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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen
Autoren: John E. Muller
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leiseste Windhauch blies. Die Zweige der Bäume schwankten, eine Fledermaus strich über ihre Köpfe.
    Fenner lief, so schnell er konnte, und zog den Freund am Arm hinter sich her. Sie stolperten und wären gefallen, hätten sie sich nicht aneinander festgehalten.
    Die beiden Männer keuchten und schwitzten vor Anstrengung. Fenner knirschte mit den Zähnen. Der Gedanke, Angela als brabbelnde Irre wie einst Mrs. Pendrake vorzufinden, machte ihn fast wahnsinnig.
    Sie gelangten an eine Biegung der alten Straße. Vor ihnen lag nun eine baumlose, öde Strecke, die dann weiter oben in das Plateau mündete, auf dem das Schloß stand. Die Türme des Gebäudes waren von ihrem augenblicklichen Standort aus bereits zu sehen.
    Der Gedanke daran, was dort oben im Augenblick geschehen mochte, besonders in jenem besonderen Kabinett mit den kabbalistischen Zeichen auf dem Boden, trieb ihn zur Eile. Er schritt vorwärts. Paul Chambers blieb stehen, hielt den Kopf schräg und starrte geradeaus in die Dunkelheit.
    „Kommen Sie, Paul“, rief Fenner. „Worauf warten Sie? Jede Sekunde ist jetzt kostbar.“
    „Still! Da war doch eben etwas. Ich schwöre, daß ich etwas gesehen habe.“
    „Wo?“ Fenner lief zu Chambers zurück.
    „Genau vor uns – ungefähr dreißig Meter vor uns. Eine Sekunde lang trat es in das Mondlicht heraus. Ich bin ganz sicher, daß ich mich nicht irrte.“
    „Konnten Sie erkennen, was es war?“
    „Nicht genau. Es hat mich nur an damals erinnert, als man Kennaway fortschleppte.“
    „O Gott!“
    Sie eilten nun weiter. Keine zwanzig Meter später sahen sie es wieder durch das Mondlicht eilen. Eine geduckte, derbe Gestalt, die das leblose Mädchen in den Armen trug.
    Sekunden später wurden sie von einem heulenden Sturm, der vom Gipfel des Hügels herunterorgelte, fast umgeworfen. Staub flog ihnen in die Augen und blendete sie. Die Sturmböen rissen an ihren Kleidern und peitschten ihre müden, schmerzenden Körper, drängten sie den Hügel hinunter dem Abgrund zu.
    Grimmig kämpfte Fenner sich vorwärts. Sein Griff um Chambers’ Arm wurde automatisch fester. Langsam, Zentimeter für Zentimeter, Schritt für Schritt, stolperten sie weiter, mit tief gesenkten Köpfen.
    Als Fenner es wagte, für einen kurzen Augenblick den Kopf zu heben, um in die Dunkelheit zu starren, sah er nichts. Eine weitere Manifestation des Bösen also, das sie unablässig verfolgte.
    Nur der Gedanke an Angela de Ruys trieb ihn weiter. Er hätte sonst weiß Gott was dafür gegeben, wenn er sich nun im Windschatten eines Felsens ausruhen hätte können. Er hatte das merkwürdige Gefühl, daß in diesem Augenblick auch der Wind aufhören würde, so schnell wie er begonnen hatte.
    Er versuchte, ein Gebet zu sprechen, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Seine Lippen bewegten sich krampfhaft, doch kein Laut kam über sie. Der Sturm schien anzuschwellen, je näher sie dem Schloß kamen.
    Nach einer endlos erscheinenden Zeitspanne erreichten sie endlich das Ende der Straße, die hier in ein riesiges, eisernes Tor mündete, flankiert von zwei steinernen Säulen, auf denen je ein geflügelter Dämon thronte. Fenner atmete heftig. Der Sturm schien sich ein wenig gelegt zu haben. Chambers war in einer weit schlechteren Verfassung als er selber, und er machte sich deshalb Sorgen, weil er daran dachte, daß Paul Chambers bei einer Gegenüberstellung mit dem Feind alle seine Kräfte brauchen würde. Trotz der körperlichen Erschöpfung fühlte sich Fenner geistig völlig klar. Jetzt dachte er nicht mehr, der Revolver könnte ihm gegen die Ausgeburten der tiefsten Hölle von Nutzen sein.
    Das Haus ragte drohend vor ihnen auf, dunkel und gefährlich. Um das Gebäude schien sich der Hauch des Bösen noch verdichtet zu haben. Immer und immer wieder hämmerte in Fenners Gehirn der Gedanke: Diese Kreaturen haben die schreckliche Macht des leibhaftigen Satans entfesselt und sind nun der Feind der gesamten Menschheit!
    „Sie müssen jetzt alle drinnen sein“, sagte er laut, um den heulenden Wind zu übertönen.
    Chambers nickte. Er traf keinerlei Anstalten, weiterzugehen. Er schien sogar Angst davor zu haben, auch nur einen Schritt weiter zu tun. Fenners Mut sank. Zum erstenmal sah er den Freund so zaghaft. Wenn Chambers solche Angst hatte, war alles verloren.
    „Wir müssen hinein“, rief Fenner eindringlich und nahm Chambers’ Arm. „Angela ist dort drinnen. Wir müssen ihr helfen.“
    „Ich fürchte, wir können nur sehr wenig für sie
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