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074 - Die mordenden Leichen

074 - Die mordenden Leichen

Titel: 074 - Die mordenden Leichen
Autoren: John E. Muller
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sich dessen bewußt wurde, war er auf den Beinen. Er hörte kaum den warnenden Ruf des Freundes.
    „Um Gottes willen, John, bleiben Sie wo Sie sind. Das ist doch nur ein Trick, um Sie aus dem Kreis zu locken.“ Chambers’ Stimme war so eindringlich, daß sie noch im letzten Augenblick in Fenners Bewußtsein vordrang. Er sank zurück, und der Ausdruck der wilden Enttäuschung auf dem Gesicht, das ihn aus der Ecke anglotzte, brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück.
    Wenig später verschwand das Ding. Die Lichter wurden wieder heller, und das Feuer im Kamin loderte hell auf. Die Wärme breitete sich im Zimmer aus und schuf Behaglichkeit.
    „Sie haben eingesehen, daß es nicht leicht sein wird, uns zu besiegen“, sagte Chambers. „Doch ist die Angelegenheit noch nicht vorbei. Sie werden wiederkommen.“
    Fenner setzte sich ein wenig bequemer zurecht. Er hatte absichtlich eine harte Stelle auf dem Boden gewählt, um sich dadurch wach zu halten. Trotzdem war er noch nie in seinem Leben so wach gewesen wie jetzt. Morgen blieb noch genug Zeit zum Schlafen.
    Außer dem Geräusch ihres Atems und dem leisen Ticken der alten Standuhr draußen im Vorraum war es völlig still im Haus. Sogar der Wind hatte sich gelegt. Der Mond war hinter dem Vorhang verschwunden. Es mußte bald Mitternacht sein. Sie konnten nichts anderes tun als sitzen und warten.
    Fenner unterdrückte ein Gähnen. Es wurde ungemütlich heiß im Zimmer. Er bewegte vorsichtig die Beine, um nur ja nicht über den Rand des Kreises hinaus zu ragen. Die Flammen der langen, schlanken Kerzen brannten ruhig und hell.
    Fenner lächelte leise vor sich hin. Nun war er bald ebenso gewandt wie Chambers, die Anwesenheit von bösen Geistern zu spüren. Wenn ihm das jemand vor ein paar Monaten gesagt hätte, wäre er sicher in Gelächter ausgebrochen über das närrische Geschwätz.
    Seine rechte Hand fuhr in die Jackentasche. Der schwere Revolver war immer noch da. Er wußte, daß die Waffe geladen war. Er würde auch nicht zögern, von ihr Gebrauch zu machen, falls irgend etwas durch die Tür oder das Fenster kommen sollte. Belustigt fragte er sich, wie er es wohl anstellen mochte, einen Geist zu töten, der ohnehin schon seit dreihundert Jahren tot war. Sicherlich nicht mit einer Pistole und Kugeln. Vielleicht mit Silberkugeln … nein, damit erledigte man Werwölfe.
    „Glauben Sie, Paul, daß wir sie in die Flucht geschlagen haben?“ fragte er dann, die unirdische Stille im Zimmer durchbrechend.
    Es kam keine Antwort. Er wiederholte die Frage, zuckte dann mit den Schultern und machte es sich wieder bequem. Offenbar war der Freund eingeschlafen. Ohne sich zu bewegen, rief er den Namen des Mädchens. Auch von dort kam keine Antwort. Alles war sehr, sehr still.
    Auch gut, dachte er. Es wird wohl nicht viel zu befürchten sein, wenn die beiden so ruhig schlafen. Werde mir’s so bequem wie möglich machen, wenn ich schon den Rest der Nacht auf dem harten Boden zubringen muß.
    Er sah auf die Uhr. Kurz nach Zehn. Er würde Paul bis Elf schlafen lassen und dann zur Wachablösung wecken. Angela zu wecken hatte keinen Sinn, das arme Kind brauchte Schlaf.
    Er saß nun still da und wartete. Er freute sich auf den Morgen, wenn er wieder die Beine ausstrecken konnte. Seine Muskeln waren verkrampft und schmerzten. Seine Lider sanken herab – er riß sie hoch, sie sanken herab – er riß sie hoch – sein Kopf sank ihm auf die Brust.
    Mit äußerster Anstrengung riß er sich zusammen. Kein Laut von den beiden anderen. Das Feuer wärmte seinen Rücken und seine Wange. Es war so ruhig, daß jeder Gedanke, böse Geister könnten in der Nähe sein, völlig absurd schien. Die Minuten schlichen langsam dahin. Der große Zeiger seiner Armbanduhr schien sich kaum zu bewegen.
    Er atmete in tiefen Zügen. Seine Augen schlossen sich, sein Kopf sank vornüber. Hinter ihm loderte das Feuer kurz auf und ermattete dann. Die Schatten dehnten sich aus den Ecken des Zimmers heraus. Etwas kratzte beharrlich an der Tür und wollte herein. Am Fenster erschien eine abscheuliche Gestalt.
    Doch Fenner schlief tief und fest, und nichts hätte ihn wecken können oder in sein Bewußtsein dringen.
     

     

Mit einem Schlag erwachte Fenner. Seine Glieder waren steif und kalt. Er streckte Arme und Beine und sah sich um. Im Dämmerlicht sah er den Schreibtisch, der an die Wand gerückt war, und den Teppich, der zusammengerollt lag. Er hatte geschlafen, trotz Chambers’ Warnung. Er spürte einen
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