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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen
Autoren: John E. Muller
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üblen Geschmack im Mund und schluckte.
    Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt, nur ein schwaches Glühen war noch unter der Asche. Die Kerzen waren erloschen. Angstvoll warf er einen Blick auf die Armbanduhr. Es war fast halb Vier. Etwas mußte geschehen sein, das fühlte er sofort. Vorsichtig drehte er den Kopf, darauf bedacht, seine Füße nicht über die Kreidelinie zu schieben, obwohl er die unbestimmte Empfindung hatte, daß schon geschehen war, was erst geschehen sollte, und daß der schützende Kreis zu nichts mehr nütze war.
    Paul Chambers lag da, den Kopf auf den Arm gebettet, mit geschlossenen Augen. Seine Atemzüge waren gleichmäßig und ruhig. Doch von Angela de Ruys war nichts zu sehen.
    Langsam sickerte die Erkenntnis in sein Bewußtsein. Fluchend begann er, den Freund zu schütteln.
    Paul sah ihn zuerst verständnislos an, dann setzte er sich kerzengerade auf und starrte Fenner an.
    „Angela! Sie ist fort“, rief Fenner. „Wir müssen die halbe Nacht verschlafen haben. Ich weiß noch, daß ich euch beide gerufen habe, aber keiner von euch gab mir Antwort. Dann muß auch ich eingeschlafen sein. Als ich vor wenigen Minuten aufwachte, war sie verschwunden. Die Kerzen sind auch erloschen.“
    „Das habe ich befürchtet.“ Chambers stand auf. „Zuerst haben sie uns in Sicherheit zu wiegen versucht und dann das Mädchen aus dem Kreis gelockt. Das kann für sie nicht schwer gewesen sein. Wenn sie uns so einfach einschläfern konnten, war es für sie nur mehr ein Kinderspiel, das Mädchen aus dem Kreis zu holen.“
    „Aber wo ist sie jetzt? Was, zum Teufel, haben sie mit ihr gemacht?“
    „Ruhig, John. Ich weiß, wie Sie sich jetzt fühlen. Wir dürfen aber nichts Unüberlegtes tun. Es besteht immer noch die Möglichkeit, daß dies eine Falle ist.“
    „Eine Falle? Aber für wen?“
    „Vielleicht für uns. Sobald wir aus dem Kreis treten, könnten sie uns angreifen, und ich glaube nicht, daß meine Macht dazu ausreichen würde, uns dann zu retten.“
    „Warum sollten sie aber? Um Gottes willen, Paul, sie haben Angela. Mehr wollten sie nicht. Sie können mit ihr jetzt tun, was sie vorhatten, und wenn wir uns nicht beeilen, können wir sie nicht daran hindern. Wir könnten auch jetzt schon zu spät kommen.“
    Ohne auf Chambers warnende Geste zu achten, trat Fenner über den Kreidestrich ins Zimmer. Nichts geschah. Die beiden Männer standen eine Weile abwartend da und starrten auf die Kreidelinie, die so jämmerlich versagt hatte.
    „Es gibt wohl keine Zweifel darüber, daß sie das Mädchen zum Schloß hinauf gebracht haben“, rief Fenner. Er zog den Revolver aus seiner Tasche, überprüfte ihn routinemäßig und steckte ihn dann wieder ein. „Ich gehe hinauf. Es ist mir völlig egal, ob Sie mitkommen oder nicht, Paul.“
    „Selbstverständlich komme ich mit“, sagte Chambers. „Ich bezweifle nur, daß der Revolver irgendwelchen Schutz bietet.“
    „Ich fahre los“, sagte Fenner ungeduldig und verließ das Haus. Draußen war eine klare, frostige Nacht.
    Chambers schüttelte den Kopf. „Mit dem Auto werden wir nicht die geringste Chance haben. Glauben Sie mir, zu Fuß werden wir viel eher oben sein können.“
    „Gut, wenn Sie meinen.“
    Zusammen machten sie sich auf den Weg, zwischen den in tiefem Schlaf liegenden Häuserzeilen hindurch an den Rand des Dorfes. Der Mond stand nun tief im Westen und warf ein fahles, gelbliches Licht auf die Landschaft. Der schwere Revolver in seiner Tasche gab Fenner ein beruhigendes Gefühl.
    Zuerst kamen sie gut voran, doch bald machte sich die Überanstrengung bei beiden Männern bemerkbar. Fenner, der jüngere und kräftigere, zwang seine Muskeln, seinem Willen zu gehorchen, doch der andere ermüdete zusehends. Die Gegend wurde immer unwegsamer, Wurzeln und Gestrüpp schienen sich ihnen in den Weg zu stellen und ihnen bei jedem Schritt Fußangeln zu stellen.
    Fenner vermeinte, alle möglichen grausigen, unheimlichen Gestalten aus den Schatten glotzen zu sehen, bereit, sich auf die beiden Männer zu stürzen. Sogar die Wolken, die ab und zu über das gelbe Gesicht des Mondes zogen, zeigten seltsame Farben und Formen.
    Sie langten bei der Stelle an, wo die alte Straße im Unterholz verschwand, bis zum Schloß war es noch mehr als fünfhundert Meter. Fenner hatte das merkwürdige Gefühl, daß sie vom Schloß aus beobachtet wurden.
    Über allen Dingen schien ein seltsamer Hauch von Rastlosigkeit zu liegen. Alles war in Bewegung, obwohl nicht der
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