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0817 - Luzifers Tränenbecher

0817 - Luzifers Tränenbecher

Titel: 0817 - Luzifers Tränenbecher
Autoren: Jason Dark
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»Hören Sie, Kommissar, wir können die Bude stürmen und alle hochnehmen, die sich in den Räumen befinden.«
    Der angesprochene Kommissar Harry Stahl schüttelte den Kopf.
    »Nein, Müller, das machen Sie nicht. Wir gehen genau nach Plan vor. Ich will nicht unnötig riskieren, dass jemand verletzt wird.«
    »Verstehe, Kommissar. Es bleibt dann so, wie wir es besprochen haben.«
    »Genau.«
    Müller zog sich zurück. Harry wartete, bis die Tür hinter ihm zugefallen war, dann trat er ans Fenster und schaute in den Hinterhof, der von leerstehenden, alten Wohnhäusern umgeben war. Sie sollten in den nächsten Monaten abgerissen werden. Die Bewohner hatten neue Unterkünfte erhalten.
    Der leere Hof lag für die Bande, die er jagte, ideal. Ideal für sie war auch der große Anbau, der noch zuzeiten der DDR hochgezogen worden war und ziemlich mies aussah. Doch für bestimmte Zwecke eignete er sich hervorragend.
    Zum Beispiel als Versteck für Diebesgut. Kommissar Harry Stahl und seine Kollegen waren hinter einer Antiquitäten-Mafia her, die sich vor allen Dingen in den neuen Ländern etabliert hatte und dank guter Verbindungen auch alte Möbelstücke aus dem Osten heranschaffte.
    Bei dieser Bande lief nichts auf dem normalen Weg. Die wertvollen Stücke wurden irgendwo geraubt. Die Männer arbeiteten mit Drohungen, auch mit Gewalt, und angeblich sollten drei Morde auf ihr Konto gehen.
    Stahl und eine Sonderkommission hatten monatelang ermittelt, bis sie das Hauptquartier der Bande in einem Hinterhof mitten in Leipzig entdeckt hatten.
    Von Harrys Leuten waren einige der leerstehenden Wohnungen besetzt worden. Hinter den beinahe blinden Fenstern versteckt, behielten die Männer den flachen Anbau im Auge, der als Lager diente.
    Allmählich kamen Harry Zweifel, ob er alles richtig eingeleitet hatte. Die Ruhe passte ihm überhaupt nicht. Es parkte nicht ein Lieferfahrzeug auf dem Hof. Alles war leer und tot. Menschen hatten sich nicht eingefunden. Jedenfalls war von ihnen nichts zu hören.
    Der Kommissar überlegte. Er stand so am Fenster, dass er zwar hinausschauen, aber selbst nicht gesehen werden konnte. Den Anbau hatte eine breite Tür. Die Fenster des Gebäudes waren klein.
    Er hatte auf diesen Einsatz hingefiebert, nun aber wuchsen seine Zweifel. Es gefiel ihm gar nichts mehr. Dazu kam auch die drückende Schwüle, die schon seit zwei Tagen wie eine Decke aus Blei über Leipzig lag und die Bewegungen von Mensch und Tier regelrecht einschläferte. Erst der lange Regen, nun die Schwüle. Stahl wünschte sich, in Urlaub gehen zu können, aber es gab einfach zu viel zu tun, und er arbeitete nicht nur an diesem einen Fall.
    Müller meldete sich über Funk. »Sieht nicht gut aus, Kommissar.«
    »Wie meinen Sie?«
    »Die Vögel sind wohl ausgeflogen.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ganz einfach, Kommissar. Wir beobachten die kleinen Fenster mit unseren Gläsern und haben nicht eine Bewegung hinter ihnen entdecken können. Wenn sich ein Mensch in diesem Anbau aufhält, dann hätten wir ihn entdecken müssen.«
    Stahl sagte nichts, aber auch er fürchtete, dass die Bande Lunte gerochen hatte.
    »Sollen wir noch warten, Kommissar?«
    »Sicher.«
    »Und dann stürmen?«
    »Nein!«
    Nach dieser Antwort hörte der Kommissar Müller überrascht atmen. »Aber warum wollen Sie denn nicht…?«
    Er ließ Müller nicht ausreden. »Ich werde den Anbau allein betreten.«
    »Allein?«
    »So ist es!«
    Müller wollte protestieren, was Harry deutlich merkte, aber er ließ es nicht dazu kommen. »Ich habe hier das Kommando.«
    »Natürlich, Kommissar. Aber wir dürfen Ihnen doch den Rücken freihalten, nehme ich an.«
    »Das können Sie!«
    »Wann werden Sie gehen?«
    Harry Stahl schaute auf die Uhr. »In genau fünf Minuten setze ich mich in Bewegung.«
    »Gut, Kommissar, keine Einwände.«
    »Ich melde mich, wenn ich im Anbau bin.«
    »Wir warten!«
    Der Kommissar steckte das flache Gerät wieder in die Tasche zurück und atmete tief durch. Trotz der Ruhe war ihm nicht wohl. Er schwitzte. Mit dem Taschentuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn, die Feuchtigkeit blieb trotzdem. Er hätte sein Jackett am liebsten ausgezogen und es in die Ecke geworfen. Es ging nicht. Er musste es tragen, um seine Waffe zu verdecken.
    Die fünf Minuten waren fast um, Stahl warf noch einen letzten Blick in den Hof, in dem sich nichts tat, dann drehte er sich um und ging zur Tür. Er durchschritt dabei einen verhältnismäßig großen Raum. Die Türen
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