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0635 - Der achtarmige Tod

0635 - Der achtarmige Tod

Titel: 0635 - Der achtarmige Tod
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht mehr am Leben, wenn Don Cristofero ihn nicht unter seine Obhut genommen hätte. Menschen wie der Gnom wurden ihrer körperlichen Mißbildung wegen verspottet und ausgestoßen. Der Gnom hatte sich mit Magie befaßt und sich dadurch trotz aller Widrigkeiten einigermaßen durchs junge Leben schlagen können. Aber es fehlte nicht viel, und die Inquisition, die immer noch eine gewisse Macht besaß, hätte sich mit ihm befaßt. Dann wäre er als Hexer verbrannt worden. Auch im 17. Jahrhundert loderten die Scheiterhaufen vielerorts noch hell.
    Robert deDigue wußte, was es hieß, ein Ausgestoßener zu sein. Er war das Kind einer Zigeunerin - und des Teufels !
    Er hatte sich damals alles, was er erreicht hatte, schwer erkämpfen müssen. Er kam von ganz unten, und er wollte nach ganz oben. Er hatte seine Herkunft verleugnen müssen, um überhaupt mit jemandem reden zu können. Er hatte Rückschläge erlitten.
    Aber er war wieder da.
    Mittlerweile hatte er einige Tode erlebt, und es gab ihn immer noch. Das war das einzige, was er nicht seiner eigenen Durchsetzungskraft zu verdanken hatte; den Weg nach Avalon hatte man ihm mit in die Wiege gelegt.
    Und selbst die Unsterblichkeit gab es nicht umsonst…
    Nichts auf der Welt gab es umsonst. Für alles zahlte man einen Preis.
    Aber man konnte versuchen, das Beste daraus zu machen.
    Derzeit war deDigue wieder einmal dabei, genau daran zu arbeiten. Er erkundete diesen Teil der neuen Welt, um herauszufinden, ob man mit den Einwohnern Handel treiben konnte.
    Er besaß eine Vollmacht des vierzehnten Ludwigs. Daraus ging hervor, daß jeder Diener des Staates, vom Beamten bis zum Soldaten, von Robert deDigue angewiesen werden konnte, ihn zu unterstützen, unabhängig von Dienstrang oder Funktion. Es hatte den einstigen Zigeunerjungen eine Menge Überzeugungsarbeit, eine Menge Argumente, eine Menge Dienstleistungen und vor allem eine Menge guten alten Weines und hübscher junger Frauen gekostet, den Sonnenkönig zur Unterschrift dieses Dokuments zu bringen und vor allem, auch noch das königliche Siegel darauf zu pressen, was noch wichtiger war.
    Majestäts Gemahlin ahnte sicher von den Vergnüglichkeiten, die deDigue dem König hatte zukommen lassen. Aber die gute Maria Theresia hatte selbstverständlich auch ihre kleinen erotischen Geheimnisse, von denen jeder bei Hofe durchaus informiert war…
    Die Vollmacht hatte deDigue auf der Insel Española benutzt, um mit einem Kommando Soldaten eine Rotte Ghouls niederzumachen. Und - natürlich - war auch Don Cristofero in die Sache verwickelt gewesen.
    Der Mann war wie ein Fluch. Was auch immer deDigue in den letzten Jahren anfaßte - irgendwie geriet er dabei immer mit dem großmäuligen Spanier zusammen. Andererseits ging es ihm mittlerweile auch schon darum, aufzupassen, was der fette Parasit unternahm, um größeren Schaden rechtzeitig zu verhindern. Denn gerade durch seine Angeberei mochte er für Mißverständnisse sorgen, die später zu Konflikten führen konnten.
    So verband deDigue jetzt eigenes Interesse mit Staatsräson.
    Für sich selbst wollte er erforschen, mit welchen Eingeborenen man am ehesten Handel treiben konnte und welche Waren sich dafür eigneten.
    Für Seine Majestät natürlich auch so ganz nebenbei… und eben ein wachsames Auge auf diesen Montego halten, der mit einer kleinen Expedition die Kolonie verlassen hatte.
    DeDigue war hier im Vorteil. Als einzelner Jäger, der im Laufe vieler Jahrzehnte und mehrerer Leben gelernt hatte, Entbehrungen zu ertragen und sich auf jeden Fall immer durchzuschlagen, war er besser an seine Umgebung angepaßt als Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego, der ständig von vorn und hinten bedient werden wollte und die grobe Arbeit den anderen überließ. Nicht auszudenken, er müsse einmal selbst Holz fürs Lagerfeuer sammeln oder einen Hirsch aus der Decke schlagen, ausweiten und in handliche Portionen zerteilen.
    Daß Montego jetzt in Gefangenschaft der Natchez geraten war, erfüllte deDigue mit gemischten Gefühlen. Einerseits gönnte er es dem Dicken, einmal ganz unten im Dreck zu sein. Andererseits ahnte er, daß der mit seiner üblichen Prahlerei sogar die Wilden würde beeindrucken können.
    Darüber hinaus war deDigue nicht daran gelegen, daß im widrigsten Fall die Rothäute den Dickwanst umbrachten.
    Der hatte mittlerweile schon so viel Ärger gemacht, daß deDigue diesen Spaß keinem anderen überlassen wollte…
    Aber es drängte ihn auch nicht danach, Don Cristofero
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