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0635 - Der achtarmige Tod

0635 - Der achtarmige Tod

Titel: 0635 - Der achtarmige Tod
Autoren: Werner Kurt Giesa
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tot zu sehen. Da gab's ganz andere Leute, die dieses Schicksal verdienten; mehr oder weniger…
    Das war einer der Gründe, weshalb er das Jagdlager der Natchez aufgesucht hatte. Vielleicht konnte er sogar etwas für den Dicken tun und ihn sich damit zur Dankbarkeit verpflichten.
    Das würde Don Cristofero dermaßen treffen, daß er vermutlich vor Zorn platzen würde.
    Rechtzeitig vorher hatte deDigue die Sprache dieser Indianer erlernt, soweit das an sich möglich war. Sie gehörten zu einer südlichen Gruppe der Natchez, wie die Spanier sie nannten. Der Name kam von einem Begriff aus der Choctaw-Sprache -nakni sakti chata - ›Krieger der hohen Klippe‹. Eigentlich gehörten die Natchez zur Mushkogee-Sprachgruppe, die eigentlich viel weiter nördlich Verwendung fand. Aber irgendwie hatte sie ihren Weg bis hierher gefunden.
    Die Natchez allerdings, mit denen deDigue es hier zu tun hatte, sprachen hoka.
    Nur wenige Menschen wußten über diese Dinge Bescheid; Robert deDigue war einer davon. Für die meisten war ohnehin ein Indianer wie der andere, und sie plapperten unverständliche Worte vor sich hin, erwiesen sich allerdings als erstaunlich gelehrig in diesen Dingen. Schön für die französischen und spanischen Einwanderer…
    DeDigue dagegen hatte sich die Mühe gemacht, die Sprache der Einheimischen zu erlernen. Das hatte er sich schon vor langer Zeit zum Prinzip gemacht. Wer die Sprache eines anderen versteht, kann weniger leicht betrogen werden… Außerdem fiel ihm das Erlernen fremder Sprachen sehr leicht. Vielleicht war es ein Erbe seines Vaters… seines Erzeugers. Immer wieder weigerte er sich innerlich, Asmodis als Vater zu bezeichnen.
    Er zuckte zusammen. Gerade hatte Katana, der Häuptling, etwas gesagt, und der in seinen eigenen Gedanken versunkene deDigue hatte es nicht verstanden. Er neigte höflich den Kopf, breitete die Handflächen aus und bat um Verzeihung für seine Unaufmerksamkeit. »Würdest du daher bitte wiederholen, was du zuletzt gesagt hast, Licht der Sonne?«
    Es war eine Umschreibung des Häuptlingstitels. Seine Informationen über die Kultur der Natchez waren nicht vollständig; er wußte nur, daß sie zu den Pyramidenbauern gezählt wurden. Nur bestanden ihre Pyramiden nicht aus Stein wie im Land der Ägypter, sondern aus angehäufter Erde, auf der Kultbauten errichten wurden. Der Oberhäuptling der Natchez, Anführer aller Stämme, wurde ›Große Sonne‹ genannt. Daher war es für deDigue logisch, diesen Häuptling, der mit seinen Männern ein Jagdlager fern der festen Rundhütten seines Dorfes bezogen hatte, um Fleischvorräte für die kalte Jahreszeit zu beschaffen - die hier immer noch sommerlicher war als der wärmste Sommer in Frankreich -entsprechend anzureden. Und es war offensichtlich, daß Katana diese höfliche Anrede sehr gefiel.
    Ohnehin war der Häuptling von deDigue sehr angetan. Der ›Ledermann‹ trug Kleidung aus Tierhaut und bewies damit, daß er in der Lage war, selbst für sein Fortkommen zu sorgen. Nicht so wie die Reiter mit den eisernen Brustschilden und den Helmen, die einst durch dieses Land gezogen waren, mordend und plündernd, und nicht so wie die Franzosen im Süden, die nichts von den Geistern wissen wollten und statt dessen einen einzigen Gott anbeteten, der gefälligst alles für sie regeln sollte, ohne daß sie ihrerseits etwas dazu taten; aber diesen Gott wollten sie nun auch den Indianern aufdrängen. Gerade so, als hätte der nicht schon genug damit zu tun, auf die Weißen achtzugeben und ihnen bei jeder Kleinigkeit zu helfen - so oft, wie sie ihn anzurufen pflegten. Selbst wenn ihnen mal das Nachtgeschirr aus der Hand fiel…
    Unwillkürlich schmunzelte deDigue, als Katana sich dergestalt über die Weißen an sich äußerte und dabei auch anerkannte, daß der ›Ledermann‹ die Sprache der Natchez erlernt hatte. »Du kommst von weither, und es ist natürlich, daß du nicht so sprichst wie unsere Kinder. Aber du hast sehr viel und sehr gut gelernt, ein Biloxi oder Chitimacha oder Mandan könnte es bestimmt nicht besser. Du willst handeln, Ledermann. Was kannst du uns bieten?«
    DeDigue überlegte. Dann klopfte er auf sein Gewehr, das neben ihm im Gras lag.
    »Feuerwaffen«, sagte er. »Damit könnt ihr das Wild aus größerer Distanz jagen, und ihr könnt euren Feinden großen Schrecken einjagen.«
    »Wir haben keine Feinde«, sagte Katana. »Außer den Männern mit der hellen Haut. Und die haben selbst alle Feuerwaffen. Wie könnten wir sie
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