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001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...

001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...

Titel: 001 - Wenn sie aus den Gräbern steigen...
Autoren: A.F.Morland
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»Mistwetter!« brummte Clifton Capra.
    Er klebte mit dem Gesicht fast an der Windschutzscheibe. Es war kalt, und die Heizung des Wagens funktionierte nicht. Seit Wochen wollte er sie schon reparieren lassen, aber er brauchte das Fahrzeug täglich und fand keine Zeit, eine Werkstatt aufzusuchen.
    Jetzt, kurz vor Weihnachten, mußten die Geschenke an die Kunden ausgeteilt werden.
    Capra arbeitete für eine große Mineralölfirma, die es eigentlich nicht nötig gehabt hätte, sich mit Geschenken beliebt zu machen.
    Ihr Produkt war gut. Der Preis nicht überhöht. Es war eine sogenannte »Muß-Ware«, die Capra verkaufte. Ohne sie kam man nicht aus.
    Da es aber seit jeher üblich war, die Kunden zu Weihnachten zu beschenken, und da es die Konkurrenzfirmen auch taten, behielt man diese Gewohnheit bei, obgleich man sich von Jahr zu Jahr mehr den Kopf darüber zerbrach, was man nun schon wieder schenken sollte.
    Die Frontscheibe sah beinahe wie Milchglas aus. Jeder Atemzug des Fahrers blieb daran haften. Er wischte ab und zu mit der Hand darüber, aber die Sicht wurde dadurch nur unwesentlich besser, denn über der Straße hingen frühe Dezembernebel.
    Die Fahrbahn war feucht. Laub lag darauf, und es bestand erhöhte Schleudergefahr.
    Die Ortschaft Sevenoaks lag hinter ihm. Nur noch ungefähr fünfundzwanzig Kilometer bis zur Stadtgrenze von London. Ein Katzensprung. Clifton Capra war froh, daß die Fahrt bald zu Ende war.
    Er haßte das Autofahren, seit es zu einem Teil seines Berufes geworden war. Früher, als junger Mann, hatte er davon nicht genug bekommen können, und je kurvenreicher eine Strecke gewesen war, desto mehr hatte es ihn gefreut. Heute zog er gerade Strecken vor. Die Autobahn war ihm am liebsten, denn da brauchte man nicht so höllisch aufpassen. Der Mensch ändert sich eben und wird bequemer.
    Doch diesmal hatte er auf die Autobahn verzichten müssen, denn sie führte nicht zu den Kaffs, in denen er seine Vorweihnachtsbesuche abgehalten hatte.
    Die Straße schlängelte sich durch einen dichten Mischwald.
    Ein Warnschild wies darauf hin, daß gleich eine Haarnadelkurve kommen würde. Ein unangenehmes Gefühl kroch Clifton Capra über die Wirbelsäule. Er hatte etwas gegen diesen Wald.
    Und das aus gutem Grund.
    Man sagte, in ihm würde es neuerdings spuken. Als echter Engländer glaubte Capra das, ohne zu zweifeln. Er vertrat die Auffassung, daß es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gab, als es sich seine Schulweisheit träumen ließ. Geister, Monster, Dämonen.
    Capra glaubte an ihre Existenz, und er hoffte, ihnen niemals in die Hände zu fallen.
    Die Haarnadelkurve.
    Clifton Capra nahm Gas weg. Er tippte zweimal auf die Bremse, natürlich mit Gefühl, denn sonst hätte sich der Wagen in einen Schlitten verwandelt und wäre geradeaus weitergerutscht.
    Capra drehte kräftig am Lenkrad.
    Die Scheinwerfer rissen eine weiße, unwirkliche Welt aus der Dunkelheit. Nebelschwaden ragten wie unheimliche Horrorgestalten auf. Mit ein wenig Phantasie konnte man in ihnen graue Kuttenträger erkennen, die auf der Fahrbahn tanzten.
    Ein neuerlicher Schauer durchrieselte Capra.
    Er dachte an die Geschichte, die man ihm erzählt hatte.
    Von einem Knochengesicht war die Rede gewesen. Wem es erschien, dessen letzte Stunde hatte geschlagen. Und dieses Knochengesicht sollte schon einigen Menschen hier in dieser Gegend erschienen sein.
    Capra schluckte trocken. Hoffentlich bleibe ich davon verschont, dachte er.
    Er war ein braver, redlicher Mann, blond, vollschlank, groß. Sein Haar lichtete sich schon stark, die Kopfhaut schimmerte bereits durch, und seine Freunde meinten scherzhaft, er würde immer noch wachsen.
    Er hatte keine Familie, lebte in einer kleinen Dachgeschoßwohnung, und seine ständige Freundin kümmerte sich zweimal in der Woche auch um seinen Haushalt. Während der restlichen fünf Tage mußte er selbst zusehen, daß er zurechtkam.
    Ganz langsam rollte das Fahrzeug durch die Kurve.
    Clifton Capra warf einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett.
    »Gleich acht«, murmelte er. »Andere Leute sitzen längst beim Fernsehen, und du bist immer noch unterwegs. Im Grunde genommen bist du ein dämlicher Hund. Wofür strampelst du dich so ab? Du hast keine Kinder, keine Frau, für die du sorgen mußt, und dennoch läßt du dich in diese idiotische Tretmühle einspannen. Warum machst du das?«
    Er dachte an die Aussteiger, von denen man jetzt immer wieder hörte und die er bewunderte. Es gehörte ein gewisser Mut
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