Leichtathleten, der den Diskus werfen wollte.
    Kraft, die Urkraft.
    Sie strömte in ihn hinein.
    Mit jedem Schrei, der in der Einsamkeit der Nacht verhallte, wurde Rabanew stärker. Er war davon überzeugt, dieses Haus wieder zu einem Hort der Angst machen zu können. Es würde ihm gelingen, deshalb war er hier, das mußte auch so sein.
    Nur mit sich selbst war er beschäftigt. Deshalb achtete er auch nicht auf die Bewegung am Tor.
    Jemand kam von außen darauf zu. Die Grabsteine hatte er schon passiert. Er stand vor dem Tor, ohne darüber hinwegsehen zu können, weil er einfach zu klein war.
    Aber er konnte es aufstoßen.
    Das tat der Junge auch.
    Elohim blieb stehen. Er lauschte dem schrillen Quietschen der Angeln, und dieses Geräusch drang auch an Rabanews Ohren.
    Er hielt in der Bewegung inne.
    Dann drehte er sich dem Tor entgegen.
    Dort stand Elohim.
    Und die Kreatur der Finsternis wußte nun, daß es zwischen ihnen beiden zum letzten Kampf kommen würde und es nur einen Sieger geben konnte…
    ENDE des ersten Teils
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