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0581 - Der Blutstein

0581 - Der Blutstein

Titel: 0581 - Der Blutstein
Autoren: Jason Dark
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Dennis?«
    »Psssst!« Die Antwort bestand nur aus einem Zischen. Er legte den Kopf noch etwas weiter zurück, als würde nur er die Dinge sehen, die sich auf den Stufen abspielten.
    »Gleich«, sagte er, »gleich…«
    »Gina?« fragte ich nur.
    Dennis nickte.
    Kaum war die Bewegung vorbei, als es geschah. Es war wie ein kaltes, böses Flüstern, ein Hauch, eine Nachricht, zudem noch leicht singend gesprochen.
    Die Worte flossen über die Treppe, sie erreichten uns aus dem Obergeschoß und waren zu einer Frage formuliert worden.
    »Seid ihr da…?«
    Scharf drehte sich der Junge zu mir um und gab mir die Antwort.
    »John, das ist sie. Das ist die Hexe. Ich habe sie gehört…«
    »Bleib ruhig…«
    »Seid ihr da?«
    Diesmal war Dennis Höller nicht zu halten. Es folgte die gleiche scharfe Drehbewegung, nur eben in die andere Richtung. »Wir sind da, Gina. Wir sind zu zweit.«
    »Ich weiß…« Eine winzige Pause. Dann wieder die Frage. »Und du bist auch gekommen, Dennis, nicht?«
    »S… sicher.«
    »Dann komm hoch. Komm zu mir, mein Sohn…«
    ***
    Ich hatte plötzlich das Gefühl, als würde in meinem Hirn eine dünne Stahlseite mit einem scharfen Singen zerspringen. Ich fand einfach keine Worte mehr und dachte darüber nach, was die Hexe uns zugerufen hatte.
    Komm zu mir, mein Sohn, hatte sie gesagt…
    Das durfte nicht wahr sein. Dennis ihr Sohn? Unmöglich! Da wollte uns jemand zum Narren halten.
    Oder?
    Plötzlich begann ich nachzudenken. Innerhalb weniger Sekunden wirbelten die Gedanken durch meinen Kopf. Ich dachte an die Erzählungen des Jungen, wie er von seinen schlimmen Träumen berichtet hatte. Das alles häufte sich bei mir. Er hatte genau berichtet, wie man die Hexe verbrannte, um ihr anschließend den Kopf abzuschlagen. Diese Nacherzählung des Traumes war ihm sehr nahe gegangen, und eine große Rolle hatte Mario, Ginas damaliger Sohn, gespielt. Mit ihm hatte Dennis einiges an Gemeinsamkeiten, wie ich inzwischen von ihm wußte.
    Plötzlich hatte ich eine Idee – Reinkarnation! Wiedergeburt! War das die Lösung?
    Gar nicht so absurd, wie es im ersten Moment erscheinen mochte, denn auch ich war wiedergeboren worden. Ich hatte gelebt als Hector de Valois, als Richard Löwenherz und als Salomo.
    Bei ihm also auch.
    »Dennis«, sprach ich ihn an, »was hast du?« Ich machte mir Sorgen, weil ich nichts von ihm hörte.
    Er stand vor der Treppe, den Kopf gebeugt. Jetzt hob er ihn allmählich an. »Haben Sie das gehört, John? Sie hat mich als ihren Sohn gerufen. Als ihren Sohn!« rief er lauter.
    »Ja, das stimmt.«
    »Kann es denn sein, daß…?«
    Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Es ist möglich, Dennis. Alles ist möglich. Magie sorgt dafür und geheimnisvolle Kräfte, deren Wirken wir Menschen bisher kaum erforscht haben.« Mehr konnte ich ihm nicht sagen, er würde es nicht verstehen.
    Meinen Kopf durchschossen derweil andere Gedanken. Wenn er tatsächlich als Mario damals der Sohn der Hexe Gina gewesen war, mußte er auch wissen, wo sich der Blutstein befand. Damit hatte ich in Dennis Höller indirekt einen Führer.
    »Was soll ich denn jetzt machen?« flüsterte Dennis. »Zu meiner…« er schluckte, »Mutter gehen?«
    »Das wäre am besten.«
    Er ballte die Hände zu Fäusten. »Aber ich habe Angst davor, John. Große Angst.«
    »Das ist verständlich. Mir geht es nicht anders, glaub mir.«
    »Kommst du endlich, Kleiner?« In der Stimme klang ein Locken mit und gleichzeitig ein Lauern.
    Dennis wischte über sein Gesicht. »Es ist die gleiche Stimme, die ich im Traum hörte. Gina, die verbrannt wurde, hat auch so gesprochen. Mit der gleichen Stimme. Das ist die aus der Vergangenheit. Jetzt bin ich sicher, John.«
    »Sie ist eine Hexe, Dennis…«
    »Und eine Tote«, unterbrach er mich. Er hatte lauter gesprochen.
    »Eine Tote, die lebt.«
    »Eben.«
    »Darf ich nach einer Erklärung fragen?«
    »Jetzt nicht. Später vielleicht. Es ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt.«
    »Vielleicht haben Sie recht.« Er senkte den Kopf und schaute zu Boden. »Es geschieht nichts ohne Grund, hat mal unser Mathe-Lehrer gesagt. Alles hat seinen Sinn.«
    »Da kann ich ihm nur recht geben.«
    Es kam mir schon ungewöhnlich vor, daß ich hier mit Dennis über diese Dinge sprach, während eine Etage höher eine lebende Tote darauf wartete, daß er kam. Aber Dennis war kein Erwachsener. Er reagierte spontaner, gefühlsmäßiger. Als er sich am Geländer festhalten wollte, packte ich seinen Arm. »Und denk
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